Auf einen Blick
Der Gang zur Schuldenberatung erfordert Mut. Jährlich suchen gut 6000 Personen in der Schweiz Rat in finanziellen Belangen. Ein Grund dafür sind die immer höheren Lebenshaltungskosten.
Hinzu kommt, dass die Beschäftigungslage in der Schweiz weiterhin gut ist, was die Stellensuche schwierig gestaltet. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Zahl der offenen Stellen im zweiten Quartal 2024 um elf Prozent zurück, wie eine Studie des Personaldienstleisters Adecco zeigt.
Für Schweizer Privathaushalte ist Arbeitslosigkeit jedoch nicht das grösste Schuldenproblem. Tatsächlich sind Steuerschulden die meistgenannte Ursache. Gemäss Jahresbericht 2023 der Budget- und Schuldenberatung Aargau-Solothurn (BSAS) hatten 78 Prozent der von ihnen betreuten Personen Steuerschulden.
Pascal Pfister (48), Leiter des Dachverbands Schuldenberatung Schweiz, überrascht das nicht. Er sagt: «Wenn das Einkommen ohnehin schon knapp ist, gerät man bei einem grossen Ereignis wie Steuern, Krankheit oder Trennung schnell in die finanzielle Schieflage.» Der Medianlohn der Ratsuchenden des BSAS beträgt 4900 Franken monatlich – die Gesamtverschuldung belief sich auf über 21 Millionen Franken.
Der erste Schritt ist die Budgetberatung
Nicht jeder, der finanzielle Probleme hat, muss aber sofort eine Schuldenberatung in Anspruch nehmen. Oft reicht es schon, einen klaren Überblick über die eigenen Finanzen zu bekommen. Dabei muss es kein ausgeklügeltes Budget sein, ein simples «Milchbüechli» reicht aus, um die Ausgaben im Griff zu behalten.
Wenn man das Gefühl hat, dass einem alles über den Kopf wächst, lohnt es sich, eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Sinja Reck, Sozialarbeiterin bei der BSAS, weiss, wie schwer es den Menschen fällt, sich Hilfe zu holen. «Es ist ein jahrelanger Prozess, bis sich jemand traut, in die Beratung zu kommen.»
Die Budgetberatung ist eine präventive Massnahme. Reck empfiehlt bei grösseren Lebensereignissen wie Familiengründung, Scheidung oder Krankheit das Budget mit einer Fachperson durchzugehen. So kann man allfällige Schuldenfallen bereits früh erkennen und aus dem Weg räumen.
Ist bereits eine Überschuldung vorhanden, ist eine Schuldenberatung ratsam.
Beim Thema Schulden spielen Scham und Betroffenheit eine grosse Rolle. Schulden werden häufig als persönliches Versagen erlebt. Jedoch verzeichnet die BSAS gerade in den vergangenen Jahren einen Anstieg der Ratsuchenden. Für das erste Trimester 2024 konnte im Vergleich zum Vorjahr für den gleichen Zeitraum ein Zuwachs von 37 Prozent bei den Neuanmeldungen verzeichnet werden.
Was passiert bei der Schuldenberatung?
Jede Beratung verläuft unterschiedlich. Manchmal rühren die finanziellen Probleme von der Administration her oder einem Manko im Budget. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten Betroffenen zuerst alles versuchen, um ihre Geldprobleme selbst zu lösen, bevor sie sich auf der Beratungsstelle melden.
Für Sinja Reck ist es einfacher, wenn Ratsuchende gut vorbereitet zur Beratung erscheinen, so können schneller Lösungen gefunden werden. «Wenn jemand bereits alle wichtigen Dokumente und Briefe gesammelt hat, ist das eine grosse Hilfe», sagt sie.
Befindest du dich in einer finanziellen Notsituation? Sozialarbeiterin Sinja Reck (27) empfiehlt, in erster Linie offen mit deinem Umfeld über die Situation zu sprechen.
Weisst du nicht mehr weiter, findest du Hilfe bei einer Fachstelle in deiner Region: Schuldenberatung Schweiz oder auf dem Onlineportal Plusminus.
Befindest du dich in einer finanziellen Notsituation? Sozialarbeiterin Sinja Reck (27) empfiehlt, in erster Linie offen mit deinem Umfeld über die Situation zu sprechen.
Weisst du nicht mehr weiter, findest du Hilfe bei einer Fachstelle in deiner Region: Schuldenberatung Schweiz oder auf dem Onlineportal Plusminus.
Eine Schuldenberatung umfasst die Abklärung der familiären und sozialen Situation, der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sowie der gesundheitlichen Verfassung der überschuldeten Person. Die gesamte Situation muss aufgearbeitet werden: «Wir fragen nach, wo das Geld hinfliesst, erstellen einen Budgetplan, der sich am Existenzminimum orientiert, schauen, dass Krankenkasse und Steuern wieder gezahlt werden und ob allenfalls weitere Hilfeleistungen erschlossen werden müssen.» Der Grundbetrag des betreibungsrechtlichen Existenzminimums ist von Kanton zu Kanton verschieden; im Kanton Aargau beträgt er 1200 Franken pro Monat für eine alleinstehende Person und 1700 Franken pro Monat für Ehe- oder Konkubinatspaare.
Gerät man in finanzielle Probleme oder eine Verschuldung, sollte man sich Unterstützung holen – bei den Eltern, bei Freunden oder bei einer Schuldenberatung. Reck sagt: «Je früher man sich Hilfe holt, desto einfacher ist das Problem gelöst.» Solange die Schuldsumme noch überschaubar ist, ist die Chance gross, schnell und ohne Gerichtsverfahren aus den Schulden hinauszugelangen.