Schalter weichen «Erlebniszonen»
Innert zehn Jahren fast 600 Bankfilialen weg!

Schaltertransaktionen nehmen seit Jahren ab – nicht nur im Bankgeschäft. Die hohe Zahl an Bankfilialschliessungen im letzten Jahrzehnt entfällt aber primär auf einige wenige Institute. Manche haben bei der Anzahl Filialen gar zugelegt.
Publiziert: 26.11.2022 um 00:10 Uhr
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Aktualisiert: 28.11.2022 um 10:33 Uhr
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Bankfilialen gibt es fast nur noch für Beratungen. Dafür in immer schönerem Ambiente.
Foto: Zvg
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Das sorgte für Sorgenfalten, vorwiegend bei der älteren Kundschaft: Die Credit Suisse (CS) kündigte kürzlich an, 14 Bankfilialen bis Februar 2023 zu schliessen. Schliessungen von Filialen stehen auch bei anderen Banken im Raum, wie eine Umfrage von Blick bei den 20 grössten Schweizer Finanzinstituten ergeben hat.

Schweizerinnen und Schweizer nutzen für ihre Bankgeschäfte seit Jahren vermehrt Online- und Mobile-Angebote und frequentieren immer seltener Bankfilialen. Die nackten Zahlen rückblickend auf die letzten zehn Jahre sehen unerfreulich aus: Betrieben die befragten Banken Anfang 2012 noch 2384 Filialen in der Schweiz, waren es Anfang 2022 noch 1799. Das entspricht einem Rückgang von 585 Filialen oder rund 25 Prozent!

Und ein Ende dieses Rückgangs ist nicht in Sicht, wie das jüngste Beispiel mit der Credit Suisse nahelegt. Die Grossbank ist nicht allein. Die Bank Valiant eröffnet 2022 zwar fünf und 2023 drei weitere Geschäftsstellen. Aber sie schliesst im Rahmen eines Programms zur Rentabilitätssteigerung ab Ende 2022 auch wieder 23 Geschäftsstellen, die nahe beieinanderliegen.

Hier wurde am meisten abgebaut

Der Löwenanteil am Filialabbau des letzten Jahrzehnts entfällt primär auf die Grossbanken und die Raiffeisenbank. Bei der UBS ging die Filialzahl um rund ein Drittel zurück, bei der CS um fast die Hälfte – und hier ist die Integration der NAB (Neue Aargauer Bank) inkludiert. Dieses Netz reduziert sich mit den 14 angekündigten Schliessungen nochmals. Doch die Credit Suisse hält fest, dass man mit einem «auf die Nachfrage der Kundschaft abgestimmten Geschäftsstellennetz in allen Regionen der Schweiz präsent» sei.

Die verbleibenden Filialen würden zudem «weg vom Schaltergeschäft hin zu einem modernen Ort der Begegnung» entwickelt. Ähnlich der Trend bei der Bank Cler, früher Bank Coop, in Richtung schalterlose Lounge mit Beratungssofas und Kaffeeautomaten. Cler nennt es die «Bankfiliale der Zukunft».

Den grössten Nettoabbau gab es bei Raiffeisen, mit 278 Filialen oder fast 25 Prozent weniger. Laut Raiffeisen habe die Erreichbarkeit der Filialen darunter nicht gelitten, 90 Prozent der Schweizer Bevölkerung könne weiterhin innert zehn Autominuten eine Raiffeisen-Filiale erreichen. Die geografische Präsenz werde auch künftig hoch bleiben. Dies auch unter Beibehaltung des Konzepts «Beratungsbank», bei dem auf eine Schalterhalle verzichtet werden kann.

Die Raiffeisen legt aber Wert auf die Feststellung, dass die Anzahl Vollzeitstellen in der Gruppe umgekehrt proportional zum Filialabbau wächst: Waren mit 1098 Standorten noch 8167 Personen bei Raiffeisen angestellt, sind es mit 820 Standorten deren 9729.

Interessant auch die Entwicklung bei der Postfinance: 2007 existierten noch 28 Filialen, 2012 deren 45. Inzwischen hat man sich wieder an die alte Grösse angenähert.

Bank Anzahl Filialen am 1.1.2012 Anzahl Filialen am 1.1.2022 Differenz
UBS 290 195 –95
Credit Suisse 211 109 –102
Raiffeisen 1098 820 –278
Zürcher Kantonalbank 99 57 –42
Postfinance 45 34 –11
Banque Cantonale Vaudoise 67 59 –8
Migros Bank 64 71 7
Luzerner Kantonalbank 27 24 –3
St. Galler Kantonalbank 37 37 0
Berner Kantonalbank 77 55 –22
Valiant 90 101 11
Aargauische Kantonalbank 30 32 2
Graubündner Kantonalbank 70 46 –24
Basellandschaftliche Kantonalbank 27 24 –3
Basler Kantonalbank 16 11 –5
Thurgauer Kantonalbank 30 29 –1
Banque Cantonale Fribourgeoise 28 26 –2
Banque Cantonale Genevoise 22 21 –1
Bank Cler 33 26 –7
Schwyzer Kantonalbank 23 22 –1
TOTAL 2384 1799 –585

Hier wurde sogar zugelegt

Schaut man sich die Kantonalbanken an, fällt auf: Hier wurde nur sehr wenig abgebaut. Das hat zum einen mit einem gesetzlich verankerten Leistungsauftrag der Kantonalbanken zu tun. Was aber Abbau nicht verhindert: Bei der Zürcher Kantonalbank (ZKB) entfielen 45 Prozent der Filialen, primär Kleinststandorte und Agenturen mit eingeschränkten Dienstleistungen. Auch bei der Berner Kantonalbank wurde netto um fast 30 Prozent abgebaut; bei der Graubündner Kantonalbank gar um 35 Prozent. Somit haben die geografisch und bevölkerungsmässig grössten Kantone abgebaut. Bei den meisten anderen waren die Reduktionen mehr kosmetischer Natur. Teils haben die Personalbestände in den Filialen insgesamt gar zugenommen.

Die breite Präsenz im jeweiligen Kanton bleibt derweil ein wichtiges Differenzierungsmerkmal. Die Schwyzer Kantonalbank etwa erklärt: «Unsere Präsenz im ganzen Kanton ist ein wichtiger Pluspunkt, den die Mitbewerber immer weniger pflegen.»

Die Migros Bank wächst ihrerseits durch Zusammenarbeit mit der Post: Durch die Nutzung der Postfilialen erschliesst sie Regionen, die sie mit ihren eigenen Filialen zuvor nicht abdeckt. Daneben sei aber auch die Eröffnung zusätzlicher, eigener Filialen denkbar.

Keine fremden Dienste in Bankfilialen

Was zur Frage führt, wozu Banken die Filialen überhaupt noch benötigen. Ein Teil der Filialen wurde bei vielen Banken in Bancomat-Präsenzen umgewandelt. Damit blieb das Cash-Geschäft regional verankert, ohne Personal zu benötigen. Filialen mit Personal werden überwiegend nur noch für Beratungsdienstleistungen benötigt. Da geht es um Themen wie Hypotheken, Vorsorge, Erbschaft oder Finanzplanung. Zahlungsverkehr findet physisch dagegen kaum noch statt.

Dafür werden die verbleibenden Zahlungsbanken aufgemotzt. Die ZKB beispielsweise testet seit März 2021 am Bahnhof Zürich-Stettbach sowie in einer im Juni 2022 eröffneten Konzeptfiliale in Winterthur «neue Interaktionsmöglichkeiten». Auch die Credit Suisse oder diverse Kantonalbanken haben neue Filialkonzepte lanciert. Ebenso haben die meisten Banken die Kundenkontaktmöglichkeiten ausgeweitet: Videoberatung oder anderweitige Online-Direktkanäle werden ebenso angeboten wie persönliche Besuche zu Hause. Für den stärkeren Fokus auf Beratung wird auch viel investiert – bei der St. Galler Kantonalbank etwa 8 bis 10 Millionen Franken pro Jahr.

Eine Ausweitung der Aufgaben auf bankenfremde Dienstleistungen ist derweil nicht geplant. Sprich: Die Banken bleiben bei ihrem Kerngeschäft bzw. den finanziellen Bedürfnissen ihrer Kundschaft. Zusatzgeschäft mit anderen Dienstleistungen zu erzielen, wie dies teils in Postfilialen oder auch Reisebüros gemacht wird, ist kein Thema.

Bleibt nur noch die Frage, wie weit der Abbau noch gehen wird. Auf eine «Mindestanzahl» an Bankfilialen mochte sich keine der befragten Banken festlegen.

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