Der hohe Ölpreis hinterlässt Spuren. Das merken wir beim Heizen, aber auch an der Zapfsäule. Am Donnerstag kostete der Liter Benzin in der Schweiz laut TCS 2.38 Franken (Bleifrei 98).
Niemand weiss, wie es mit der Teuerung weitergeht, die jetzt bei 2,9 Prozent liegt. Aber: Für Herbst erwarten viele bei den Krankenkassenprämien einen Preissprung von 5 bis 10 Prozent. Und auch der Strompreis zieht an.
Weniger Mineralölsteuer
Laut Mieterverband soll allein das Heizen mit Öl oder Gas für Familien bis zu 1200 Franken teurer werden. Das ist mit kleinem Budget kaum zu verkraften. Die Parteien versuchen mit unterschiedlichen Vorschlägen den Bürgerinnen und Bürgern finanziell unter die Armee zu greifen.
Ein Vorschlag ist die Halbierung oder zumindest Senkung der Mineralölsteuer um 35 Rappen. Die Steuer beträgt für Benzin nicht ganz 77 Rappen und für Diesel etwa 80 Rappen pro Liter. Mit der Mineralölsteuer nimmt der Bund 4,5 Milliarden Franken jährlich ein. Senkte man die Mineralölsteuer um 35 Rappen, kostete das den Bund über 2 Milliarden Franken, wie aus Antworten des Bundesrats in früheren Jahren hervorgeht.
Arme fahren weniger
Doch was brächte eine solche Steuersenkung auf Benzin und Diesel? Im Jahr 2005 bezweifelte der Bundesrat, dass die Senkung sofort und vollständig an die Verbraucher weitergegeben würde.
Ähnliches zeigt ein Blick nach Deutschland. Dort hat die Einführung der Spritpreisbremse zwar kurzfristig zu einer Verbilligung geführt, doch nach einer Woche war der Preis wieder gleich hoch. Laut Medienberichten ist bloss die Marge der Ölkonzerne gestiegen. Finanzminister Christian Lindner (43) sieht das Kartellamt in der Pflicht, das zu untersuchen.
Reiche geben Gas
Aber selbst wenn die 2 Milliarden Vergünstigung beim Konsumenten ankäme, es profitierten die Falschen. Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik (BFS) haben 22 Prozent der Haushalte gar kein Auto – und das sind oft gerade ärmere Haushalte. Pro Tag werden im Schnitt 37 Kilometer zurückgelegt, zwei Drittel davon per Auto. Die niedrigen Einkommen unter 4000 Franken fahren laut BFS 22,5 Kilometer.
Die höchsten Einkommen mit einem Monatslohn von über 12'000 Franken kommen auf 51,6 Kilometer. Wer mehr verdient, fährt mehr, zeigt die Mikrozensus-Studie Mobilität und Verkehr des BFS. Zudem können sich ärmere kaum so grosse Wagen mit hohem Spritverbrauch wie die Wohlhabenden leisten. Geringverdiener profitierten demnach kaum von einer Spritpreissenkung.
«Check fédéral»
Klar weniger als 2 Milliarden Franken will die SP mit ihrem «Check fédéral»-Modell ausgeben, bei dem 80 Prozent der Bevölkerung von einem Steuerabzug profitieren können. Interne Zahlen zeigen, dass die Sozialdemokraten mit Kosten von 1,64 Milliarden rechnen. Erwachsene sollen je 260 Franken, die Kinder mit 130 Franken die Hälfte bekommen.
Zieht man die BFS-Daten zur Jahresfahrleistung der verschiedenen Vermögensgruppen heran und rechnet man mit einem Benzinverbrauch von 5 Litern pro 100 Kilometer sowie einer Ersparnis von 35 Rappen pro Liter, spart man 1.75 Franken auf 100 Kilometer. Im Folgenden ist die unterschiedliche Wirkung von «Check fédéral» und einer Mineralölsteuersenkung dargestellt:
- Eine Familie mit zwei Kindern und einem Bruttoeinkommen von 4500 Franken, kein Auto:
«Check fédéral» 780 Franken; Ersparnis Mineralölsteuer 0 Franken - Eine Familie mit zwei Kindern, Bruttoeinkommen 8000 Franken, mit 10'000 Autokilometern/Jahr:
«Check fédéral» 780 Franken; Ersparnis Mineralölsteuer 175 Franken - Ein Zweiverdiener-Ehepaar, Bruttoeinkommen von 8000 Franken, mit 10'000 Autokilometern/Jahr:
«Check fédéral» 520 Franken; Ersparnis Mineralölsteuer 175 Franken - Ein Zweiverdiener-Ehepaar, Bruttoeinkommen von 15'000 Franken, mit 25'000 Autokilometern/Jahr:
«Check fédéral» 0 Franken; Ersparnis Mineralölsteuer 437.50 Franken
Nicht Reiche subventionieren
Auch SP-Wirtschaftspolitikerin Samira Marti (28) sagt, die Zahlen des Bundes seien eindeutig: Von einer Senkung der Mineralölsteuer würden die Geringverdiener gar nicht oder nur minim profitieren. «Diejenigen, die am meisten unter den hohen Energie- und Lebensmittelpreisen leiden und die sich den erwarteten Preissprung bei den Krankenkassen schon gar nicht mehr leisten können», hätten das Nachsehen.
Wer gar 50'000 Kilometer im Jahr zurücklegt, was statistisch gesehen eigentlich nur Reiche tun, kriegt 875 Franken. «Gefördert würden mit dem SVP-Vorschlag in erster Linie die Margen der Ölkonzerne und die Reichen, die am meisten und die grössten Autos fahren», findet die Nationalrätin deshalb.
Sie betont: «Vom Check fédéral profitieren hingegen genau diejenigen, die das Geld brauchen, mit oder ohne Auto.» Anders als die SVP wolle ihre SP nicht die Superreichen subventionieren, bei denen die Teuerung sowieso nicht ins Gewicht falle, sondern Normal- und Geringverdiener entlasten.