Der verregnete und kühle Frühling lässt bei den Schweizern die Reiselust spriessen. Beim Reiseveranstalter Hotelplan Group liegen die Buchungen auf ähnlichem Niveau wie im Vor-Coronajahr 2019 oder teilweise sogar darüber.
«Das ist sehr erfreulich. Wir haben schon mehr Reisen durchgeführt und schon mehr Umsatz gemacht als im ganzen Jahr 2021, auch wenn das ein ganz schlechtes Jahr war», sagt Hotelplan-Gruppen-Chefin Laura Meyer (42) im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AWP.
Damals hatte die Migros-Tochter einen Umsatz von lediglich 645 Millionen Franken eingefahren. Das waren mit Abstand die tiefsten Einnahmen seit der Finanzkrise. In den Jahren vor der Pandemie hatte Hotelplan jeweils etwa doppelt so viel Umsatz gemacht. Zudem erlitt die Hotelplan-Gruppe 2021 einen Betriebsverlust (EBIT) von 41 Millionen Franken.
«Jetzt, in diesem Jahr, nähern wir uns mehr dem Buchungsverhalten von 2019 an. Es wird wieder früher gebucht. Die Langstrecken und Geschäftsreisen sind zurück, wenn auch noch nicht ganz», sagt Meyer. «Wir spüren immer noch den Nachholbedarf. Die Leute wollen in die Ferien. Sie wollen weiter weg, ans Meer, zurück nach Asien. Das freut uns natürlich.» Zusätzlich lässt der nasse, kalte Frühling wieder die Reiselust in ferne Länder keimen.
«Leute nehmen höhere Preise in Kauf»
Bereits im vergangenen Jahr hatte Hotelplan eine steile Erholung vom Absturz in den Pandemiezeiten erlebt. Das Ende der Coronabeschränkungen führte ab dem Frühling zu einem Buchungsboom und einer Reisewelle.
Der Umsatz der Gruppe schoss wieder auf 1,4 Milliarden Franken nach oben. Der Betriebsgewinn EBIT erreichte mit 26 Millionen Franken den höchsten Stand seit eineinhalb Jahrzehnten. «Zudem haben wir während der Pandemie unsere Kostenbasis optimiert. Und wir hatten letztes Jahr einen tollen Sommer und einen tollen Herbst. Aus alledem hat sich dieser Betriebsgewinn ergeben», sagt Meyer.
Das Fernweh der Schweizer werde nicht einmal durch die Teuerung gebremst. «Die Leute buchen sehr viel, sie nehmen teilweise auch höhere Preise in Kauf», weiss Meyer. Die Menschen hätten während der Pandemie Geld gespart und gemerkt, dass ihnen das Reisen enorm gefehlt habe. Sie seien deshalb auch bereit, die jetzigen Preise zu zahlen.
Konkret: Die Kunden von Hotelplan Suisse geben für eine einwöchige Pauschalreise rund ums Mittelmeer in den kommenden Monaten durchschnittlich 5,2 Prozent mehr aus als vor einem Jahr. Gegenüber 2019 sind die durchschnittlichen Ausgaben um 6 Prozent höher.
Hotels sind teurer geworden
Gründe für die höheren Ausgaben seien einerseits die Inflation und die gestiegenen Flugpreise. Andererseits würden sich die Kunden mehr leisten wie beispielsweise eine höhere Hotelkategorie, ein Zimmer mit Meerblick, den Flug in der Businessklasse oder eine längere Aufenthaltsdauer, erklärt Meyer.
Der grösste Preistreiber seien dabei die Flugpreise. Diese würden nicht nur von den gestiegenen Treibstoffkosten, sondern auch von Angebot und Nachfrage in die Höhe getrieben. Die Nachfrage sei gross, die Flugkapazitäten seien aber nach wie vor nicht auf dem Level von 2019, sagt Meyer.
Die Hotelpreise hätten auch aufgeschlagen, aber es gebe noch günstige Angebote wie beispielsweise in der Türkei oder auf der tunesischen Insel Djerba. Die Türkei und Djerba gehören denn auch zu den beliebtesten Destinationen für den Sommer, genauso wie die griechischen Inseln oder Spanien. «Die Leute wollen in die Badeferien verreisen», sagt Meyer.
Nordamerika ist stark
«Auf der Langstrecke haben wir wieder einen ähnlichen Destinationsmix wie vor der Krise.» Nordamerika sei sehr stark. In Afrika laufen Destinationen wie Südafrika oder Tansania gut. Auch Asien komme zurück, insbesondere Thailand und Indonesien, sagt Meyer. «Auch Australien ist wieder da für den nächsten Winter.»
Nach dem Flugchaos vom letzten Jahr hoffe sie nicht, dass sich die Zustände wiederholten. «Grundsätzlich hatte man Zeit, sich vorzubereiten. Insofern sind wir optimistisch für dieses Jahr», sagt Meyer.
«Flughafen Zürich hat Mühe»
«Uns bereitet allerdings ein bisschen Sorge, dass der Flughafen Zürich operativ Mühe hat. Da kann aber der Flughafen Zürich nicht viel dafür», sagt Meyer. Das liege an der Sicherheitskontrolle, wo es zu wenig Personal bei der Kantonspolizei gebe. Das führe zu langen Schlangen.
Insgesamt sei erstaunlich, dass das Reiseverhalten von Privatpersonen nach dem Corona-Einbruch schon wieder recht ähnlich sei wie vor der Pandemie, sagt Meyer. So seien der Destinationsmix oder die Buchungsfristen wieder ähnlich wie vor der Krise.
Anders sehe das bei den Geschäftsreisen aus. «Dort wird weniger oft gereist. Und wenn man geht, bleibt man länger und kombiniert mehrere Termine. Statt einmal nach New York, einmal nach Boston und einmal nach Los Angeles zu fliegen, fliegt man einmal in die USA und macht eine Rundreise», sagt Meyer. Zudem seien die unternehmensinternen Geschäftsreisen stark reduziert worden.