Lockdown, Homeoffice und die Angst davor, mit Maske in einem überfüllten Bus oder Zug zu reisen: All das hat die Zahlen im öffentlichen Verkehr einbrechen lassen. Das Problem: Die Erholung kommt nur schleppend voran, die Auslastung ist immer noch deutlich tiefer als in den Zeiten vor Corona.
Das Ergebnis: In den Kassen der ÖV-Betriebe klaffen immer tiefere Löcher. Auch deshalb, weil sich viele Abo-Besitzer überlegen, ob sie ihre Jahreskarten auch wirklich erneuern sollen. Denn mit Homeoffice und den Unwägbarkeiten des weiteren Pandemieverlaufs ist unklar, ob sich diese Abos auch tatsächlich rechnen werden.
Test im Aargau und Solothurn
Bislang haben bereits bezahlte Abos einen Teil der Löcher gestopft, doch das ändert sich nun. Das heisst, die ÖV-Betreiber müssen sich etwas einfallen lassen, damit die Kunden in Busse, S-Bahnen oder Trams zurückkehren. Wie das gehen könnte, wird ab dem 1. September im Tarifverbund A-Welle getestet, wie die «NZZ am Sonntag» schreibt. Zur A-Welle gehören Teile der Kantone Aargau und Solothurn.
Die Idee: Der Kunde muss nicht mehr als einen bestimmten Betrag – in Abhängigkeit von der Pendelstrecke – bezahlen, die Kosten werden plafoniert. Dabei kommt die Technologie des Schweizer Informatikunternehmens Fairtiq zum Zug, die auch in der SBB-App den Fahrpreis berechnet.
Gutschrift für Mehrfahren
Und so funktioniert der Test, der vorerst über sechs Monate läuft: Über ihre App erfassen die ÖV-Passagiere ihre Fahrten, bezahlen zunächst täglich den günstigsten Preis. Ist ein Monat um, zieht die App Bilanz: «Wer mehr gefahren ist, als ihn ein A-Welle-Abo gekostet hätte, dem stellt die App nur den Preis eines Abos in Rechnung. Für die zu viel bezahlten Billette erhalten Kundinnen und Kunden eine Gutschrift, die sie ab dem Folgemonat verbrauchen können», beschreibt die «NZZ am Sonntag» den Kern der Idee.
Um bisherige Abo-Kunden, die bereits im Voraus bezahlt haben, nicht zu benachteiligen, kommt im Testbetrieb der A-Welle ein Zuschlag von zehn Prozent dazu. «Als Kunde der A-Welle bezahlt man dank des neuen Angebots aber nie mehr als den Abo-Preis plus zehn Prozent», erklärt Fairtiq-Geschäftsführer Gian-Mattia Schucan in der Zeitung.
Konkret: Bei einem Zweitklasse-Abo für eine bis zwei Zonen seien das zum Beispiel 91 Franken plus 9.10 Franken. Dank des Kostendachs sind die ÖV-Kosten so auch für Pendler und Passagiere planbar, die sich noch nicht wieder zum Kauf eines Abos durchringen können.
Eine Idee, die Schule machen könnte: «Auch andere Unternehmen in der Branche machen sich Überlegungen zu neuen und flexibleren Abo- und Billettformen», erklärt Fairtiq-Chef Schucan. (koh)