Reisebüros in Not
Bis zu 4000 Jobs sind auf der Kippe!

Corona hat die Reisebüros in die schwerste Krise der Nachkriegszeit geschickt. Tausende Jobs sind gefährdet, hunderte Unternehmer stehen vor dem Aus. Die Politik ist gefordert.
Publiziert: 16.08.2020 um 15:09 Uhr
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Aktualisiert: 20.08.2020 um 09:09 Uhr
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«Rettet die Reisebüros»: Demo in Deutschland.
Foto: imago images/IPON

Am Mittwoch entscheidet der Bundesrat voraussichtlich über zusätzliche Hilfe für die Reisebranche. Die Situation sei dramatisch, sagt Max E. Katz, Präsident des Schweizer Reise-Verbands (SRV) im Interview mit der «NZZ am Sonntag». «Praktisch alle Reisen, die wir seit Oktober 2019 verkauft haben, mussten wir zurückerstatten. Neubuchungen gab und gibt es kaum.»

4000 Vollzeitstellen stehen auf dem Spiel, wenn der Bund nicht handelt, so Katz. «Es geht um Leben oder Sterben.» Jedes zweite Reisebüro stünde vor dem Aus.

Seit Anfang April ringt Katz mit dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) um Lösungen. «Es liegt nun an Bundesrat Guy Parmelin, den Gesamtbundesrat von einem nachhaltigen Hilfspaket für die Reisebranche zu überzeugen», sagt der Touristiker.

Weibliche Branche

Ein Abbau würde vor allem die Frauen hart treffen. «Unsere Branche ist zu 83 Prozent weiblich», so Katz.

Die Reisebranche, sagt der ehemalige Finanzchef von Kuoni, bestünde aus insgesamt 1300 Reisebüros. 88 Prozent davon seien inhabergeführte KMU. «Diese Inhaber und ihre Partner, die oft in der gleichen Firma arbeiten, erhalten seit 1. Juni keinen Erwerbsersatz mehr, haben also kein Einkommen. Dies im Gegensatz zur Veranstaltungsbranche.»

Katz fordert A-fonds-perdu-Beiträge. «In Deutschland und Österreich bekommen Reisebüros bis zu 100 Prozent der Fixkosten erstattet», sagt er. «Miete, Informatik oder Versicherungen können so gedeckt werden. Die Löhne der Mitarbeitenden werden über Kurzarbeit bezahlt. Das sind gute Modelle. Denen müssen wir folgen.»

Tiefe Profitabilität

Katz, der auch für die Axa Versicherung im Verwaltungsrat sitzt, hat laut eigenen Aussagen bei drei Bundesräten persönlich vorgesprochen. Er rechnet erst auf Anfang 2024 mit einer Normalisierung der Situation. «Bis dahin werden kaum Gewinne geschrieben», sagt er.

Entsprechend spricht er sich auch gegen eine Verschuldung mit Corona-Notkrediten aus. Katz: «Ein Reisebüro mit 4 Millionen Franken Umsatz macht vielleicht 40'000 Franken Gewinn. Es dürfte damit zwar bis zu 400'000 Franken an Notkrediten aufnehmen. Mit den üblichen Gewinnen würde es dann rund zehn Jahre dauern, um diese wieder abzustottern. Die Notkredite haben aber eine fünf- bis siebenjährige Rückzahlungsfrist.» (ise)

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