Der Kanton Aargau hat im Juli mit einer Mitteilung überrascht: Weil die Auslastung der Contact Tracer gesunken sei, verkleinere man das Team, hiess es. 140 Contact Tracer waren zuvor im Aargau tätig, neu sind es nur noch deren 40. Einige der Contact Tracer erhielten eine neue Stelle, andere haben von sich aus gekündigt. 15 Angestellte wurden entlassen.
Mittlerweile sind die Corona-Fallzahlen in der Schweiz wieder angestiegen. Gerade die Ferienrückkehrer schleppen die ansteckende Delta-Variante des Coronavirus häufig ein. 100 Corona-Fälle gehen vergangene Woche alleine im Aargau auf das Konto der Reiserückkehrer, wie die «Aargauer Zeitung» berichtet.
Da wäre eigentlich das Contact Tracing gefordert gewesen. Die angesteckte Person müsste in Isolation geschickt werden, die engen Kontaktpersonen in Quarantäne. Doch im reduzierten Aargauer Contact-Tracing-Team kam es zu einer peinlichen Panne.
Insider-Rapport belegt die Probleme
Die schriftlichen Quarantäneverfügungen wurden Ende Juli für die Zeitperiode von einer Woche gar nie verschickt! «Seit zwei Tagen sind keine Verfügungen mehr verschickt worden. Dies ist systemtechnisch bedingt. Die offenen Verfügungen werden nächste Woche versendet», steht in einem Rapport der Behörde vom 23. Juli, der der «Aargauer Zeitung» vorliegt. Fünf Tage später steht im Rapport: «Aufgrund von Anpassungen ist das Versenden von Verfügungen immer noch pausiert.»
Pikant: Ausgerechnet am 21. Juli – am Tag als die Probleme beim Versand erstmals aufgetreten sind – wurde die Belegschaft im Contact-Tracing-Center gemäss dem Zeitungsbericht über den massiven Stellenabbau informiert. Ob da ein Zusammenhang besteht?
Mitarbeiter: Keine Arbeitsmoral, geringe Motivation
Offenbar ist die Motivation im Team gering. Ein Contact-Tracing-Mitarbeiter, der anonym bleiben möchte, sagte der Zeitung: «Aufgrund der Umstände herrscht unter den Mitarbeitenden eine sehr grosse Unruhe und es ist bei vielen keine Arbeitsmoral und keine Motivation mehr vorhanden. Darunter leidet die Qualität des Contact Tracings enorm, was letztendlich der Pandemiebekämpfung und somit der Bevölkerung schadet.»
Der Mitarbeiter bestätigte, dass der Versand der Quarantäne- und Isolationsverfügungen bereits seit dem 21. Juli aufgrund von personellen und technischen Problemen pausiert worden sei. «Somit haben die Infizierten und ihre Kontaktpersonen nichts in der Hand, was sie dem Arbeitgeber zur Abrechnung mit der EO oder mit der Krankenversicherung vorlegen könnten», erläutert er. Dies sei verheerend, weil die betroffenen Personen deshalb ihren Lohn nicht rechtzeitig und/oder nicht in voller Höhe ausgezahlt bekämen.
So erklärt sich der Kanton Aargau
Blick hat beim Kanton Aargau nachgefragt. Hat sich der angesetzte Rotstift bei den Mitarbeitenden nun gerächt? «Nein», sagt Maria Gares, Sprecherin des Aargauer Gesundheitsdepartements (DGS). Die Probleme würden in «keinem Zusammenhang» mit dem Stellenabbau stehen. Sie erklärt die Panne so: «Aufgrund eines personellen Wechsels im Kantonsärztlichen Dienst, der die Verfügungen unterzeichnen muss, mussten administrative Dinge geändert werden.»
Maria Gares hält weiter fest: «Während maximal einer Woche konnten die formalen Verfügungen nicht verschickt werden.» Betroffene seien aber per SMS informiert worden und hätten umgehend alle notwendigen Verhaltensanweisungen und Informationen erhalten. Aufgestockt soll das Team in nächster Zeit nicht werden. «Das Kernteam besteht aus rund 40 Personen, unterstützt von rund 60 Contact Tracern auf Abruf», sagt Sprecherin Gares. «Damit können wir die derzeitigen Fallzahlen und auch steigende Fallzahlen problemlos bearbeiten.» (nim)