Zoff ums Weihnachtsessen: Die Umweltschutzorganisation Greenpeace Schweiz wirft Migros und Coop zu den Festtagen eine umweltschädliche Rabattschlacht vor. Im Fokus ist der atlantische Lachs aus Aquakultur. Er gehört bei den Fischen laut einer Auswertung von Greenpeace zu den drei am stärksten preisreduzierten Produkten. «Die Detailhändler verschleudern Fisch zum Spottpreis», sagt Barbara Wegmann (40), Konsum-Expertin bei Greenpeace Schweiz.
Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) essen Schweizerinnen und Schweizer pro Kopf neun Kilogramm Fisch und Krustentiere im Jahr. Der Lachs landet dabei seit Jahren am häufigsten auf den Tellern. Gemäss der Welternährungsorganisation FAO werden heute weltweit 2,72 Millionen Tonnen atlantischer Lachs produziert. 1983 waren es noch 20’000 Tonnen – eine Steigerung um das 136-Fache.
Coop und Migros richten sich nach Kundenbedürfnissen
«Diese Aquakultur-Zuchten sind nichts anderes als Massentierhaltung im Meer», sagt Wegmann. Zudem würden die Lachsfarmen durch Krankheitsübertragungen auch der wildlebenden Population schaden.
Deshalb sind die grossen Preisreduktionen von Coop und Migros den Umweltschützern ein Dorn im Auge: Gemäss dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) erwirtschaften die Detailhändler über 45 Prozent ihres Umsatzes bei Fischprodukten mit Promotionen. Es ist der höchste Umsatzanteil mit Aktionen im Lebensmittelbereich. «Migros und Coop richten mit ihrer Marketingpolitik grossen Schaden an Fischen und ihrem Lebensraum an», sagt Wegmann. Sie müssten ihr Fischsortiment reduzieren, statt den Konsum durch Rabatte anzukurbeln.
Migros und Coop wehren sich auf Anfrage von Blick gegen die Vorwürfe von Greenpeace. Sie würden sich nach den Bedürfnissen der Kunden richten, teilen die Detailhändler mit. «Wir verzeichnen eine kontinuierlich hohe Nachfrage nach Lachs und Rauchlachs, weshalb es dort auch die meisten Aktionen gibt», schreibt die Migros.
Nicht alle Nachhaltigkeitslabels halten, was sie versprechen
Wie Coop mitteilt, umfasse zudem der Anteil an nachhaltig zertifiziertem Lachs, gemessen am Gesamtumsatz, rund 70 Prozent – bei den Aktionen gar 85 Prozent. Das Unternehmen würde bei Aquakultur-Produkten nur Labels führen, die vom WWF Schweiz mindestens als empfehlenswert eingestuft und jährlich überprüft würden.
Auch wenn Nachhaltigkeitszertifizierungen besser sind als keine: Laut Greenpeace sind sie nicht immer unproblematisch. Eine aktuelle Studie der schottischen NGO Wildfish zeigt beispielsweise, dass zertifizierte Lachsfarmen in Schottland Pestizide einsetzen und die Lachse unter katastrophalen Bedingungen leben würden. Betriebe, die gegen die Standards des Nachhaltigkeitslabels verstossen, dürfen die Zertifizierung gemäss der Studie dennoch behalten.
«Mutmassliche Missstände beim Tierwohl tolerieren wir nicht, und so fordern wir bei Bedarf von den Label-Organisationen klare Verbesserungen», schreibt die Migros. Sie verweist auf ihr hauseigenes Bewertungssystem M-Check. Die Kontrolle beim Fisch erfolge durch die Sustainable Fisheries Partnership (SFP), welche die Bewertungskriterien in Zusammenarbeit mit der Migros entwickelt hat. So gebe es durchaus ASC- und MSC-zertifizierte Produkte, die im M-Check bloss mittelmässig abschneiden.