Der österreichische Skiort Ischgl ist als Ballermann der Berge bekannt. Zu Beginn der Corona-Pandemie macht Ischgl Schlagzeilen als Seuchenherd Europas. Tausende steckten sich dort an und trugen das Virus in Dutzende Länder.
Ischgl will aus den Fehlern der Vergangenheit nun lernen. Dies versicherten die Tourismusverantwortlichen am Donnerstagabend an einer Medienkonferenz in Zürich. Ramba-Zamba wolle man nicht mehr, sagte der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Paznaun-Ischgl, Andreas Steibl: «Sonst wird es heissen, wir haben nichts aus der Krise gelernt.»
Alkoholverbot in öffentlichen Bereichen
Man habe in der Vergangenheit die Unterhaltung zu stark in den Vordergrund gebracht, gestand Steibl ein. Bilder von den Auswüchsen der feiersüchtigen Touristen gingen um den Globus.
Nun wolle man Gegensteuer geben. So habe man neu ein Alkoholverbot in öffentlichen Bereichen erlassen, sagte Steibl. Die berüchtigten Partybusse müssen am frühen Abend von den Parkplätzen abgefahren sein.
«Es wird Entertainment geben, aber nicht in der Form der Überschwänglichkeit», sagte Steibl weiter. «Ein Erlebnis wird da sein, aber es wird ein gesetzteres Erlebnis», sagte der Tourismuschef: Man könne gemütlich bei einem Glas Wein sitzen, aber es gebe nicht diese «Rumba-Bumba-Musik».
«Es wird ruhiger»
Konzerte seien ein Teil der Erlebniswelten am Berg, aber es würden Konzerte mit einer ganz neuen Musikrichtung. «Das Laute und Rumpelnde, das man von Ischgl gewohnt ist, wird es beim Opening nicht geben. Es wird ruhiger», versicherte Steibl, der allerdings nicht verraten wollte, welcher Stil dann aufgeführt wird.
Den Werbeslogan «Relax, if you can» hat man in Ischgl ausserdem fallengelassen. Jetzt heisst ein Motto: «Better together».
In Österreich gilt in der kommenden Wintersportsaison auf den Skipisten die sogenannte 3G-Regel. Seilbahnbetreiber dürfen nur gegen Covid-19 Geimpfte, Getestete oder Genesene befördern, wie die Regierung am Montag in Wien bekannt gegeben hatte. Abstandsregeln und Kapazitätsbeschränkungen wird es für die Skilifte nicht geben, eine FFP2-Maskenpflicht jedoch schon. Sollte die Auslastung der Intensivstationen mit Corona-Kranken steigen, werden die Regeln für ungeimpfte Wintersportler verschärft.
Derzeit sind rund 200 Intensivbetten in Österreich mit Covid-19-Patienten belegt. Wenn die Zahl auf 300 steigt, dürfen Ungeimpfte keine Après-Ski-Lokale mehr besuchen - auch nicht mit negativem Testergebnis, wie Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein deutlich gemacht hatte. Ab dieser Stufe dürfen Seilbahnen, Gastronomie und Hotels ausserdem keine Selbsttests mehr akzeptieren. «Wir begrüssen diese Behördenmassnahmen», betonte Steibl.
Letzte Saison fiel ins Wasser
Ischgl hatte im März 2020 europaweit für Schlagzeilen gesorgt, als trotz Corona-Ansteckungen die Bergbahnen, Restaurants und Partylokale offen geblieben waren. Dann verhängte der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz Mitte März 2020 überraschend eine Quarantänereglung, von der die Tourismusverantwortlichen in Ischgl aus den Medien erfuhren. Diese führte zu einer überstürzten Flucht von tausenden Gästen, was wiederum für Corona-Ansteckungen in ganz Europa bis nach Island sorgte.
Betroffene haben nun Klage gegen die österreichischen Behörden eingereicht. Der erste Prozess begann am vergangenen Montag in Wien.
Wegen der unterschiedlichen Coronavorschriften im österreichischen Ischgl und im angrenzenden Schweizer Skigebiet Samnaun fiel die letzte Wintersaison komplett aus. Die Anlagen blieben geschlossen.
Rekordwinter möglich?
Nun hofft Ischgl wieder auf zahlreiche Gäste: Anhand der Buchungen und Reservationen seien in diesem Winter etwa 1,3 Millionen Übernachtungen realistisch, sagte Steibl am Rande der Medienkonferenz im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP. Damit würde die Corona-Wintersaison 2019/20 übertroffen, die 1,1 Millionen Übernachtungen bescherte. Allerdings wurde diese Saison wegen der Pandemie sieben Wochen vor ihrem Ende abgebrochen. Bis dahin sei man auf Rekordkurs gewesen, sagte Steibl.
Nun stammt der bisherige Rekord immer noch aus dem Winter 2018/19. Damals gab es 1,4 Millionen Übernachtungen in Ischgl. (SDA/sfa)