Panik zwar gestoppt – in der Schweiz gehts aber weiter runter
Fünf Lektionen aus dem Börsen-Beben

Nach heftigen Verlusten an den globalen Börsen gehts mit dem SMI weiter bergab – zu Mittagszeit gib der Schweizer Leitindex wieder 0,7 Prozent nach. Blick zeigt, was wir bisher aus den Turbulenzen der letzten Tage lernen können.
Publiziert: 06.08.2024 um 12:53 Uhr
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Aktualisiert: 06.08.2024 um 14:35 Uhr
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Nach dem erneuten Ausverkauf am Montag stellen sich die Börsenhändler am Dienstag auf einen ruhigeren Tag ein. Doch welche Lektionen können wir aus den Turbulenzen mitnehmen?
Foto: Bloomberg via Getty Images
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Gabriel KnupferRedaktor Wirtschaft

Nach dem chaotischen Montag hat sich der Pulverdampf etwas verzogen. Der Schweizer Leitindex SMI steht am Dienstagmittag zwar 0,7 Prozent im Minus. Doch ein weiterer Absturz ist bisher ausgeblieben.

Trotzdem ist die Entwicklung in der Schweiz enttäuschend. Denn die japanische Börse erlebte nach dem gestrigen Crash den besten Tag der Geschichte und holte einen Grossteil des Verlustes wieder auf. Nun warten die Märkte auf die Börsen in den USA, die die weitere Entwicklung vorgeben werden. In New York beginnt der Handelstag um 15.30 Uhr Schweizer Zeit.

Doch das Börsen-Beben kam nicht aus dem Nichts. Insgesamt wurden in den letzten drei Wochen 6,4 Billionen Dollar an Börsenwert vernichtet, wie die Agentur Bloomberg schrieb. Diese fünf Lektionen können wir aus den jüngsten Turbulenzen mitnehmen:

1

Die Börsen überschiessen gern

Das Börsen-Beben wurde durch Sorgen um die amerikanische Wirtschaft und die starke Aufwertung des japanischen Yen ausgelöst. Dazu kommt die Angst vor einer Eskalation im Nahen Osten. Doch für Jan-Egbert Sturm (55) ist klar: «Unsicherheiten führen an der Börse gern zu einer Überreaktion.»

Nun müsse man abwarten, ob die Kurstaucher der Märkte anhand der wirtschaftlichen Entwicklung gerechtfertigt waren oder ob sie überreagiert haben, so der Direktor der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETH Zürich im Gespräch mit Blick.

Zumindest in Japan ist der Fall klar: «Da das Ausmass des gestrigen Kursrückgangs in Japan viel grösser war als in Europa und den USA, erkennen die Marktteilnehmer nun, dass die gestrige Korrektur in Japan übertrieben war», sagte ein Marktstratege in Tokio der Wirtschaftsagentur Bloomberg.

2

Investiere langfristig und vorsichtig

Die starke Gegenbewegung nach dem Absturz in Japan zeigt es einmal mehr: Panische Verkäufe aus Herdentrieb führen direkt ins Desaster. Wer gestern angesichts des Crashs verkaufte, verpasste die heutige Erholung um 10 Prozent.

Schlimm ist ein Absturz für Kleinanleger, die Aktien auf Pump gekauft haben. Sie können bei einem Kurssturz wie gestern in Japan gezwungen sein, zu verkaufen, wenn sie kein Geld nachschiessen können. Es gibt Hinweise darauf, dass solche Zwangsverkäufe gestern den japanischen Crash befeuerten. Von Aktienkäufen auf Kredit ist deshalb in jedem Fall dringend abzuraten.

Auch in der Schweiz gilt: Wer auf lange Sicht investiert, muss vor grösseren Abstürzen keine Angst haben. So erlitt der SMI mehrfach Einbrüche von über 50 Prozent, die wieder aufgeholt wurden. Nach der Finanzkrise ab 2007 dauerte es aber über zehn Jahre, bis der alte Höchststand wieder übertroffen wurde.

3

Die Zweifel an der US-Wirtschaft wachsen

Es ist offensichtlich, dass mit der Weltwirtschaft nicht alles zum Besten steht. «Die jüngsten Zahlen zur US-Konjunktur zeigen in den letzten Wochen eine deutliche Verlangsamung an», schreibt die Unternehmensberatung Wellershoff & Partners in einer Markteinschätzung. Und wenn die USA als wichtigste Volkswirtschaft schwächeln, können sie die ganze Welt mit nach unten ziehen.

Nun stellt sich die Frage, ob die Notenbank Federal Reserve nicht den Zeitpunkt für die Zinssenkung verpasst hat. Ein tieferer Leitzins würde der Wirtschaft einen Schub geben. Doch auch hier bleibt Sturm gelassen. Es sei zu früh, um von einer drohenden Rezession in den USA zu sprechen. «Die etwas schlechteren Arbeitsmarktzahlen sind aber noch kein Grund, direkt schwarzzumalen.»

4

Das Versprechen der künstlichen Intelligenz verblasst

Ein weiterer Auslöser der Verkäufe waren Zweifel an den Gewinnerwartungen, die mit dem Boom der künstlichen Intelligenz (KI) verbunden sind. So warnte kürzlich Jim Covello, der Chefanalyst bei der Investmentbank Goldman Sachs, dass sich die gewaltigen Investitionen der Firmen in KI möglicherweise niemals auszahlen würden.

Nvidia verlor am Montag 6,4 Prozent. Und in den vergangenen drei Wochen ging es für den Chipkonzern um 30 Prozent nach unten. Dabei war Nvidia noch im Juni kurzzeitig zum wertvollsten Unternehmen der Welt aufgestiegen. Auch Intel und Amazon, die in der letzten Woche hohe Investitionen in KI ankündigten, mussten in den letzten Tagen herbe Verluste hinnehmen.

5

Die Schweiz hält dem Sturm stand

Auch die Schweizer Börse erlebte zwei äusserst schwache Handelstage. Der Leitindex SMI verlor am Freitag 3,6 Prozent und am Montag 2,8 Prozent. Alle Titel verloren, UBS, Partners Group, ABB, Sika und Logitech sogar über 10 Prozent. Der ganz grosse Ausverkauf blieb aber aus. Dafür kam es am Dienstag bisher auch nicht zu einer Erholung.

Doch konjunkturell sieht es nicht schlecht aus: Zwar leiden die Exportfirmen unter der erneuten Aufwertung des Frankens. Doch die Bauwirtschaft und die Dienstleistungen laufen laut Sturm gut. «Die Schweizer Wirtschaft zeigt sich einmal mehr widerstandsfähig», ist der KOF-Direktor überzeugt.

Natürlich ist die Schweiz als offene Volkswirtschaft von globalen Verwerfungen immer mitbetroffen. Zumindest im Inland ist von einer Krise aber bisher wenig zu spüren.

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