Schweiz und EU nutzen noch Putins Gas
Kein Gas mehr aus Russland? Von wegen!

Woher kommt das Schweizer Gas seit Kriegsbeginn? Daten aus der EU geben Aufschluss.
Publiziert: 04.07.2023 um 18:25 Uhr
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Aktualisiert: 04.07.2023 um 18:28 Uhr
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Ist das Gas erst mal verstromt und im Netz, lässt sich seine Herkunft nicht mehr nachvollziehen.
Foto: Imago
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Fabienne Kinzelmann
Handelszeitung

Ohne Gas geht es nicht in der Schweiz. Weil die Schweiz im Winter Strom importieren muss, der teilweise aus Gaskraftwerken stammt, spielt der fossile Brennstoff als Energiequelle eine wichtige Rolle. Im vergangenen Jahr machte Erdgas laut dem Bundesamt für Energie insgesamt 12,8 Prozent des Bruttoenergieverbrauchs in der Schweiz aus und steht damit hinter Erdöl, Kernenergie und Wasserkraft an vierter Stelle.

Allerdings hat das Gas seine besten Jahre hinter sich. Weil der Verbrauch die Erderwärmung verstärkt – und die Taschen von Autokraten wie Wladimir Putin füllt. Noch 2021 stammte das via Deutschland in die Schweiz importierte Gas laut dem Verband der Schweizerischen Gasindustrie (VSG) zu 43 Prozent aus Russland, dahinter folgten als Ursprungsländer Norwegen mit 22 Prozent und verschiedene EU-Länder mit zusammen 19 Prozent.

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist der Anteil russischen Gases massiv gesunken. Einerseits wegen der Drosselung der russischen Gaslieferungen, anderseits wegen der Bemühungen der europäischen Staaten, Gas zu sparen und es aus anderen Regionen zu beschaffen.

Die Schweiz bezieht ihr Gas über die EU

Doch noch immer fliesst Putins Gas in die Schweiz. Wie viel war es seit Kriegsbeginn? Darauf haben auch die grossen Schweizer Gasversorger keine genaue Antwort. Derzeit lasse sich nicht verlässlich sagen, aus welchen Ländern das in der Schweiz verwendete Gas genau stammt, schreibt der VSG auf seiner Webseite. Von Erdgas Ostschweiz über IWB und den Gasverbund Mittelland (GVM) bis zu Energie 360° in Zürich: Sie alle verweisen auf Anfrage auf die Europäische Union und die europäischen Gashandelsmärkte, auf denen sie ihr Gas beschaffen. Direkte Lieferbeziehungen mit Russland hat niemand.

Artikel aus der «Handelszeitung»

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Die Daten zu den Gasversorgungsquellen der EU zeigen, dass die Importe über die Pipelines im vergangenen Jahr drastisch gesunken sind. Nur noch 19 Prozent des Pipeline-Gases in der EU stammen laut des Verband der europäischen Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (Entso-G) aus Russland. «Da die Schweiz das Gas aus EU-Ländern bezieht, dürften diese Daten auch für die Schweiz Gültigkeit haben», schreibt ein GVM-Sprecher auf Anfrage.

Der Rückgang der russischen Pipeline-Gasimporte bedeutet aber noch lange nicht, dass sich die EU und die Schweiz vom russischen Erdgas losgelöst haben. Der europäische Gashunger wird nur zu einem Teil von anderen Herkunftsländern gestillt, zum anderen Teil aber auch durch Flüssiggas (Liquified Natural Gas, LNG) per Schiff, auch aus Russland. Während die EU und die Schweiz bei Putins Pipeline-Gas sparen, haben sie 2022 rund 20 Prozent mehr russisches Flüssiggas importiert als im Vorjahr. Insgesamt machte LNG im vergangenen Jahr 34 Prozent der Gasversorgungsquellen in der EU aus.

Als einziger Gasversorger in der Schweiz setzt Energie Service Biel/Bienne (ESB) auf Herkunftsnachweise. Seit 2019 garantiert ESB die Herkunft seines Erdgasanteils aus der Nordsee (Norwegen).

Doch auch dieses System hat Tücken. «Wir kaufen zwar von den Produktionsstellen in Norwegen die Herkunftsnachweise, aber ob am Ende genau dieser Strom hier ankommt, ist unklar», erklärt ESB-Sprecher David Chaignat auf Anfrage. Denn «gemessen» wird nur am Ort der Produktion selbst. Das verstromte Gas wird jedoch ins europaweite Netz eingespeist – und dort ist es physisch nicht mehr möglich, den «guten» und den «bösen» Strom voneinander zu trennen: Die Herkunft der Energiequelle verflüchtigt sich.

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