Nicht alles ist ein Mangel
Diese sechs Miet-Mythen solltest du kennen

Wenn die Wohnung nicht wie versprochen genutzt werden kann, muss die Miete runter. Für die Mieterinnen und Mieter gibt es dabei aber einiges zu beachten.
Publiziert: 08.07.2024 um 16:07 Uhr
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Aktualisiert: 08.07.2024 um 16:54 Uhr
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Beim Anspruch auf Mietreduktion wegen mietrechtlicher Mängel müssen Mieterinnen und Mieter einige Mythen hinter sich lassen.
Foto: Getty Images
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Norina Meyer
Beobachter

Was hat ein schimmliger Keller mit einem pöbelnden Nachbarn zu tun? Was haben Bettwanzen mit einem defekten Lift gemeinsam? Eine laute Rockerbar mit Baustaub?

Es sind unter Umständen alles mietrechtliche Mängel. Mieterinnen und Mieter können verlangen, dass sie in Ordnung gebracht werden. Und müssen weniger Miete bezahlen, bis es so weit ist. Doch vorher müssen sie ein paar Mythen hinter sich lassen. 

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Mythos 1: «Was mir nicht passt, ist ein Mangel»

Altmodischer Spannteppich, Siebzigerjahre-Tapete, ausgeblichene Storen: Sie schaffen es zwar nicht in ein Hochglanzmagazin für Innenarchitektur – aber rechtlich gelten sie nicht als Mangel.

Ansprüche stellen können Mieterinnen und Mieter erst, wenn sie ihre Bleibe nicht mehr wie versprochen nutzen können. Anders ausgedrückt: wenn der Ist-Zustand vom vertraglich geschuldeten Soll abweicht. Leichte Abweichungen muss man allerdings hinnehmen – wenn etwa der Tumbler für einen Tag aussteigt. Oder man muss sich selbst darum kümmern, zum Beispiel, wenn der Siphon verstopft ist. 

Mythos 2: «Es genügt, den Defekt zu melden»

In einem ersten Schritt musst du den Mangel melden, das ist korrekt. Am besten tust du das möglichst rasch. Wenn die Vermieterschaft auf den Anruf oder die Mail nicht bald reagiert, doppelst du per Einschreiben nach.

Es ist wichtig, zu beschreiben, inwiefern du im Gebrauch der Wohnung gestört bist. Zeige auf, dass du deiner Ansicht nach zu viel bezahlst für das, was du aktuell bekommst. Das ist wichtig, denn der Anspruch auf eine herabgesetzte Miete beginnt erst, wenn du die Vermieterschaft darüber in Kenntnis setzt.

Hinzu kommt: Es liegt an dir, die Störungen zu beweisen. Das mag bei einem defekten Geschirrspüler relativ einfach sein. Aber wie beweist du das dumpfe Klopfen aus dem Rohr, das dich nachts immer weckt? Oder den bestialischen Gestank beim Gartensitzplatz? Oder dass es im Schlafzimmer im Sommer gefühlt 100 Grad heiss wird?

Mobilisiere deinen inneren Sherlock und sammle Beweise. Mach Fotos, Videos oder ein Störungsprotokoll.

Mythos 3: «Der Vermieter kann gar nichts dafür»

Wenn Mieterinnen und Mieter zum Beispiel wegen einer lauten Baustelle in der Nachbarschaft reklamieren, winken viele Vermieter ab. Sie könnten ja schliesslich nichts dafür und hätten keinen Einfluss darauf. Aber: Vermieter müssen die Miete reduzieren, auch wenn sie kein Verschulden am Mangel haben. Sie müssen nicht einmal die Möglichkeit haben, etwas daran zu ändern.

Eine Reduktion gibts deshalb auch, wenn die Baustelle oder der Nachbar von nebenan lärmt. Nicht zu einer reduzierten Miete berechtigt sind Mieterinnen und Mieter, wenn sie den Defekt selbst verschuldet haben oder auf eigene Faust beseitigen müssen. Bei einer defekten Glühbirne oder beim hausgemachten Kratzer im Parkett bleibt der Mietzins also gleich. 

Mythos 4: «Es stört mich besonders, also bekomme ich mehr Reduktion»

Wie stark man unter dem defekten Tumbler oder dem schimmligen Keller leidet, spielt grundsätzlich keine Rolle. Denn auf die subjektive Sicht kommt es nicht an.

Relevant ist einzig, ob und in welchem Ausmass die Mietwohnung objektiv weniger wert ist als versprochen. Mit Gefühlsduseleien und Empfindlichkeiten kommst du also nicht weiter.

Ein Beispiel: Weil der Lift defekt ist, kann die 90-Jährige vom fünften Stock kaum mehr aus dem Haus. Ihr Reduktionsanspruch ist aber grundsätzlich nicht höher als der des jungen Sportstudenten in der identischen Wohnung neben ihr. Anders sieht es aus, wenn ihr die Räume als Alterswohnung vermietet wurden.

Mythos 5: «Man kann den Anspruch exakt ausrechnen»

Um wie viel die Miete reduziert werden muss, ist schwer zu sagen. Es gibt keine Formel und kein Tool, das den Betrag errechnet. Im Streitfall muss sich ein Gericht mit der Frage befassen, wie viel weniger die gemieteten Räume wert sind. Oder: inwiefern das, was der Vermieter vertraglich versprochen hat, vom jetzigen Zustand abweicht.

Das Gericht entscheidet nach seinem eigenen Ermessen. Um eine ungefähre Idee zu bekommen, kann man aber Gerichtsentscheide in ähnlichen Fällen heranziehen. Wenn im Winter die Heizung kaputtgeht und die Mietwohnung nur zwischen 15 und 20 Grad warm wird, kannst du von einer Reduktion von 20 Prozent ausgehen. 

Mythos 6: «Ich kann ja einfach weniger Miete zahlen»

Wenn die Vermieterschaft nicht auf Forderungen reagiert, ist es verlockend, das Heft gleich selbst in die Hand zu nehmen. Wer sich etwa über die laute Rockerbar ärgert, könnte einfach weniger Miete überweisen. Der Streit um die Reduktion wäre mit einem Klick erledigt – ohne Schlichtungsgesuch, ohne Gerichtstermin.

Ratsam ist dieses Vorgehen aber nicht. Denn wenn du etwas zu viel reduzierst, befindest du sich mit der Miete im Verzug. Und damit riskierst du eine Kündigung.

Am besten zahlst du den gesamten Mietzins und forderst ihn – zumindest teilweise – nachträglich zurück. Teile der Vermieterschaft in der Rüge gleich mit, dass du die künftigen Mieten nur unter dem Vorbehalt zahlen und dass du sie später wieder einforderst.

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