Schweiz auf Platz vier von 28
Welche Länder von der Wohnungsnot am stärksten betroffen sind

Wohnraum ist knapp, die Probleme für viele Haushalte verschärfen sich europaweit. Eine neue Analyse zeigt, dass Luxemburg, Irland, Norwegen und die Schweiz besonders stark betroffen sind. Unzureichende Bautätigkeit und wachsende Bevölkerungen verschärfen die Situation.
Publiziert: 09.04.2025 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 10.04.2025 um 08:23 Uhr
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Die Wohnungsknappheit hat sich in den letzten Jahren zu einem drängenden Problem entwickelt. Demonstration gegen die Wohnungsnot am Samstag, 5. April 2025 in Zürich.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • Wohnungsknappheit in Europa verschärft sich
  • Luxemburg, Irland, Norwegen und die Schweiz am stärksten betroffen
  • In 27 von 28 untersuchten Ländern stiegen Mieten in den letzten zwei Jahren
  • Schweiz: Baugenehmigungen in letzten fünf Jahren um 27 Prozent zurückgegangen
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Dorothea VollenweiderRedaktorin Wirtschaft

Die Wohnungsknappheit hat sich in den letzten Jahren zu einem drängenden Problem entwickelt – nicht nur in der Schweiz, sondern in vielen Teilen Europas. Welche Länder davon am stärksten betroffen sind, zeigt eine neue Auswertung von Wüest Partner.

Der Immobilienberater hat die Wohnungsmärkte von 28 europäischen Ländern miteinander verglichen und einen Index entwickelt. Auf Platz eins der am stärksten vom knappen Wohnraum betroffenen Länder ist Luxemburg, gefolgt von Irland und Norwegen. Auf Platz vier der Rangliste landet die Schweiz. 

Der Index berücksichtigt insgesamt 14 Schlüsselfaktoren für Wohnungsknappheit – dazu gehören Zahlen zur Mietpreisentwicklung, Neubautätigkeit und Wohnkostenbelastung. «Die Rangliste zeigt, dass vor allem kleine Länder schnell mit einer Wohnungsknappheit konfrontiert sein können», sagt Robert Weinert (45) von Wüest Partner. «Besonders, wenn sie sich wirtschaftlich gut entwickeln!»

Das grosse Platzproblem

In der Schweiz hat sich die Lage in den letzten Jahren demnach aus zwei Gründen zugespitzt: Die Zahl der Baugenehmigungen ging in den letzten fünf Jahren um 27 Prozent zurück. Gleichzeitig sorgt das anhaltend starke Bevölkerungswachstum für Druck auf dem Wohnungsmarkt. Dieses wird vor allem durch neu geschaffene Arbeitsplätze verursacht, weniger durch Geburten.

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In Luxemburg und Irland führten ein starkes Wirtschaftswachstum und eine rasch wachsende Bevölkerung zu einer hohen Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt. Während das Angebot auch in diesen Ländern nicht mithalten kann. Und warum ist Norwegen so weit oben? «Es ist jedenfalls so, dass es in Norwegen unterdurchschnittlich viele Wohnungen pro 1000 Einwohner gibt: Es sind 494 Wohnungen pro 1000 Einwohner, was auch weniger ist als in der Schweiz», sagt Weinert. Ein starker Mietpreisanstieg in den letzten beiden Jahren sowie ein dynamisches Bevölkerungswachstum bei gleichzeitig stark rückläufiger Neubautätigkeit spielten ebenfalls eine grosse Rolle. Unberücksichtigt ist die Verfügbarkeit von Bauland, weil es keine Daten gibt, die länderübergreifend vergleichbar sind.

Grössere Länder wie Grossbritannien etwa hätten in Städten wie London zwar auch Wohnungsnot, aber die ländlichen Gegenden relativieren das Problem auf nationale Ebene wieder, so Weinert. Deutschland und Frankreich liegen auf Platz 11 und 14 des Index. Auch in diesen Ländern gibt es starke regionale Unterschiede. In Grossstädten wie Berlin oder Paris sind die Mieten markant gestiegen. Das führt dazu, dass ein hoher Anteil des Einkommens fürs Wohnen aufgewendet wird. Gleichzeitig stehen in weniger attraktiven Regionen viele Wohnungen leer.

Mieten steigen stark an

Eine Wohnungsknappheit zeigt sich laut Wüest Partner oft durch steigenden Mieten und höheren Preisen für Wohneigentum. Von den 28 analysierten Ländern verzeichneten 27 in den letzten zwei Jahren einen Anstieg der Mieten. In über der Hälfte dieser Staaten kletterten die Mieten innerhalb von zwei Jahren um mehr als 10 Prozent.

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In der Schweiz war der Mietpreisanstieg mit 5,6 Prozent im europäischen Vergleich zwar moderat. Doch er betrifft hierzulande einen grossen Teil der Bevölkerung: Denn 60 Prozent der Haushalte sind Mieterinnen und Mieter. Parallel dazu erschweren die steigenden Preise für Wohneigentum den Erwerb von Immobilien.

Unterschiedliche Lösungsansätze

Um die Situation zu verbessern, setzen europäische Länder auf verschiedene politische Strategien. Diese reichen von Mietpreiskontrollen über Steuererleichterungen für Vermieter bis hin zu Massnahmen zur Förderung des Wohnungsbaus. In der Schweiz liegt der Fokus auf städtischer Verdichtung und der Nutzung von Brachflächen. Auch werden Quoten für erschwinglichen Wohnraum bei Neubauprojekten diskutiert.

Deutschland und die Schweiz bemühen sich zudem, Genehmigungsverfahren zu digitalisieren und zu standardisieren. Das kann Bauprojekte rascher voranbringen. Frankreich und das Vereinigte Königreich investieren derweil in den sozialen oder erschwinglichen Wohnungsbau. 

In die Höhe bauen

Mehr Restriktionen helfen dem Schweizer Wohnungsmarkt nicht, ist Weinert überzeugt. Es brauche eine Lösung, die zu mehr Bautätigkeit führe. «Wo nötig müssen wir stärker in die Höhe bauen, da es in die Breite nicht mehr geht», sagt der Experte. «Nur so kann ein höheres Angebot geschaffen werden.» 

Das Problem: Diese Ansätze schlagen sich erst langfristig nieder. «Der Immobilienmarkt ist träge, das macht es auch so herausfordernd», sagt Weinert. Eine rasche Entspannung ist auf dem Schweizer Wohnungsmarkt deshalb nicht in Sicht. Auch wenn die Bautätigkeit seit 2024 leicht angezogen hat.

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