Pilotversuch mit Hautärzten und Apotheken
Blick löst das allererste E-Rezept in der Schweiz ein

Das ist eine kleine Premiere: Noch nie wurde in der Schweiz ein elektronisches Arztrezept eingelöst. Bis jetzt. Blick hat den allerersten Versuch gewagt. Mit Tücken, aber auch mit Erfolg.
Publiziert: 11.08.2022 um 12:20 Uhr
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Der Telemediziner betrachtet den Nagelpilz des Blick-Wirtschaftsredaktors.
Foto: Philippe Rossier
Christian Kolbe

Im Schweizer Gesundheitswesen gibt es noch viel zu viel Papier, die Digitalisierung ist in dieser Branche noch deutlich unterentwickelt. Doch bei einer Zettelwirtschaft beginnt heute Donnerstag der Anfang vom Ende – das Ende des klassischen Arztrezeptes in Papierform. Die Zukunft gehört dem elektronischen Rezept. Der Weg, bis dieses in der ganzen Schweiz einsetzbar ist, ist allerdings noch ein weiter.

Der erste Pilotversuch startet jetzt, in eingeschränktem Rahmen. Dazu braucht es Telemedizin, also die Diagnose aus der Ferne, etwas technischen Aufwand und Schulung beim Personal in den Arztpraxen und Apotheken.

Es klappt erstaunlich schnell

Ein Selbstversuch soll zeigen, ob das E-Rezept auch dem Patienten etwas bringt. Der Nagel meines grossen Zehs ist schon zweimal abgefallen, darunter sieht es eher unappetitlich aus, es juckt. Die möglichen Ursachen: exzessives Snowboardfahren oder ein Nagelpilz.

Schnell ein Bild mit dem iPhone gemacht und auf dem Telemedizin-Portal hochgeladen, dazu ein paar Angaben zu den Beschwerden. Tatsächlich: Rund vierzig Minuten später bin ich auf meinem Smartphone im Besitz der Diagnose und des allerersten E-Rezepts in der Schweiz – für einen speziellen Lack gegen Nagelpilz. Das Rezept kann ich nun elektronisch an eine Versandapotheke schicken oder vor Ort einlösen.

Und das nur ein einziges Mal. Damit schliesst sich auch ein juristischer Graubereich. Denn die oft per Mail verschickten PDF-Rezepte sind zwar auch bequem, liessen sich aber theoretisch mehrmals ausdrucken und bei verschiedenen Apotheken einlösen.

Hautärzte machen den ersten Test

Der Pilotversuch wird von Onlinedoctor durchgeführt, einem Anbieter für Teledermatologie. Dieser testet das elektronische Rezept in Zusammenarbeit mit den Versandapotheken Amavita und Sunstore und Anbietern von Apothekensoftware. Herzstück des E-Rezeptes ist ein QR-Code, der sämtliche Informationen zur Einlösung des Rezeptes enthält. Dazu gehören etwa der Name des Patienten, genaue Angaben zum Medikament und dessen Dosierung sowie die elektronische Unterschrift des Arztes. Das E-Rezept ist zudem an einigen ausgewählten Amavita-Standorten einlösbar.

Für Paul Scheidegger (60), Hautarzt aus Brugg AG, ist das elektronische Rezept das letzte Puzzleteil in der vollständigen digitalen Versorgung eines Patienten. «Das ist der Gamechanger. Das nimmt sehr viel Druck aus dem System. Das entlastet das medizinische Personal in der Arztpraxis wie auch in der Apotheke.» Auch der Nutzen für den Patienten liegt auf der Hand, das Rezept kann rund um die Uhr, auch am Wochenende, ausgestellt und bequem in der Versandapotheke eingelöst werden.

Einlösung im zweiten Anlauf

Der Dachverband der Apotheker, Pharmasuisse, beobachtet den Pilotversuch genau. Der Verband will bald mit eigenen Tests starten. Wann genau, ist offen, aber «geplant ist ein Versuch noch in diesem Jahr», wie es auf Anfrage von Blick heisst. «Wir wollen auf bestehenden Lösungen aufbauen, Schritt für Schritt Erfahrungen sammeln und dann das elektronische Rezept schweizweit ausrollen», erklärt Pharmasuisse.

Das macht Sinn, denn das grösste Risiko beim E-Rezept ist die Akzeptanz. Ein zweigleisiges System aus Zettelwirtschaft und elektronischem Rezept ist sowohl für Patienten als auch Apotheken langfristig zu mühsam und unpraktisch. «Die grösste Herausforderung wird sein, dass das elektronische Rezept flächendeckend in allen Apotheken einlösbar ist», so Pharmasuisse. Denn nur so komme der Mehrwert dieser Digitalisierung auch wirklich zum Tragen.

Mit dem allerersten Einlösen eines elektronischen Rezeptes klappt es denn auch erst im zweiten Anlauf. Und das auch nur, weil alle Angaben nicht nur im QR-Code gespeichert, sondern auch schriftlich auf meinem Handy festgehalten sind. Vergleichbar etwa mit dem Covid-Zertifikat des Bundes.

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