Schuldenberg von über 150'000 Franken angehäuft
Caritas-Projekt Neustart soll Fiona M. aus der Schuldenspirale helfen

Darlehen ohne Zinsen sind für Überschuldete wie Fiona M. eine Möglichkeit, es aus der Schuldenspirale zu schaffen. Dies ermöglicht betroffenen Personen ein neues Projekt der Caritas zusammen mit der Alternativen Bank Schweiz.
Publiziert: 00:01 Uhr
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Für viele ist der Weg aus der Schuldenspirale fast unmöglich. (Symbolbild)
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Neues Projekt ermöglicht zinsfreie Darlehen für Überschuldete in der Schweiz
  • Entlastung beim Schuldenabbau durch Rückzahlung in Raten ohne Zinsen
  • Projekt startet mit einer Million Franken
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.
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Milena KälinRedaktorin Wirtschaft

Fiona M.* (57) sitzt auf einem Schuldenberg von über 150'000 Franken, nachdem ihre Selbstständigkeit in der Gastronomie gescheitert ist. Da ihr Geschäftspartner untergetaucht ist, haftet sie für die gesamten Schulden der Kollektivgesellschaft. Gleichzeitig hatte sie mit einer Krebsdiagnose zu kämpfen. Doch nun gibt es Hoffnung für Überschuldete dank des Projektes «Neustart»: Die 57-Jährige M. ist hier die erste Person, die ein zinsloses Darlehen erhält.

«Eine Überschuldung ist mehr als ein finanzielles Problem – sie bedroht Existenzen und ganze Familien», sagt Marie Bitumba-Bousfield (43), Geschäftsleiterin des Projekts. Deshalb haben die Alternative Bank Schweiz und die Caritas eine einfache Gesellschaft gegründet, wie Blick erfahren hat. Neben zinsfreien Darlehen unterstützt die Gesellschaft Überschuldete auch bei Prozess- und Anwaltskosten. Die Projektpartner wollen in Kürze die Öffentlichkeit über ihr Vorhaben informieren.

«Die betroffenen Personen können das Darlehen in Raten zurückzahlen, ohne für zusätzliche Zinsen aufkommen zu müssen. Dies entlastet den Schuldenabbau enorm und nimmt Druck aus dem System», sagt Bitumba-Bousfield. Für die Rückzahlung haben Betroffene drei Jahre Zeit. 

Der Privatkonkurs als Ausweg

Eine Überschuldung kann zu Stress, Schlaflosigkeit oder gar sozialer Isolation führen. Der Weg aus der Schuldenspirale ist für viele fast unmöglich, wie das Beispiel von Fiona M. zeigt. Dank eines stabilen Arbeitsverhältnisses konnte sie bereits 120'000 Franken zurückbezahlen. Ihr Lohn wird jedoch bereits seit vielen Jahren gepfändet, was zu einer Neuverschuldung bei den Steuern führt. Mit dem Vorschuss, denn sie durch das Projekt «Neustart» erhält, kann sie nun Privatkonkurs anmelden. 

Ein Privatkonkurs macht Sinn, wenn man die laufenden Kosten decken kann und sich nicht neu verschuldet. Bestehende Schulden werden ab dem Eröffnungsdatum hinfällig. Diese verfallen jedoch nicht einfach. Die Gläubiger erhalten bei Abschluss des Konkursverfahrens für die offenen Forderungen einen Verlustschein, der nach 20 Jahren verfällt. So lange hat die 57-Jährige dann Ruhe vor den Gläubigern, sofern sie sich nicht neu verschuldet.

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Pro Fall gibt es 30'000 Franken

Überschuldete Personen dürfen die zinslosen Darlehen aber nicht einfach selber beantragen. Gesuche dürfen nur Fachpersonen der Schuldenberatung stellen, die Mitglied des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz sein. So wird sichergestellt, dass die Personen, die die Darlehen erhalten, bereits in professioneller Beratung sind.

Schweizweit gelten 412'762 Personen als überschuldet, zeigen Zahlen der Wirtschaftsauskunftei CRIF. Oft nehmen diese Personen wegen ihrer Schulden teure Kredite auf – und verschulden sich so noch mehr. Im Schnitt sitzen Personen, die beim Dachverband der Schuldenberatung Hilfe suchen, auf einem Schuldenberg von 61'000 Franken. 

Pro Fall können Berater maximal 30'000 Franken beantragen. Das Startkapital des Projekts beläuft sich auf eine Million Franken. Ein vergleichbares Konzept gibt es in der Deutschschweiz bisher nicht. In der Westschweiz gibt es bereits Entschuldungsfonds.

*Name von der Redaktion geändert 


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