Curevac-Impfstoff floppt bei Test
Muss die Schweiz die bestellten 5 Millionen Dosen bezahlen?

Das ist bitter für den Hoffnungsträger aus dem deutschen Tübingen: Das Corona-Vakzin von Curevac floppte bei Zwischenanalyse, erreichte nur eine 47-prozentiger Wirksamkeit. Grund sind die mutierten Virenstämme.
Publiziert: 17.06.2021 um 06:54 Uhr
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Aktualisiert: 17.06.2021 um 18:45 Uhr
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Der Tübinger Impfstoff-Hersteller Curevac kann in einer Zwischenanalyse nicht überzeugen, sein Impfstoff-Kandidat floppte.
Foto: keystone-sda.ch

Er galt von Beginn weg als Hoffnungsträger in der Corona-Pandemie: Nun hat der Impfstoff von Curevac einen schweren Rückschlag erlitten. Denn gegen die mutierten Virenstämme erreicht er nicht die geforderte Wirksamkeit.

Das Vakzin der Tübinger Pharmafirma Curevac wies in vorläufigen Auswertungen nur eine relativ geringe Wirksamkeit auf, wie aus einer Mitteilung das Tübinger Unternehmens vom Mittwochabend hervorgeht (hier). Die Zwischenanalyse einer internationalen Studie ergab demnach «eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung jeglichen Schweregrades».

Damit habe das Vakzin nicht die «vorgegebenen statistischen Erfolgskriterien» erfüllt, erklärt Curevac. In den weiteren Analysen könne sich die endgültige Wirksamkeit des Präparats aber noch verändern, betont der Curevac-Chef Franz-Werner Haas (51).

Schweiz hat bereits Vertrag in der Tasche

Der Flop bei der Zwischenanalyse betrifft auch die Schweiz. Hierzulande sind bislang drei Impfstoffe gegen Covid-19 zugelassen. Ein vierter steht mit Curevac in den Startlöchern. Ein Zulassungsgesuch ist bei Swissmedic hängig. Wie reagiert die Heilmittelzulassungstelle nun auf den Befund? Auf Anfrage von Blick heisst es: «Swissmedic prüft Gesuche für Impfstoffe im rollenden Verfahren. Die Dauer der rollenden Begutachtung hängt von der Vollständigkeit der eingereichten Daten und den Resultaten der klinischen Versuche ab.»

Will heissen: Die Zulassungsstelle geht weiter über die Bücher und bewertet nun das Zwischenresultat von Curevac. Weiter heisst es: «Abhängig von Qualität und Einreichungszeitpunkt kann Swissmedic – wie bei den bisherigen Zulassungen - in der rollenden Begutachtung sehr schnell entscheiden.» Swissmedic versichert: «Wir sind aufgrund des Zulassungsantrags von Curevac im Dialog mit Curevac.»

Pikant: Die Schweiz sich bereits 5 Millionen Curevac-Dosen gesichert und diese auch bestellt. Was damit jetzt passiert, liegt in der Verantwortung vom Bundesamt für Gesundheit BAG. Kann die Bestellung storniert werden? Hat sich die Schweiz ein Rücktrittsrecht eingeräumt für solche Fälle? Muss die Schweiz so oder so die Impfdosen von Curevac abnehmen?

«Keine Impfdosen von Curevac in der Armeeapotheke»

Das BAG hält sich bedeckt. «Die Vertragsdetails zwischen den Vertragspartnern sind vertraulich», sagt BAG-Sprecherin Masha Foursova auf Anfrage. Der Bund informiere über Entscheide bezüglich einer allfälligen Weitergabe von Covid-19 Impfstoff an andere Länder. «Die Zulassung für Curevac durch Swissmedic liegt zum heutigen Zeitpunkt nicht vor. Deshalb befinden sich zurzeit keine Impfdosen von Curevac in der Armeeapotheke», so Foursova weiter.

Bekannt ist: Das BAG prüft zurzeit im Auftrag des Bundesrats die Weitergabe einer Teilmenge der bestellten Impfdosen von Astrazeneca an die internationale Impfinitiative COVAX.

Impfung mit Curevac im Juli unwahrscheinlich

Jetzt ist unwahrscheinlich, dass die Impfungen mit diesem Vakzin im Juli anlaufen, wie die «NZZ am Sonntag» Mitte Mai in Aussicht gestellt hat. «Fachleute versprechen sich von Curevac eine Beschleunigung der Impfkampagne», hiess es damals im Bericht weiter. Hierzu sagt Swissmedic: «Der Fahrplan der Zulassung wird nicht von Medienberichten, sondern massgeblich von der Gesuchstellerin bestimmt.» Einen möglichen Termin für die Curevac-Zulassung will Swissmedic gegenüber Blick nicht nennen.

Zurück im Zeitplan, weil zu wenig Probanden

Die Tübinger Pharmafirma liegt ohnehin schon hinter ihrem Zeitplan für die Zulassung des Vakzins zurück. Curevac hatte angestrebt, die Zulassung durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA im zweiten Quartal zu erreichen. Grund der Verzögerungen ist, dass die Firma mehr Zeit als erwartet brauchte, um genügend an Covid-19 erkrankte Probanden für seine finalen Tests zusammenzubekommen.

Für die laufende Impfkampagne in Deutschland ist das Curevac-Präparat laut einem Medienbericht nicht mehr eingeplant. Das habe Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) seinen Amtskollegen der Bundesländer während der vergangenen Ministerkonferenz gesagt, berichtet der «Mannheimer Morgen» vor einer Woche. Demnach sprach Spahn von einer «der grösseren Enttäuschungen».

Curevac-Chef Haas erklärte nun zu der Zwischenanalyse, das Unternehmen habe auf «stärkere Ergebnisse» gehofft. Jedoch habe seine Firma erkannt, dass es bei der «beispiellosen Bandbreite» an Virus-Varianten eine Herausforderung darstelle, eine hohe Wirksamkeit zu erzielen.

Curevac setzt Studie fort

An der sogenannten Phase 2b/3-Studie hatten nach Angaben von Curevac rund 40'000 Probanden in zehn Ländern in Europa und Lateinamerika teilgenommen. Für die Zwischenanalyse wurden demnach 134 Covid-19-Fälle untersucht. Davon seien 124 sequenziert worden, um die Virus-Varianten zu identifizieren, welche die Infektionen ausgelöst hatten. Mindestens 13 verschiedene Varianten seien dabei festgestellt worden. Nur in einem Fall handelte es sich laut Curevac dabei um die ursprüngliche Form des Virus Sars-CoV-2.

«Wir setzen die Studie bis zur finalen Analyse mit mindestens 80 weiteren Fällen fort», kündigt Haas an. Die verfügbaren Daten aus der Studie übermittelte Curevac nach eigenen Angaben bereits an die EMA.

Impfungen können nicht nach Plan durchgeführt werden

Curevac setzt wie das Mainzer Unternehmen Biontech auf einen modernen mRNA-Impfstoff. Das Mittel der Tübinger galt lange als höchst vielversprechend. Noch im April hatte das Unternehmen angegeben, auf eine Zulassung durch die EMA im Mai zu hoffen. Die Bundesregierung plante daraufhin bereits für das zweite Quartal die ersten Impfungen mit dem Curevac-Vakzin ein - ein Plan, der dann hinfällig wurde.

Curevac geht jedoch davon aus, dass sein Präparat im Vergleich mit den längst eingesetzten Corona-Vakzinen deutliche Vorteile hat. So kann das Curevac-Mittel in Kühlschränken mit normalen Temperaturen gelagert werden, während die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna in extrem niedrigen Temperaturen aufbewahrt werden müssen. Auch kann das Curevac-Mittel in niedrigeren Dosierungen angewendet werden als die anderen Impfstoffe. Die EU hat vorab bis zu 405 Millionen Dosen des Curevac-Präparats bestellt. (uro/SDA)

Curevac

Das Pharma-Unternehmen Curevac mit Sitz in den Niederlanden und Leitung in Tübingen entwickelt ebenfalls einen Corona-Impfstoff. Wie bei Moderna und Biontech/Pfizer basiert dieser auf der mRNA-Technologie. Beim Piks von Curevac sind zwei Impfdosen nötig. Seit Mitte Dezember läuft die dritte und entscheidende Phase der klinischen Studien.

Zulassung: Die europäische Arzneimittelbehörde hat das rollende Verfahren zur Zulassung des Curevac-Impfstoffs gestartet. In der Schweiz hat Curevac ein Zulassungs-Begehren gestellt.

Haltbarkeit: Der Vorteil des Impfstoffes von Curevac ist die Haltbarkeit. Sogar bei plus fünf Grad ist der Impfstoff drei Monate lang haltbar. Bei Raumtemperatur bleibt der Impfstoff 24 Stunden lang haltbar.

Wirksamkeit: Bisher gab Curevac noch keine Daten zur Wirksamkeit bekannt. Curevac ist noch in der dritten Phase der klinischen Studien.

Kosten: Wie viel der Impfstoff pro Dose kostet, ist noch nicht bekannt. «Wir können das nicht zum Selbstkostenpreis machen. Wir haben Investoren, also sollte es eine kleine Rendite für sie geben», sagte Curevac-Finanzchef Pierre Kemula zur «Financial Times».

Bestellmenge: Die Schweiz schloss einen Vertrag mit Curevac ab. Wenn Swissmedic den Impfstoff zulässt, erhält die Schweiz 5 Millionen Impfdosen.

Franz-Werner Haas (49) ist seit 2012 CEO von Curevac.
Curevac

Das Pharma-Unternehmen Curevac mit Sitz in den Niederlanden und Leitung in Tübingen entwickelt ebenfalls einen Corona-Impfstoff. Wie bei Moderna und Biontech/Pfizer basiert dieser auf der mRNA-Technologie. Beim Piks von Curevac sind zwei Impfdosen nötig. Seit Mitte Dezember läuft die dritte und entscheidende Phase der klinischen Studien.

Zulassung: Die europäische Arzneimittelbehörde hat das rollende Verfahren zur Zulassung des Curevac-Impfstoffs gestartet. In der Schweiz hat Curevac ein Zulassungs-Begehren gestellt.

Haltbarkeit: Der Vorteil des Impfstoffes von Curevac ist die Haltbarkeit. Sogar bei plus fünf Grad ist der Impfstoff drei Monate lang haltbar. Bei Raumtemperatur bleibt der Impfstoff 24 Stunden lang haltbar.

Wirksamkeit: Bisher gab Curevac noch keine Daten zur Wirksamkeit bekannt. Curevac ist noch in der dritten Phase der klinischen Studien.

Kosten: Wie viel der Impfstoff pro Dose kostet, ist noch nicht bekannt. «Wir können das nicht zum Selbstkostenpreis machen. Wir haben Investoren, also sollte es eine kleine Rendite für sie geben», sagte Curevac-Finanzchef Pierre Kemula zur «Financial Times».

Bestellmenge: Die Schweiz schloss einen Vertrag mit Curevac ab. Wenn Swissmedic den Impfstoff zulässt, erhält die Schweiz 5 Millionen Impfdosen.


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