Sie funktionieren: die mRNA-Impfstoffe gegen Krebs. Das US-Pharmaunternehmen Moderna hat gerade die Phase 2 der klinischen Tests abgeschlossen – und damit einen Meilenstein gesetzt. Die Studienresultate sind erfreulich. Hautkrebs-Patienten, welche die mRNA-Krebsimpfung erhielten, hatten laut Moderna ein deutlich tieferes Risiko, am Krebs zu sterben oder zu einem späteren Zeitpunkt erneut zu erkranken.
«Es ist eine Revolution», freut sich Moderna-Chefarzt Paul Burton (54). «Aber es liegt noch viel Arbeit vor uns.» Nächstes Jahr sollen die ersten Phase-3-Studien starten. In drei Jahren könnten die ersten mRNA-Krebsimpfstoffe auf den Markt kommen. Allerdings hängt das von der Zulassung durch die Heilmittelbehörden ab – in der Schweiz ist Swissmedic am Drücker.
Chemotherapie wird überflüssig
mRNA-Impfstoffe haben in der Covid-19-Pandemie weltweit Bekanntheit erlangt. Nun sollen sie im Kampf gegen viele weitere Krankheiten den Durchbruch bringen – unter anderem gegen Krebs.
Der Clou bei den Krebsimpfstoffen auf mRNA-Basis: Der Impfstoff hilft dem Immunsystem, den Krebs selber zu bekämpfen. Ganz ohne Chemotherapie.
Krebszellen bilden Proteine, die sie von gesunden Körperzellen unterscheiden. Der mRNA-Impfstoff hilft dem Immunsystem, diese Proteine zu erkennen – und die Krebszellen zu bekämpfen.
Dabei sind die Proteine auf den Krebszellen in jedem Patienten unterschiedlich. Jeder Krebs hat einen individuellen «Fingerabdruck». Daher wird auch der Impfstoff auf jeden Patienten individuell angepasst.
Die Impfung erhalten nur Patienten, bei denen schon Krebs diagnostiziert wurde. Sie wirkt nicht präventiv wie etwa die Covid-19-Impfung. Krebspatienten erhalten den individuell auf sie angepassten Krebsimpfstoff im 3-Wochen-Rhythmus gespritzt.
Diesmal wohl kein Grossauftrag für Lonza
Um den Impfstoff für jeden einzelnen Patienten zu erstellen, braucht es zuerst eine Biopsie des Krebsgewebes. Anschliessend werden die Proteine im Labor analysiert und der darauf angepasste Impfstoff hergestellt. Heute dauert es von der Biopsie bis zur fertigen Krebsimpfung acht Wochen. «Wir wollen die Zeitspanne auf vier Wochen runterbringen», kündigt Burton an.
Hier könnte auch die Walliser Chemiefirma Lonza ins Spiel kommen: Sie produziert für Moderna bereits Bestandteile der mRNA-Covid-Impfstoffe. Allerdings: Bei der Krebsimpfung liegt wohl für die Lonza kein Produktionsauftrag für Millionen Dosen drin. «Krebsimpfstoffe werden in viel kleineren Mengen hergestellt als Covid; schliesslich erhält jeder Patient seinen individuellen Impfstoff», sagt dazu Moderna-Europachef Dan Staner (54).
Hoffnung für Hautkrebs-Patienten
Bisher wurden die mRNA-Impfstoffe an Hautkrebs-Patienten getestet. «Bald wollen wir die Studien ausweiten, etwa auf Lungen- und Darmkrebs-Patienten», so Burton.
Neben Moderna forschen auch andere Pharma-Firmen an Krebsimpfstoffen, darunter das deutsche Unternehmen Biontech. Moderna hat es nun aber geschafft, als Erstes erfolgreich die Phase-2-Studie abzuschliessen.
Wie viel die neuen mRNA-Krebsimpfstoffe dereinst kosten werden, ist noch völlig offen.