Julian A. gestrandet im Wallis
Versicherer findet nach Panne kein Ersatzauto

Ein Fotograf erleidet auf einer Geschäftsreise im Kanton Wallis eine Autopanne. Die Versicherung kann ihm kein Ersatzauto stellen. Schuld ist die coronabedingte Mietauto-Knappheit. Wer Pech hat, muss auf Zug und Bus umsteigen.
Publiziert: 12.08.2021 um 01:10 Uhr
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Aktualisiert: 12.08.2021 um 11:52 Uhr
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Julian A. (l.) hatte Anfang August in Crans-Montana im Wallis eine Autopanne.
Foto: Sarah Frattaroli
Sarah Frattaroli

Julian A.* (29) war Anfang August geschäftlich im Kanton Wallis unterwegs. Er ist Fotograf, musste von Crans-Montana VS nach Bürchen VS. Doch dann, im dümmsten Moment, sprang sein Auto plötzlich nicht mehr an. Julian A. und seine Kollegen versuchten zu überbrücken, fuhren noch einige Kilometer weiter. Dann ging schon wieder nichts mehr.

Er bot den Pannenservice auf. Die Diagnose: kaputter Alternator. Das ist jenes Teil, das dafür sorgt, dass der Motor die Batterie auflädt. Ist der Alternator kaputt, hilft alles Überbrücken nichts. Die Batterie entlädt sich sofort wieder.

Das defekte Teil lässt sich nicht einfach am Strassenrand austauschen. Das Auto muss abgeschleppt werden. Julian A. hängt sich ans Telefon, spricht mit der Versicherung. Versucht, ein Ersatzauto aufzutreiben. «Erst hiess es: Kein Problem, ihr kriegt ein Mietauto als Ersatz.»

Steigende Preise, knappes Angebot

Einige Stunden später dann die Hiobsbotschaft. Sämtliche Mietautos in der Region sind ausgebucht, teilt die Zurich Versicherung ihm mit. Das hängt einerseits mit den Sommerferien zusammen. Julians geschäftlicher Aufenthalt im Wallis fällt mitten in die Schulferienzeit. Andererseits ist aber auch die Corona-Pandemie für die Knappheit verantwortlich.

Viele Autovermieter gerieten aufgrund der Pandemie nämlich in finanzielle Nöte. Um zu überleben, verkleinerten sie weltweit ihre Flotten. Nun zieht der Tourismus wieder an. Und die Nachfrage nach Mietautos übersteigt das Angebot deutlich. Die Folge: steigende Preise. Und eben ein knappes Angebot.

Europcar, die laut eigenen Angaben grösste Autovermieterin der Schweiz, bestätigt den Engpass gegenüber Blick: «Wir haben reagiert und den Flottenbestand erhöht.»

Mehrere Hundert Franken für ein Taxi

Für Julian A. kam das zu spät. Immerhin: Die Versicherung gab grünes Licht für ein Taxi. Kostenpunkt: mehrere Hundert Franken. Julian A. wäre auch auf Zug und Bus umgestiegen, wie er selber betont. Nur: Mit dem ÖV hätte die Fahrt quer durchs Wallis doppelt so lange gedauert. «Wir waren eh schon knapp dran für unseren nächsten Termin.»

Versicherungen kommt die Mietauto-Knappheit also teuer zu stehen. Die Zurich Schweiz kann sich zum Einzelfall nicht äussern. Eine Sprecherin lässt lediglich ausrichten: «Es ist uns bekannt, dass im In- wie auch im Ausland die Nachfrage nach Mietfahrzeugen die Verfügbarkeit zum Teil übersteigt. Zurich Schweiz versucht im Einzelfall mit geeigneten Lösungen die Mobilität der Kunden und Kundinnen sicherzustellen.»

Ob es weitere Fälle wie jenen von Julian A. gab, lässt Zurich auch auf mehrmaliges Nachfragen unbeantwortet. Etwas weniger zugeknöpft gibt sich der TCS.

Mietautos kosten 50 Prozent mehr

Fälle aus der Schweiz sind der Sprecherin Sarah Wahlen nicht bekannt. Probleme stellen sich vielmehr in den typischen Feriendestinationen wie Spanien, Griechenland oder Portugal. «Man kriegt dort noch Mietautos. Aber zu hohen Preisen. Sie kosten bis zu 50 Prozent mehr als in anderen Jahren.»

Im Pannenfall wägt die Versicherung also ab, ob sich die Miete eines derart teuren Ersatzautos lohnt. Oder ob die Betroffenen mit ÖV und Taxi weiterfahren, wie im Fall von Julian A. «Wenn die Betroffenen gerade auf einem Roadtrip sind, ist das etwas anderes, als wenn sie das Auto nur für einen Tagesausflug brauchen. Den kann man unter Umständen auch mit dem Taxi machen», erklärt TCS-Sprecherin Sarah Wahlen.

Für den Versicherten kann die Mietauto-Knappheit im Einzelfall aber sogar für eine schöne Überraschung sorgen. «Wenn die Mittelklasseautos ausgebucht sind, kriegen die Leute schlussendlich vielleicht ein Upgrade auf ein höllentolles Auto und freuen sich darüber!»

Höllentoll heisst aber auch höllenteuer. Der Aufpreis bleibt an der Versicherung hängen. Und die angespannte Situation bleibt laut TCS-Schätzungen noch bis in den Herbst bestehen. So prekär, dass die Versicherer dadurch in finanzielle Nöte geraten, ist die Mietauto-Knappheit aber nicht.

In vier von fünf Fällen kann eine Autopanne nämlich am Strassenrand gelöst werden. Der Versicherte fährt mit dem eigenen Auto weiter. Und der Versicherung bleibt die teure Suche nach einem Ersatzauto erspart.

* Name von der Redaktion geändert

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