Neue Unia-Studie zur Lohnschere in der Schweiz
Soll der Chef wirklich 139 Mal mehr verdienen?

Während in der Schweiz für die meisten die Reallöhne sinken, bleiben die Unternehmensgewinne und Kapitalausschüttungen an Aktionäre hoch. Das zeigt eine Studie der Gewerkschaft Unia. Diese will bald mit einer Demo ein Zeichen für generelle Lohnerhöhungen setzen.
Publiziert: 30.08.2023 um 10:33 Uhr
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Aktualisiert: 31.08.2023 um 07:46 Uhr
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Unia-Präsidentin Vania Alleva fordert höhere Löhne für alle.
Foto: Katja Signer
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Jean-Claude RaemyRedaktor Wirtschaft

Strom, Mieten, Nahrungsmittel: Das Leben in der Schweiz verteuert sich. Das können nicht alle Schweizerinnen und Schweizer problemlos absorbieren. Insbesondere nicht, wenn deren Löhne nicht an die Teuerung angeglichen werden.

Laut der Gewerkschaft Unia waren die Lohneinbussen in den vergangenen zwei Jahren besonders heftig. «Bloss die grossen Uhrenfirmen haben die Teuerung ausgeglichen, und dies nur dank zwingender GAV-Bestimmungen», sagt Unia-Präsidentin Vania Alleva (54). Eine weitere Einbusse des Reallohns wird auch 2024 erwartet.

Riesige Lohnschere

Ein besonderer Dorn im Auge der Unia ist dabei die wachsende Lohnungleichheit. Diese dokumentiert die Gewerkschaft anhand ihrer neusten, jährlichen «Lohnscheren-Studie». 37 mehrheitlich börsenkotierte Schweizer Konzerne wurden dabei untersucht. Beim Verhältnis zwischen dem höchsten und dem tiefsten bezahlten Lohn – eben der Lohnschere – tun sich Welten auf.

In den untersuchten Unternehmen beträgt die Lohnschere 2022 im Schnitt bei 1:139. Sprich: Der Topverdiener erhält 139 mal mehr Lohn als der einfachste Arbeitnehmer. Die höchste Lohnschere gibt es beim Pharmakonzern Roche, mit 1:307. Ein Tieflohnarbeiter müsste dort 25 Jahre arbeiten, um einen Monatslohn des 2022 noch amtierenden CEO Severin Schwan zu verdienen, rechnet die Unia vor.

Die zehn Unternehmen mit der schon zuvor grössten Lohnschere haben diese weiter geöffnet, auf neu 1:208. Insgesamt ist die Lohnschere aber leicht unter dem Niveau von 2021.

Das Geld wandert nach oben

Das besänftigt Alleva nicht: «Diese zunehmende Lohnungerechtigkeit in den Top-Konzernen ist empörend.» Zumal die tiefsten 10 Prozent der Löhne laut Unia in den letzten sieben Jahren massiv gesunken seien. In vier von fünf der untersuchten Unternehmen liegen die jeweils tiefsten Löhne unter der Tieflohnschwelle von 4102 Franken – und damit inflationsbereinigt unter dem Niveau des Jahres 2017.

Dem gegenüber stehen happige Lohnsteigerungen in den Teppichetagen. So durfte 2022 der CEO von Sika einen Lohnsprung von 54 Prozent einheimsen, jener von Straumann von 26 Prozent und jener von ABB von 19 Prozent. Deutlich gestiegen seien auch die Dividendenausschüttungen, um über 2,5 Milliarden Franken auf insgesamt knapp 44 Milliarden Franken.

«Die Unternehmen verteilen ihre Super-Profite von unten nach oben, ans Top-Management und ans Aktionariat», schreibt die Unia in ihrer Studie. Dass Arbeitgeber das wirtschaftlich schwierige Umfeld und knappe Gewinnmargen ins Feld führen, um tiefe Löhne zu rechtfertigen, sei unverschämt.

Mindestens 4500 Franken Lohn 

Von diesen Erkenntnissen leitet die Unia klare Forderungen ab. Demnach solle niemand einen Lohn unter 4500 Franken haben, als «absolutes Minimum» werden 13 Monatslöhne zu 4000 Franken genannt und mindestens 5000 Franken für Berufstätige mit Lehre. Primär gehe es nun aber darum, die erheblichen Reallohneinbussen der letzten Jahre auszugleichen. Zu diesem Zweck ruft die Unia für den 16. September zu einer Demonstration in Bern auf.


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