«Wir haben Angst»
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Schausteller sind in der Krise:«Wir haben Angst»

Schiessbuden-Inhaberin Odette Lang warnt
«Die Chilbi-Kultur geht verloren»

Die Schausteller trifft es derzeit doppelt hart: Wegen der Pandemie finden nur ganz wenige Chilbis statt. Und wegen des schlechten Wetters sind selbst diese schlecht besucht.
Publiziert: 28.07.2021 um 01:21 Uhr
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Aktualisiert: 28.07.2021 um 06:40 Uhr
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Doch eigentlich wollen die Schausteller keine finanzielle Unterstützung vom Staat, ...
Foto: Matthias Kempf
Christian Kolbe

Impfung und sinkende Fallzahlen lassen die Menschen das Licht am Ende des Corona-Tunnels erahnen. Das gilt nicht für die Schausteller, die in normalen Jahren mit ihrem Fahrgeschäften die Herzen der grossen und kleinen Kunden höher schlagen lassen. «Die Leute, die im letzten Jahr an einen der wenigen Anlässe kamen, strahlten vor Glück und waren sehr grosszügig», erinnert sich Odette Lang (59).

Sie ist Schaustellerin in der dritten Generation und betreibt einen Schiess- und Spielbetrieb, besitzt mehrere Jahrmarktwagen. Mit den Festwagen ist sie normalerweise an 32 Wochenenden im Jahr unterwegs.

Doch derzeit ist nichts normal. Das weiss auch Peter Howald (67). Der Zürcher ist Präsident des Schaustellerverbands Schweiz. Die Bilanz 2021 fällt jetzt schon düster aus: «Es ist schlimmer als im letzten Sommer», sagt er. «Ein Anlass nach dem anderen wird abgesagt, schon für September und Oktober.»

Es geht um die Existenz

Dabei sah es zunächst gar nicht schlecht aus: Im Frühling schimmerte bei Lang die Hoffnung durch, 2021 wieder etwas Normalität zu erleben. Fehlanzeige. Die Schiessbudenbetreiberin hat für dieses Jahr noch keinen einzigen fixen Vertrag unterzeichnet. Statt im März hat sie den Fuhrpark erst im Juni aus dem Winterquartier geholt.

Inzwischen plagen die Chilbi-Unternehmerin Existenzängste. Für die Härtefallgelder ist sie dankbar, auch wenn diese nicht viel mehr als der sprichwörtliche Tropfen auf den heissen Stein sind. Doch Lang geht es um etwas ganz anderes: «Ich möchte keine fremde finanzielle Unterstützung, ich will meinen Lebensunterhalt selber erschaffen!»

Hoffen auf den Bundesrat

Genau dafür setzt sich Verbandspräsident Howald ein. Bereits fünf Ordner hat er mit der Korrespondenz mit den Behörden gefüllt. Sein Ziel: Die Schausteller wollen gleich lange Spiesse wie andere Veranstalter. «Wir hoffen, dass der Bundesrat im August die strengen Auflagen fallen lässt.»

Die derzeit gültigen Auflagen sind nicht ohne: Je nach Kanton sind auf einer Chilbi nur 300 Besucher zugelassen, in anderen bis zu 1000. Dazu braucht es Gitter, Drehkreuze und Sicherheitspersonal, um die Zahl der Besucher zu kontrollieren. «All das führt zu gewaltigen Mehrkosten, die wir nicht bezahlen können», klagt Howald. Dabei sei eine Chilbi ja eine dynamische Angelegenheit, zirkulierten die Leute von Stand zu Stand, blieben nicht lange am selben Ort. Das verringere die Gefahr einer Ansteckung.

Damit nicht genug: Auch das Sauwetter macht den Schaustellern einen Strich durch die Rechnung: «Wenn es kalt und nass ist, kommen deutlich weniger Leute», weiss Howald.

Härtefallfonds des Verbands

Die Härtefallgelder decken bestenfalls die Fixkosten. Der Kanton Zürich bezahlt 20 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes der Jahre 2018 und 2019. Andere Kantone sind da knausriger. Der Verband hat einen eigenen Härtefallfonds mit 50'000 Franken geäufnet, es gab bereits erste Anträge. «Ich kenne einige Kollegen, die sind finanziell am Limit», sagt Howald.

Odette Lang hat nur einen Wunsch: «Wir wollen endlich wieder arbeiten – sonst geht eine ganze Kultur verloren.»

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