Nach zwölf Jahren in der Versenkung ist der einstige UBS-Bruchpilot Marcel Rohner (57) zurück auf der grossen Bühne. Völlig überraschend wählte ihn die Bankiervereinigung am Mittwoch zu ihrem Präsidenten. Der Mann, dessen Name untrennbar mit der grössten Bankenkrise der Schweiz verbunden ist, wird damit der oberste Bankenvertreter des Landes.
Ganz weg aus Finanzbranche war Rohner nie, doch seit seinem unfreiwilligen Abgang bei der UBS spielt er zwei Ligen tiefer. Er ist Vizepräsident der Genfer Privatbank UBP, einem mittelgrossen Vermögensverwalter. Und er sitzt im Verwaltungsrat der Helvetischen Bank, deren Bilanzsumme rund 2000 mal kleiner ist als jene der UBS.
Die SVP-Connection mit Matter und Aeschi
Gewichtig sind aber die Köpfe hinter dem Mini-Institut: Die Helvetische Bank ist eine SVP-Hochburg. Gründer ist SVP-Nationalrat Thomas Matter (55), mit Thomas Aeschi (42) sitzt auch der SVP-Fraktionschef im Verwaltungsrat. Matter betont zwar, die VR-Mitglieder seien allein wegen ihrer fachlichen Kompetenz ausgewählt worden. Der VR sei kein politisches Gremium.
Doch mit seinen finanzpolitischen Positionen liegt Matter stramm auf Parteilinie: Das Rahmenabkommen mit der EU lehnt er ab. «Für die Inlandbanken würde es einen massiven Regulierungsschub bedeuten», sagt er. «Die Grossbanken brauchen es nicht, sie haben Niederlassungen im Ausland.»
Damit vertritt er eine fundamental andere Position als die Bankiervereinigung. Der abtretende Präsident Herbert Scheidt (70) und Geschäftsführer Jörg Gasser (52) peilen ein Finanzdienstleistungsabkommen mit der EU an. Dafür braucht es das Rahmenabkommen. Auch das von der SVP bekämpfte CO2-Gesetz unterstützt der Verband.
Kommt es zur Zerreissprobe?
Wie verträgt sich Rohners Mandat bei der Helvetischen Bank mit seinem neuen Job? Steuert die Bankiervereinigung auf eine Zerreissprobe zu wie der Versicherungsverband? Dessen Präsident Rolf Dörig (63) ist SVP-nah und ein vehementer Gegner des Rahmenabkommens. Das führte im letzten Herbst zum Knall: Aus Protest gegen Dörig trat Axa Winterthur, die Nummer 2 der Schweiz, aus dem Verband aus.
Öffentlich äussern will sich Rohner erst mit dem offiziellen Amtsantritt im September. Die Bankiervereinigung betont, dass er keiner politischen Partei angehöre. Nicht der Präsident, sondern der Verwaltungsrat als Ganzes entscheide über die politische Positionierung, sagt Sprecherin Monika Dunant.
Rohner wird sich erklären müssen
Als Präsident der Vereinigung der Vermögensverwaltungsbanken (VAV) habe sich Rohner zudem für das Rahmenabkommen mit der EU ausgesprochen. Tatsächlich bedauerte Rohner im Vorwort zum Jahresbericht 2019, dass bei diesem Dossier Stillstand herrsche.
Als oberster Banker wird sich Rohner erklären müssen. Bislang fiel er nicht durch markige Voten auf. Sein Problem in der UBS-Krise war eher fehlende Leadership. Das kann er sich in seinem neuen Job nicht leisten.