Die Gründer der Zürcher Laufschuh-Firma On stellen ihre Swissness gerne zur Schau. Doch wegen der Produktion in Vietnam soll das Unternehmen auf das Schweizerkreuz verzichten, wie Blick berichtete. Doch nicht nur On steht am Swissness-Pranger, auch eine Ostschweizer Schuhfirma rückt in den Fokus. Leserreportern ist das Schweizerkreuz auf den Schuhen deren Marke Joya ein Dorn im Auge. Denn Kybun-Joya aus Roggwil TG produziere in Südkorea. Ein Blick auf die Website von Joya Shoes belegt, dass viele Modelle ein kleines Schweizerkreuz im Design tragen.
«Ein vollständig schweizerischer Schuh ist gar nicht so einfach»
Claudio Minder (43), Mister Schweiz 2000 und inzwischen mit Kybun-Joya der «Schuhmacher der Nation», bestätigt gegenüber Blick: Die Joya-Schuhe werden zu 100 Prozent in Südkorea hergestellt. Doch einen Vergleich mit On lässt er nicht gelten: «Südkorea ist kein Billiglohnland, der Mindestlohn liegt höher als in Deutschland, und die Produktionskosten sind höher als in Italien, wo wir die Hälfte unserer Schuhmodelle der Marke Kybun herstellen.» Für eine Fertigung in Billiglohnländern seien die Produktionsmengen bei Joya ohnehin zu tief.
Dass die Joya-Schuhe dennoch in Asien hergestellt werden, habe einerseits mit der Markenhistorie zu tun. ETH-Ingenieur und Bewegungswissenschaftler Karl Müller III, dessen Sohn Karl Müller IV mit Minder heute das Familienunternehmen leitet, entwickelte in Südkorea seine revolutionäre Idee für Gesundheits-Schuhe.
Minder hält fest, dass es auch praktische Gründe gebe: «Da es in der Schweiz keine Schuhindustrie gibt, ist die Produktbeschaffung – die Rede ist von Leder, Ösen und mehr – in anderen Ländern deutlich einfacher.» Ingesamt arbeite Kybun-Joya mit 300 Lieferanten weltweit.
Der Standort Südkorea steht laut Minder aber zur Prüfung. In der Schweiz verfügt Kybun-Joya über einen Produktionsstandort in Sennwald SG, wo die eigenen Schuhe der Marke Kandahar (vollständig) und diverse Modelle der Marke Kybun gefertigt werden – weitere Kybun-Modelle werden in Italien gefertigt. In Sennwald wird laut Minder auch weiterhin kräftig investiert. Doch der Fachkräftemangel ebenso wie das Fehlen von Lieferanten macht eine Verlagerung der Produktionsstätten ins Land – und damit die Herstellung eines vollständig schweizerischen Joya-Schuhs – nicht so einfach.
Verschwindet das Schweizerkreuz bald bei Joya?
Laut David Stärkle (44), Rechtsanwalt und beim Eidgenössischen Institut für Geistiges Eigentum IGE für Rechtsfragen zuständig, ist Joya damit trotzdem nicht aus dem Schneider. Zumindest in Bezug auf die Schweizerkreuze auf dem Schuh. Bei Schweizer Industrieprodukten müssen nicht nur mindestens 60 Prozent der Herstellungskosten in der Schweiz anfallen, damit ein Schweizerkreuz zulässig ist, sondern auch der wesentliche Herstellungsschritt.
Bei Joya findet die Entwicklung durch Modelleure und Techniker tatsächlich in der Schweiz statt. Das erlaubt gemäss Stärkle aber nur zu einem Hinweis wie «Swiss Design», nicht aber zur Verwendung des Schweizerkreuzes im Design. «Die Regelung diesbezüglich ist seit 2017 in Kraft», hält Stärkle fest. Andere Unternehmen seien auf die Swissness-Vorgaben eingegangen. Den Fall von Joya nimmt er jetzt genauer unter die Lupe, kündigt Stärkle an. Er merkt in diesem Zusammenhang an, dass bei gewerbsmässigem Gebrauch unzutreffender Herkunftsangaben eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren drohe.