Auf einen Blick
Dass ein Unternehmen Konkurs gehen kann, wissen viele. Erst diesen Sommer musste die bekannte Filialkette des Weltbild-Verlags Konkurs anmelden. Wie Weltbild kann auch eine Privatperson eine Konkurseröffnung beantragen. Für Personen mit Schulden kann das eine Erlösung sein. Warum der Konkurs aber nicht für alle die richtige Form der Schuldenbewältigung ist, erklärt Martin Schmalz (61), Amtschef des kantonalen Konkursamtes in Solothurn.
Was ist ein Privatkonkurs?
Wenn du aus den Schulden keinen Ausweg mehr siehst, kannst du beim Gericht deiner Wohngemeinde eine Konkurseröffnung beantragen. Genehmigt das Gericht deinen Antrag, giltst du als zahlungsunfähig. Das bedeutet, dass Zahlungsaufforderungen und bestehende Schulden ab dem Eröffnungsdatum hinfällig werden, jedenfalls für Erste. «Lange hat der Privatkonkurs als Allheilmittel gegen Schulden gegolten, das ist aber eben nicht so», sagt Schmalz.
Denn: Die Schulden verfallen nicht einfach. Während des Konkursverfahrens melden die Personen und Unternehmen, denen du Geld schuldest (Gläubiger), ihre Forderungen an. Die Gläubiger erhalten bei Abschluss des Konkursverfahrens für die offenen Forderungen einen Verlustschein, der nach 20 Jahren verjährt.
Welche Vorteile hat das?
«Der Privatkonkurs macht einen Schnitt zwischen alten Schulden und neuen Zahlungsforderungen», sagt Schmalz. Mit der Konkurseröffnung werden sämtliche Betreibungen aufgehoben. «Ist der Lohn bereits gepfändet, kann die Aufhebung kurzfristig eine spürbare Erleichterung bringen.»
Mit deinem Einkommen kannst du dein Leben wieder in den Griff bekommen. Bei einem Privatkonkurs wird gleichzeitig eine Schuldensanierung aufgegleist. Das kann Ruhe in einen verschuldeten Haushalt bringen.
Gibt es auch Nachteile?
Ein Privatkonkurs wird immer öffentlich bekannt gemacht. Das kann ein Hindernis beim Wohnungswechsel oder bei der Stellensuche sein. Auch deine Gläubiger werden benachrichtigt.
Des Weiteren ist der Privatkonkurs keine Sanierung und führt nicht zu einer Schuldenbefreiung. Die Schulden bleiben in Form von Verlustscheinen bestehen. Diese kann ein Gläubiger wieder betreiben dabei und abklären lassen, ob der Schuldner in der Zwischenzeit zu neuem Vermögen gekommen ist. Schmalz: «Der Schuldner ist hier im Rahmen des Privatkonkurses etwas geschützt. Er kann einen Rechtsvorschlag mit der Begründung einreichen, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, muss aber beweisen, dass er in den letzten zwölf Monaten kein neues Vermögen aufbauen konnte und daher weiterhin als zahlungsunfähig gilt.»
Kann jeder einen Privatkonkurs veranlassen?
Theoretisch kann jede Privatperson ein Konkursverfahren eröffnen lassen. «Gewährt wird der Antrag in der Regel aber nur, sofern keine Aussicht auf eine einvernehmliche private Schuldenbereinigung und ein Missverhältnis zwischen Schuldenhöhe und Budget besteht und der Antrag vom Gericht ausserdem nicht als rechtsmissbräuchlich angesehen wird. Grundsätzlich ist ein Privatkonkurs nur sinnvoll, wenn die Person auch genug Einkommen hat, um die laufenden Rechnungen wie Miete, Krankenkasse, aber auch Lebensmittel und Bedarfsgüter zu tragen und sich nicht neu zu verschulden», meint Schmalz. «Der Privatkonkurs soll auch ein Neustart sein.»
Aber: Du darfst auch nicht so viel einnehmen, dass du Vermögen aufbaust. Wenn du einen Rechtsvorschlag einreichen musst, weil ein Gläubiger Geld einfordert, berechnet das Gericht, ob du in den letzten zwölf Monaten Vermögen aufgebaut hast oder mit deinem Einkommen hättest aufbauen können. Das wird je nach Kanton unterschiedlich angegangen.
Schmalz: «Das Gericht rechnet einen gewissen Prozentsatz auf den Grundbetrag des Existenzminimums dazu. Gibt es einen Überschuss, kann der Gläubiger die Betreibung in diesem Umfang fortsetzen. Im Kanton Solothurn rechnet man 50 Prozent zum Grundbetrag für alleinstehende Personen von 1200 Franken hinzu, in anderen Kantonen bis zu 100 Prozent. Zusätzlich werden die Steuern ins Existenzminimum eingerechnet.»
Gibt es noch andere Formen der Schuldenbewältigung?
«Neben dem Konkursverfahren gibt es weitere Verfahren wie die einvernehmliche private Schuldenbereinigung und die gerichtliche Nachlassstundung. Diese werden ebenfalls öffentlich ausgeschrieben, zielen aber auf die Schuldentilgung ab», erklärt Schmalz.
Bei der Nachlassstundung wird eine Sachwalterin hinzugezogen, die ein Inventar und Vermögensstatus des Schuldners erstellt und Vorschläge zur Schuldentilgung macht. Die Mehrheit der Gläubiger muss sich einvernehmlich auf einen fixen Prozentteil der Schulden einigen, der zurückgezahlt werden muss, und somit auf einen Teil des Betrags verzichten.
In einem Beispiel sieht das so aus: Die 38-jährige Veronika hat über 44’800 Franken Schulden, die sie begleichen möchte. Die Beiständin stellt fest, dass Veronikas Monatsbudget eine monatliche Rückzahlung von 525 Franken zulässt. Das Gericht gewährt die Stundung: Die Gläubiger erhalten eine einvernehmliche Quote von 40 Prozent (17’920 Franken) und verzichten damit auf 60 Prozent der Forderung. Im Gegenzug erklärt sich der Arbeitgeber bereit, Veronika ein Darlehen in Höhe von 20’000 Franken zu gewähren. Für die Rückzahlung zieht er monatlich 525 Franken vom Lohn ab. Nach drei Jahren ist Veronika schuldenfrei.