Trotz des überraschenden Anstiegs der Teuerungsrate im Februar ist ein Ende des Zinserhöhungszyklus in der Schweiz allmählich greifbar. Der Markt preist sogar bereits ein, dass die Schweizerische Nationalbank SNB auf Sicht von zwei Jahren die Leitzinsen wieder deutlich senken wird. Die Rendite der 1-jährigen Schweizer Bundesobligation steht bei 1,60 Prozent, wohingegen diejenige der 2-jährigen bei 1,42 Prozent und diejenige der 10-jährigen bei 1,01 Prozent steht. Die Schweizer Zinskurve hat sich in den Finanzmarktturbulenzen der letzten Tage weiter «invertiert».
«Eine inverse Zinskurve stellt vor allem für die Banken ein Problem dar, da die Zinskosten auf der Passivseite der Bilanz über kurz oder lang höher ausfallen als die Zinserträge auf der Aktivseite der Bilanz», sagt Bantleon-Chefökonom Daniel Hartmann gegenüber cash.ch. Wenn die Banken versuchen, die Einlagenzinsen tief zu halten, um dem Verfall der Zinsmarge entgegenzuwirken, laufen sie Gefahr, dass die Kunden ihre Einlagen abziehen.
Kapitalflucht setzt CS unter Druck
Mit dieser Kapitalflucht hatten unter anderem die jetzt in Schieflage geratenen US-Banken zu kämpfen. Aber auch die Credit Suisse steht unter anderem in dieser Hinsicht massiv unter Druck.
Die Notenbanken müssen daher in der Zinspolitik mehr Vorsicht walten lassen als bislang. Würden sie die Zinsen einfach weiter anheben, würden sie die Inversion der Zinskurve noch verstärken. «Auch die Zinspolitik der SNB dürfte davon betroffen sein, nicht zuletzt auch aufgrund der Probleme der Credit Suisse», sagt Hartmann. Der Bantleon-Chefökonom prognostiziert im Rahmen der kommenden Sitzung eine Leitzinserhöhung um 25 statt 50 Basispunkte. Der Abwärtsdruck auf die Renditen von Staatsanleihen sollte entsprechend anhalten.
Inverse Zinskurve bei Schweizer Hypotheken
Diese in den letzten Wochen stark geänderte Markterwartung schlägt sich auch bei den Hypozinsen durch. Bei immer mehr Hypothekaranbietern wird die Zinskurve invers. Aktuell ist dies bereits bei der Bank BSU, Bank Thalwil, Generali Versicherung, Glarner Kantonalbank, Hypoclick, Pensionskasse Stadt Winterthur oder Swiss Life der Fall. Wie die untenstehende Grafik zeigt, ist die Zinskurve von Hypotheken insgesamt seit Mitte 2022 massiv flacher geworden.
«Es dauert jeweils eine Weile, bis sich die Veränderungen bei den Bundesobligationen auf die Hypozinsen durchschlagen», sagt Florian Schubiger von Hypotheke.ch auf Anfrage von cash.ch. Gerade Banken, die für die Refinanzierung der Hypotheken auf Kontoguthaben zurückgreifen, warten noch zu. Erst bei einem Zinsanstieg bei den Konten, würden diese laut Schubiger auch bei den kurzlaufenden Hypozinsen vollständig nachziehen.
Dass jetzt erste Anbieter bei den Hypozinsen invers geworden sind, hat für die Planung der Immobilienfinanzierung aber handfeste Konsequenzen: «Wenn man sich lange binden und Sicherheit wollte, musste man bis jetzt mehr bezahlen. Jetzt zahlt man für die Flexibilität und die Hoffnung auf zukünftig tiefere Zinsen mehr», so Schubiger.
Wer eine kurzfristige Hypothek abschliesst, geht davon aus, dass die Zinsen sinken werden. Wer davon ausgeht, dass die Zinsen gleichbleiben, fährt hingegen mit einer fünfjährigen Hypothek wohl günstiger. Diese aussergewöhnliche Situation dürfte sich in den nächsten eins bis zwei Monaten akzentuieren, da sich die inverse Zinsstruktur auch bei den Hypotheken wohl verfestigen wird. «Früher fuhr man auch bei leicht steigenden Zinsen mit dem Saron besser, da der Aufpreis für die langen Laufzeiten oftmals sehr hoch war. Jetzt zahlt man für die langen Laufzeiten weniger. Und wer eine Saron-Hypothek abschliesst, muss davon ausgehen, dass die Zinsen sinken werden», fasst Schubiger die Entwicklung zusammen.
Abwärtsdruck bei den Renditen und Staatsanleihen
Für den Abwärtsdruck auf die Renditen von Staatsanleihen ist aber nicht nur der aktuelle Finanzmarktschock verantwortlich: «Wir gehen ausserdem davon aus, dass sich die konjunkturelle Lage in diesem Jahr noch spürbar eintrüben wird. Auch in der Schweiz kann eine Rezession nicht ausgeschlossen werden», sagt Hartmann. Der Druck auf die SNB, die Leitzinsen zu senken, sei wegen des tiefen Leitzinsniveaus - in der Spitze erwartet Hartmann 1,25 bis 1,5 Prozent - geringer als im Ausland. Sollte die Schweiz aber ebenfalls in eine Rezession fallen, dürfte sie zum Jahresende 2023 die Leitzinsen moderat senken.
Hartmann prognostiziert, dass die Renditen von 10-jährigen Schweizer Bundesobligationen Ende Jahr um mindestens 50 Basispunkte tiefer - also etwa bei 0,5 Prozent - zu liegen kommen. Kurzum bedeutet dies für Schweizer Immobilienbesitzer, dass die Festhypotheken mit zehnjähriger Laufzeit in wenigen Monaten deutlich günstiger zu haben sind. Jetzt hinsichtlich sinkender Zinsen auf kurze Laufzeiten zu setzen, könnte sich daher schlussendlich langfristig als Zwischenschritt auszahlen.
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«Ich bin nach wie vor der Meinung, dass sich Festzinshypotheken bis Ende Jahr seitwärts bis leicht steigend entwickeln. Der Benchmark für eine 10-jährige Festzinshypothek liegt heute bei etwa 2,2 Prozent. Ende Jahr dürfte der Zinssatz bei zwischen 2,2 und 2,4 Prozent liegen», sagt hingegen Hypothekenexperte und Geschäftsführer von Oxifina, Giampiero Brundia, gegenüber cash.ch. Aber auch Brundia sieht in der Geldmarkthypothek Saron eine valable Alternative, die derzeit ab 1,50 Prozent erhältlich ist.
Auch wenn die SNB nächste Woche die Leitzinsen um bis zu 0,5 Prozent erhöht, würde der Saron-Satz immer noch unter dem Zinssatz einer Festzinshypothek liegen.
10-jährige Festhypothek bleibt trotzdem interessant
Nach wie vor gilt: Es gibt grosse Unterschiede zwischen den Marktangeboten. «Entlang einer Kreditausschreibung haben wir am Montag für eine 15-jährige Festzinshypothek von einem Geldgebenden 2,2 Prozent und von einem anderen Geldgebenden 3 Prozent offeriert bekommen», sagt Brundia. Eine solche Zinsdifferenz 0,8 Prozent pro Jahr sei der Wahnsinn. Man sollte daher immer verschiedene Offerten einholen.
Für Schubiger dominiert bei der Zinsentwicklung weiterhin die Inflation. «Wenn man davon ausgeht, dass die Zentralbanken die Inflation in den Griff bekommen, dann muss man jetzt auf Hypotheken mit kurzen Laufzeiten setzen.» Gerade in diesem Szenario sollten die Zinsen wieder schnell zurückkommen.
Wer jedoch unsicher ist und nicht die entsprechende Risikofähigkeit und Risikofreudigkeit mitbringt, sollte besser auf eine 10-jährige Festhypothek setzen. Diese könne man aktuell relativ günstig - 2,14 Prozent Zins bei einem Top-Rating - abschliessen. Wer jetzt auf eine Saron-Hypothek setze und die Inflation bleibt hoch, dann gehe man ein entsprechendes Risiko ein.