Die Nachricht schlug ein wie ein Blitz, der Schock sitzt tief. Durch die sofortige Schliessung der 24 Schweizer Weltbild-Filialen verlieren 124 Menschen ihre Jobs. Und ein Name, der fast neunzig Jahre ins deutschsprachige Strassenbild gehörte, wird ausgelöscht. Weltbild ist aus der Welt, final weggeblättert.
Die Firma Weltbild, die sich hierzulande als «einer der grössten Multikanal-Buchhändler der Schweiz» sah und im Besitz des Düsseldorfer Beteiligungs- und Beratungsunternehmens Droege Group war, verschwindet mit der Pleite als Anbieterin und Absatzkanal im Markt. Was aber nicht heissen muss, dass es für die nun geschlossenen 24 Schweizer Ladenflächen keine Zukunft gibt. Einige könnten als Lesefutterlieferanten überleben – durch die Übernahme von Schweizer Konkurrenten.
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Ex Libris: «Werden uns die eine oder andere Filiale anschauen»
Am klarsten äussert sich dazu Ex Libris. Die Migros-Tochter unterzog sich 2018 einer harten Schrumpfkur und fuhr die Anzahl der Läden damals im Zuge der Digitalisierung von 57 auf 14 hinunter. Damit verschwand der Name vielerorts aus dem Strassenbild.
Heute steht das Unternehmen mit 15 Shops im Schweizer Markt. Zu allfälligen Ladenübernahmen meint Ex-Libris-Unternehmensleiter Daniel Röthlin: «Sag niemals nie. Wir werden uns sicher die eine oder andere Filiale anschauen.»
Während Ex Libris im Onlinemarkt gemäss eigenen Angaben noch vor Amazon die Nummer eins der Schweiz ist, hat sich Mitbewerber Orell Füssli in letzter Zeit vor allem stationär stark vergrössert. 2018 waren es noch 33 Filialen gewesen; im Oktober 2024 wird am Bahnhof Winterthur bereits der 59. Laden eröffnet. Kommen bald ein paar Weltbild-Flächen hinzu? «Bis ein Konkursverwalter bestimmt ist, machen wir uns dazu noch keine Gedanken», sagt ein Sprecher von Orell Füssli. «Was danach folgt, ist offen.» Gespräche über allfällige Ladenübernahmen werden aber offenbar nicht ausgeschlossen. Alles andere würde bei einem Unternehmen, das sich in den letzten Jahren derart expansionsstark gezeigt hat, auch merkwürdig anmuten.
Ladenmieten spielen entscheidende Rolle
Ein weiteres wichtiges Unternehmen für Offline-Bücherwürmer ist die Solothurner Lüthy Group, die unter anderem die Buchhandlungen von Lüthy, Balmer, Stocker bündelt. Zum Thema, ob man sich für ehemalige Weltbild-Filialen interessiere, wollte VR-Präsident Roman Horn auf Anfrage nichts sagen. In der Tendenz würde eine Vergrösserung zum Unternehmen passen, denn seit 2018 hat auch diese Buchhandelsgruppe ihre Präsenz verstärkt – um fünf neue Läden auf aktuell 22.
Ob sich die Platzhirsche des Schweizer Buchhandels ehemalige Weltbild-Läden sichern können und wollen, hängt auch von den Vermietern der jeweiligen Flächen ab. Lassen die Immobilienbesitzer bezüglich der Mietzinsen mit sich reden – oder hoffen sie auf bessere Zeiten und lassen auch mal monatelange Leerstände zu? An der Antwort auf diese Frage dürfte die Zukunft einiger Lagen liegen.
Schweizer Buchmarkt lebt
Das Aus von Weltbild hat vor allem mit der starken Abhängigkeit von der insolventen deutschen Zentrale zu tun. Und weniger mit generell lahmenden Buchverkäufen. Denn das Interesse der Kundschaft an Büchern zeigt sich weiterhin stabil. Angst, dass ihnen diese verloren geht, müssen mindestens die grossen Schweizer Buchhändler nicht haben.
Von einem grundsätzlichen Abwärtstrend des Kulturguts Buch ist in der Breite des Schweizer Markts nichts zu spüren. Das jedenfalls zeigen die Zahlen des jährlichen und monatlichen Marktreports, den das Marktforschungsunternehmen GFK Entertainment im Auftrag des Schweizer Buchhandels- und Verlagsverbands erstellt.
Während der Corona-Zeit konnten sich Buchhändler über steigendes Interesse freuen. Im Jahr 2021 ergaben sich so in der Deutschschweiz insgesamt Verkäufe an Privatpersonen (B2C) im Wert von 438 Millionen Franken. 2023 lag das Total mit 433 Millionen Franken nur unwesentlich tiefer. Den grössten Teil steuern dabei der stationäre Buchhandel und Onlineshops bei (85 Prozent), der zweitgrösste Brocken stammt von E-Books, die einen Umsatz von etwas über 33 Millionen generierten.