Der Schweizer Franken ist ein «sicherer Hafen». Anleger kaufen ihn gerne in unsicheren Zeiten – in Zeiten wie jetzt. Deshalb ist der Franken derzeit mehr Wert als der Dollar und der Euro. Der Rubel, die Währung Russlands, ist eigentlich der Anti-Franken. Unsicher, international unbeliebt, aber derzeit trotzdem richtig stark.
Seit Anfang Jahr hat keine Währung so an Wert zugelegt wie der Rubel. Gegenüber dem Dollar hat sich die Währung um 40 Prozent aufgewertet! Aller Sanktionen zum Trotz. Und obwohl sich der Rubel-Wert kurz nach der Invasion Anfang März fast halbiert hatte. Wie konnte das passieren?
Nichts kommt rein ...
Russlands Präsident Wladimir Putin (69) nennt seine starke Währung gerne als Beispiel, weshalb die Sanktionen des Westens ihr Ziel verfehlen. Dies ist aber viel zu kurz gegriffen. Russland verzeichnet nämlich einen riesigen Nachfrage-Überschuss. In anderen Worten: Russland verkauft viel mehr Güter ins Ausland, als dass es importiert.
Die Importe ausländischer Waren sind nach der Invasion komplett eingebrochen. Aus Europa und anderen westlichen Staaten dürfen aufgrund verschiedenster Sanktionspaketen keine Güter oder Dienstleistungen mehr nach Russland verkauft werden.
... viel geht raus
Die Exporte sind allerdings ungebrochen hoch. Europa verkauft zwar nichts mehr nach Russland, dürstet aber nach Öl und Gas aus russischen Böden. Es resultiert eine positive Handelsbilanz aufseiten Russlands: Das Land verzeichnet viel mehr Exporte als Importe. Dies wertet die Währung massiv auf. Der Rubel wirkt stark, ist es aber nicht.
Die Währung wird nämlich stark gestützt. Russlands Präsident hat dafür verschiedenste Befehle erlassen. Zum Beispiel müssen Zahlungen von Gaslieferungen nach Europa über ein spezielles Konto direkt nach Eingang des Geldes in Rubel eingetauscht werden. Und Exporteure müssen die Hälfte ihrer Fremdwährungseinnahmen in Rubel eintauschen.
Schwächen Russen ihren Rubel selbst?
Jetzt wird Putin seine gestützte Landeswährung aber allmählich zu stark. Die russische Führung diskutiert offenbar Massnahmen, wie der (zu) starke Rubel nicht zum Risiko für die eigene Wirtschaft wird. Es sei zu befürchten, dass russische Unternehmen in Zukunft weniger investieren würden. Denn nicht nur der Rubel ist stark, auch die Zinsen sind hoch.
Russland sei bereit, mit Staatseinnahmen – etwa aus Öl- und Gasgeschäften – auf dem Devisenmarkt einzugreifen, so Finanzminister Anton Siluanow (59). Der russische Wirtschaftsminister Maxim Reschetnikow (42) hingegen bezweifelte, dass ein Eingriff in den Devisenmarkt das Problem lösen werde. So oder so: Es dürfte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die «Rubel-Bubble» platzt – ob von Russland gewollt oder nicht.