Darum gehts
- Detailhändler ziehen sich aus der Schweiz zurück
- Schweizweit 54 Fussballfelder Ladenfläche frei
- In der Peripherie drohen Leerstände
Ladenschliessungen erschüttern Schweizer Städte und Agglomerationen: Fast wöchentlich kündigt ein anderes Unternehmen den Rückzug aus der Schweiz an, liquidiert Läden und lässt die Storen für immer runter. Anfang Jahr hat Weltbild den Liquidationsverkauf beendet. Ebenfalls im Januar schlossen 34 Depot-Filialen für immer. The Body Shop macht Ende Mai 2025 alle 33 Schweizer Geschäfte dicht.
Damit nicht genug: Verschwunden sind nun auch die Migros-Fachmärkte Melectronics und SportX. Bis Ende Juni 2025 schliessen weitere 31 Do-it-Baumärkte in der ganzen Schweiz. Was geschieht nach diesem Exodus im Detailhandel mit den Ladenflächen? Herrscht in Einkaufszentren und peripheren Lagen bald gähnende Leere oder reissen sich neue Anbieter um die freien Verkaufsflächen?
54 Fussballfelder Ladenfläche
Aktuell sind auf der Vermittlungsplattform Immoscout24 schweizweit insgesamt 1600 Ladenlokale ausgeschrieben. Das sind 384’000 Quadratmeter freie Ladenflächen – oder etwa 54 Fussballfelder. Das zeigt eine exklusive Auswertung der Swiss Marketplace Group (SMG), an der der Ringier-Verlag, Blick-Herausgeber, beteiligt ist. Spitzenreiter ist derzeit Lausanne mit rund 22’000 Quadratmetern freien Ladenflächen. Auf dem zweiten Platz folgt Biel mit 12’500 Quadratmetern und dann Zürich mit 10’000 Quadratmetern.
«Eine Zunahme konnte kürzlich zwar nicht festgestellt werden», sagt Sebastian Sinemus, Sprecher der SMG. Vielleicht sei es aber noch etwas zu früh, um den Effekt der aktuellen und geplanten Schliessungen festzustellen. «Man muss zudem beachten, dass bei insgesamt 1600 ausgeschriebenen Ladenlokalen die Schliessung einzelner oder mehrerer Geschäfte nicht unmittelbar ins Gewicht fällt», so Sinemus.
Diese Ladenflächen sind heiss begehrt
Gerade in Einkaufsstrassen in Innenstädten der grossen Wirtschaftszentren dürften die Flächen nicht lange leer bleiben. Es gibt laut dem Immobilienberatungsunternehmen Jones Lang LaSalle (JLL) genügend Nachfrage von anderen Unternehmen. «An solchen Bestlagen gibt es nahezu keine Leerstände, und die Zahlungsbereitschaft ist zuletzt gestiegen», sagt Daniel Stocker, JLL-Leiter Research, zu Blick.
Die Nutzung solcher Leerflächen kann vielseitig ausfallen. «Ich habe auch schon beobachtet, dass beispielsweise Versicherer und Krankenkassen solche Standorte nutzen, um den Kundenzugang zu verbessern», so Stocker. Oder Anbieter neuer Gastrokonzepte versuchen, von den Fussgängerfrequenzen zu profitieren.
«Zudem gibt es aktuell auch einige neue Anbieter, die in der Schweiz Geschäfte eröffnen möchten.» Der Billiganbieter Action sucht beispielsweise Lokale und Leute in der Schweiz. Und die Drogerie Müller will weiter expandieren. «Der deutsche Konzern beabsichtigt, dieses Jahr neun weitere Standorte an erstklassigen Lagen oder in Einkaufszentren zu eröffnen», sagt der Experte.
Risiko für Leerstand ist gross
Bei den Fachmärkten in der Peripherie sieht die Situation weniger rosig aus. An solchen Standorten schliessen Geschäfte meist, weil sie nicht genug frequentiert wurden oder zu wenig Umsatz generierten. «Das Leerstandsrisiko dürfte dort um einiges höher und die Flächen schwierig zu vermieten sein», sagt Stocker.
Kommt hinzu: Bei peripher gelegenen Fachmärkten sei die Art der Nutzung limitiert. In solchen Fällen wird die Wiedervermietung zu einer anspruchsvollen Aufgabe. «Die Eigentümer werden entscheiden müssen, wie lange sie sich einen Leerstand leisten können», sagt Stocker. Wer keine Leerstände wolle, müsse die Mietpreise reduzieren. «Allerdings hätte das dann einen negativen Einfluss auf die Immobilienbewertung», so der Experte. Zudem seien tiefere Mietpreise nicht immer eine Garantie gegen Leerstände.
Zu Wohnraum – der in der Schweiz dringend benötigt wird – würden diese Ladenflächen nicht, sagt Stocker. Der Grund: Einschränkungen bezüglich der Zonentypen, Gebäudequalität oder Lärmemissionen. Sollten solche Flächen umgenutzt werden, dann eher für Lagerflächen oder Rechenzentren.