Raiffeisen-CEO Heinz Huber sagt, wo es am Immobilienmarkt lang geht
Jetzt auf Saron oder lieber Festhypotheken setzen, Herr Huber?

Die Raiffeisen verzeichnet ein Rekordergebnis. Im Interview will Blick wissen, auf wessen Kosten, was nun mit den Zinsen passiert und welche Hypothek bei sinkenden Zinsen die beste ist.
Publiziert: 08.03.2024 um 00:09 Uhr
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Aktualisiert: 17.04.2024 um 18:25 Uhr
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Heinz Huber hätte allen Grund zum Strahlen: Raiffeisen erzielte 2023 ein Rekordergebnis.
Foto: keystone-sda.ch
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Christian KolbeRedaktor Wirtschaft

Der Himmel über dem Flughafen Zürich ist wolkenverhangen. Drinnen, in der mondänen Bürolandschaft des «Circle» am Flughafen Zürich strahlt dagegen Raiffeisen. Die Genossenschaftsbank hat im letzten Jahr mit 1,39 Milliarden Franken so viel Geld verdient, wie noch nie in ihrer Geschichte. Alleine mit dem Zinsgeschäft hat die Bank über eine halbe Milliarde Franken vorwärtsgemacht. Sie hat ihren Marktanteil ausgebaut, mit den Zinsen ein gutes Geschäft gemacht und sich hinter der Grossbank UBS als klare Nummer 2 auf dem Finanzplatz etabliert.

Blick: Herr Huber, bei diesem Ergebnis müssten Sie doch strahlen wie ein Maikäfer?
Heinz Huber: Raiffeisen ist bodenständig. Entsprechend heben wir auch nicht ab, wenn wir ein wirklich gutes Jahr hingelegt haben. Für das laufende Geschäftsjahr rechnen wir nicht mehr mit so einem guten Ergebnis. Die Zinsmarge hat sich bereits wieder verringert. Wir sind eben bescheiden, fast etwas demütig, wie ich es nenne.

Davor ist die Zinsmarge aber kräftig angestiegen. Wieso geben sie den Gewinn nicht an die Kunden weiter, etwa durch bessere Sparzinsen?
Wir haben letztes Jahr die Zinsen viermal erhöht. Die gestiegenen Zinsen geben wir mit etwas Verzögerung auch an die Kunden weiter. Zudem haben wir, als die Zinsen negativ waren, bei den Privatkunden von praktisch niemandem Negativzinsen verlangt.

Das hätten die meisten Kunden wohl kaum akzeptiert und wären gegangen.
Das ist schon so. Was passiert, wenn sie als Sparer Negativzinsen bezahlen müssen? Irgendwann sagen sie, es kommt mich eigentlich günstiger, wenn ich das Geld bei der Bank hole und unter die Matratze lege. Das darf unter keinen Umständen passieren.

Bald jährt sich der Untergang der Credit Suisse. Inwiefern hat Raiffeisen davon profitiert?
Wir haben Kunden dazugewonnen, sowohl Privat- als auch Firmenkunden. Aber schon vor dem Ende der CS war jedes dritte Unternehmen in der Schweiz bei Raiffeisen. Und von den 55’000 neuen Privatkunden hat auch nur ein kleiner Anteil von der CS zu uns gewechselt.

Die Nationalbank hat die Inflation im Moment im Griff. Wann werden die Zinsen wieder sinken?
Wir rechnen mit ersten Zinssenkungen im Herbst, eventuell sogar schon im Juni. Wichtig ist, dass die Nationalbank die Zinsen nicht zu früh senkt, damit sie noch etwas Spielraum hat.

Andererseits würde eine Zinssenkung den Franken schwächen und damit der Industrie helfen.
Die Nationalbank wird genau hinschauen, was andere Notenbanken tun. Der Aufwertungsdruck auf den Franken darf nicht zunehmen. Schon jetzt spüren die Exportindustrie und all ihrer Zulieferer die Wachstumsdelle in der Weltwirtschaft. Im Gespräch mit Firmenkunden sind vor allem der Auftragsbestand und der Bestellungseingang ein Thema.

Der unaufgeregte Banker

Heinz Huber (59) steht seit 2019 an der Spitze der Raiffeisen-Gruppe. Der Thurgauer hat es geschafft, nach den Vincenz-Turbulenzen wieder Ruhe in die Nummer zwei auf dem Finanzplatz zu bringen. Zuvor hatte Huber während vier Jahren die Thurgauer Kantonalbank geleitet. Seine Banklehre hat er bei der UBS absolviert.

Heinz Huber (59) steht seit 2019 an der Spitze der Raiffeisen-Gruppe. Der Thurgauer hat es geschafft, nach den Vincenz-Turbulenzen wieder Ruhe in die Nummer zwei auf dem Finanzplatz zu bringen. Zuvor hatte Huber während vier Jahren die Thurgauer Kantonalbank geleitet. Seine Banklehre hat er bei der UBS absolviert.

Und wie sieht es für die Gesamtwirtschaft aus?
Wir rechnen in diesem Jahr mit einem Wachstum von 0,8 Prozent. Das ist zwar nicht berauschend, aber auch keine Rezession.

Wie robust ist der Schweizer Immobilienmarkt?
Die Nettobelehnung unseres Wohn-Immobilienportfolios liegt bei 59 Prozent. Das erachte ich als sehr robust. Bei der Vergabe einer Hypothek rechnen wir mit einem kalkulatorischen Zins von 5 Prozent. Auch wenn die realen Zinskosten viel tiefer sind, empfehlen wir unseren Kunden, dieses Geld nicht auszugeben, sondern für die Amortisation ihrer Hypothek zu nutzen.

Wer kann sich heute überhaupt noch ein Eigenheim leisten?
Viele Leute haben heute Mühe, die Eigenmittelanforderungen zu erfüllen. Es macht mir Sorgen, dass ein Teil der Bevölkerung sich kein Eigenheim mehr leisten kann. Das ist eine ungesunde Entwicklung.

Die Zinsen dürften bald fallen. Was mache ich, wenn ich eine neue Hypothek abschliessen muss – Saron- oder Festhypothek?
Das ist sehr individuell und kommt auf ihre persönliche Risikoneigung an. Wir empfehlen immer einen Mix aus beidem und aus verschiedenen Laufzeiten …

… bringt das vor allem der Bank oder auch dem Kunden etwas? Mit den verschiedenen Laufzeiten bin ich auf ewig an meine Bank gebunden.
Dafür laufen Sie nicht das Risiko, dass Sie in Zeiten hoher Zinsen alles auf einmal erneuern müssen. Ich persönlich würde dieses Risiko nicht eingehen.

Werden Festhypotheken noch billiger?
Die Zinssätze richten sich nach dem Markt und den Erwartungen. Ein Teil der anstehenden Zinssenkungen ist schon eingepreist. Die Hypothekarzinsen dürften aber noch etwas weiter sinken. Eine Zeit lang waren Saronhypotheken mehr gefragt, das ändert sich wieder. Heute schliesst die Mehrheit unserer Kunden wieder eine Festhypothek ab.

Mit kürzeren Laufzeiten?
Ja, die Kunden suchen kürzere Laufzeiten. Wir spüren eine gewisse Zurückhaltung, sich länger zu binden. Aber ich denke, da steckt auch viel Wunschdenken dahinter. Zumal die Zinsen im historischen Vergleich immer noch sehr tief sind. Negativzinsen werden wir so schnell nicht wieder sehen.

Was lohnt sich heute wieder mehr – mieten oder kaufen?
«Kaufen» ist bei kürzeren Laufzeiten bereits wieder ähnlich attraktiv wie «mieten». Bis Jahresende dürfte «kaufen» insgesamt wieder attraktiver sein als «mieten».


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