Die Inflation ist da. Acht Prozent beträgt sie in den USA, fünf Prozent in der EU. Auch in der Schweiz ist die Teuerung mit 2,2 Prozent bereits über das Zielband der Schweizerischen Nationalbank (SNB) geschossen.
Doch SNB-Direktor Thomas Jordan (59) erhöht die Zinsen nicht. Minus 0,75 Prozent – das ist Weltrekord. Und schlecht für Mieter, die immer mehr fürs Heizen blechen.
«Der Hammer kommt mit den Nebenkosten», sagt Donato Scognamiglio (52), Chef der Immobilienberatungsfirma Iazi. «Sie können problemlos um 30 Prozent steigen.»
Auch Hauspreise schiessen weiter ungebremst in die Höhe. Die SNB gibt das Signal: Der Boom kann weitergehen! Scognamiglio warnt Hausbesitzer aber: «Freut euch nicht zu früh!» Denn auch Eigentümer heizen. Und Preise für Holz und Stahl ziehen ebenfalls markant an. Das heisst: Unterhalts- und Nebenkosten steigen, Sanierungen werden teurer.
Damit nicht genug: «Bei den langen Laufzeiten ist die Zinswende schon da», sagt Scognamiglio. Der Grund: Die SNB steuert zwar die kurzfristigen Zinsen, die langfristigen aber macht der Kapitalmarkt. Und dort sind die Zinserwartungen schon längst gestiegen. Mit der Folge, dass die von den Banken im Internet publizierten Angebote bereits nach oben schnellen.
Zwei-Prozent-Marke geknackt
Was vor drei Wochen niemand für möglich hielt, ist heute Realität: Immer mehr Anbieter überschreiten die Zwei-Prozent-Marke. Die Credit Suisse bietet zehnjährige Hypotheken für 2,1 Prozent an, Raiffeisen verlangt 2,06 Prozent.
Wer jetzt erneuern muss oder frisch abschliesst, zahlt bereits deutlich mehr.
Unterhalt, Sanierungen, Festhypotheken: Die Kosten für Eigentümer steigen. «Damit rückt die Tragbarkeit ins Zentrum», sagt Scognamiglio. Und da hilft auch die Tiefzinspolitik der Nationalbank nicht mehr weiter. «Wichtig ist nicht, wie lange die SNB durchhält, sondern dass die Hausbesitzer durchhalten», so der Immobilienexperte.
Die Zinswende ist also bereits eingeläutet – wann zieht die SNB nach? «Sie könnte bis Ende Jahr reagieren», sagt Adriel Jost (36), Chef des Beratungsunternehmens WPuls. «Das ist durchaus realistisch.»
Die Armen trifft es immer zuerst
Denn die Inflation sei auch hierzulande immer breiter abgestützt und flache so schnell nicht wieder ab. «Sie zu bekämpfen, wird wichtiger als den Franken zu schwächen.» Tatsächlich erhöhen viele Anbieter jetzt die Preise. «Beim Hausrat und in den Restaurants sind sie bereits so stark gestiegen wie seit 25 Jahren nicht mehr», stellt Jost fest.
Und das macht Prisca Birrer-Heimo (63) misstrauisch: «Wir sehen Preissteigerungen auf breiter Front», sagt die Präsidentin der Stiftung für Konsumentenschutz. «Es geschieht stets mit dem Hinweis auf höhere Beschaffungskosten. Aber trifft das tatsächlich immer zu?»
Der Preisüberwacher und die Wettbewerbskommission müssten jetzt genau hinschauen, so Birrer-Heimo: «Wer nutzt die Situation aus? Wo gibt es Absprachen bei den Preisen?» Nach ihrer Einschätzung müsse es nun um den Schutz der Schwachen gehen – ob bei den Nebenkosten, im Restaurant oder im Kleiderladen: «Die mittleren und tiefen Einkommen trifft es immer zuerst.»