Neue Recycling-Offensive
Macht die Migros die kleinen Sammelstellen platt?

Migros geht mit dem neuen Plastik-Sammelsack in die Öko-Offensive. Doch wie wirkt sich die Aktion des orangen Riesen auf die lokalen Sammelstellen der Gemeinden aus?
Publiziert: 18.06.2020 um 19:47 Uhr
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Aktualisiert: 18.06.2020 um 23:04 Uhr
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Der neue Sammelsack der Migros soll zu mehr Plastik-Recycling in der Schweiz führen.
Foto: Migros
Levin Stamm

Der neue Plastik-Sammelsack der Migros soll die Abfallentsorgung in der Schweiz umweltfreundlicher machen. In der Schweiz ist die Wiederverwertung von Plastik bereits weit verbreitet, über 500 Städte und Gemeinden sammeln für ihre Bewohner bereits Kunststoff separat, dies meist in Zusammenarbeit mit privaten Dienstleistern.

Einer davon ist die Sortec. Seit 2015 nimmt das Entsorgungszentrum in Aarberg BE Kunststoff-Abfälle entgegen. Sobald genug beisammen ist, sendet die Sortec die Abfälle nach Eschlikon TG, wo sie von Innorecyling zu Granulat verarbeitet werden. Also genau der Firma, die nun mit Migros deren Plastik-Projekt vorantreiben will. Entbrennt jetzt ein Konkurrenzkampf zwischen lokalen Sammelstellen und dem orangen Riesen?

Migros soll Anreize zum Recycling schaffen

Roger Garo (40), Betriebsleiter der Sortec, winkt ab: «Es werden noch immer riesige Mengen an Plastik verbrannt, da kann keine Konkurrenz entstehen», so Garo. Im Gegenteil: Garo hofft, dass mit dem Grossverteiler nun ein schweizweites Netz an Entsorgungsmöglichkeiten für Kunststoff entsteht. «Wenn man lange Distanzen bis zur nächsten Entsorgung fahren muss, fehlt schlicht der Anreiz», sagt er. Da könne die Migros mit ihren über 600 Filialen Abhilfe schaffen.

Sortec nimmt den Kunststoff-Abfall von fünf Gemeinden im Berner Seeland entgegen. Eine davon ist Twann-Tüscherz BE. Deren Vizepräsident, Stephan Caliaro (65), findet zwar, dass «Kunststoff-Recycling nicht die Welt rettet». Das öffentliche Bewusstsein in Bezug auf Plastik habe sich aber stark verändert. «Erst als wir mit der Trennung von Kunststoff begonnen haben, ist vielen klar geworden, wie hoch unser täglicher Plastikverbrauch wirklich ist.»

Metallkanister in der Müllpresse

Er hegt gar Hoffnungen, dass das neue Migros-Projekt ein anderes Problem lösen könnte – nämlich den Abfalltourismus. «Twann-Tüscherz kämpft regelmässig mit Unbekannten, die ihren Abfall illegal auf unserer Sammelstelle entsorgen», sagt Caliaro. Neben der wilden Entsorgung von Blumentöpfen, habe man sogar schon Metallkanister in der Müllpresse gefunden. Caliaro glaubt, dass das Problem auf mangelnde Entsorgungsmöglichkeiten in anderen Dörfern zurückzuführen ist. «Wenn die Migros in ihren Filialen nun ein Sammelsystem für Kunststoff einführt, könnte das bei uns für Entlastung sorgen.»

Solche Probleme kennt Amlikon-Bissegg TG nicht. Die Gemeinde war vor sieben Jahren die erste, die mit der Trennung von Kunststoff begonnen hat. Anstatt auf eine Sammelstelle setzt die Thurgauer Gemeinde auf einen Abholservice. «Unsere Gemeinde ist zu weitläufig, als dass wir den Bewohnern den Gang zur Sammelstelle zumuten könnten», sagt Gemeindepräsident Thomas Ochs (50).

Dass die neue Öko-Aktion der Migros zu Veränderungen führen würde, glaubt er nicht. Nicht nur, weil das Dorf keine Migros-Filiale hat und die Bewohner ins benachbarte Weinfelden TG fahren müssten: «Die Sammelsäcke aus unserem Dorfladen sind sogar günstiger», so Ochs.

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