Die Schweizer Fussballfans lassen bei den Heimelektronikanbietern derzeit die Kassen klingen. Die Fussball-EM kurbelt die Verkaufszahlen von TV-Geräten und -Zubehör deutlich an. Doch immer mehr Filialen oder gar Anbieter müssen die Lichter ausmachen. Am Dienstag gab Media Markt Schweiz bekannt, 20 Standorte der Migros-Tochter Melectronics zu übernehmen. 17 weitere Filialen schliessen ihre Tore.
Ziel dieser Übernahme sei es, das Standortnetz um bisher unerschlossene Orte zu erweitern und noch stärker mit dem wachsenden Online-Geschäft zu vernetzen, kommentiert Media Markt Schweiz den Schritt. Im darbenden Heimelektronikmarkt geht die Post schon lange online ab. Gemäss dem Marktforschungsinstitut GfK kaufen die Konsumenten und Konsumentinnen hierzulande bereits mehr als die Hälfte der Heimelektronikprodukte online ein. Ein paar Onlinehändler wie die Migros-Tochter Digitec Galaxus gewinnen Marktanteile dazu.
Umsätze sinken immer weiter
Gleichzeitig schrumpft der Schweizer Heimelektronikmarkt, im vergangenen Jahr um 3,5 Prozent auf 5,5 Milliarden Franken. Viele Haushalte haben in der Corona-Pandemie neue Fernseher oder Computer gekauft. Deshalb besteht derzeit weniger Bedarf. Hinzu kommt der enorme Preisdruck: «Der Heimelektronikmarkt ist stärker umkämpft als jeder andere Markt», sagt GfK-Experte Luca Giuriato (56). Günstige Produkte werden oft einfach bei der nächstbesten Gelegenheit gekauft. Bei Geräten für viele Hundert oder mehrere Tausend Franken machen die Konsumenten einen knallharten Preisvergleich. «Der Preiskampf in der Schweiz ist fast schon ruinös», so Giuriato.
Das setzt gerade Anbieter mit einem grossen stationären Handel unter Druck: darunter Media Markt, die Coop-Tochter Interdiscount oder die bisherige Migros-Tochter Melectronics. Im vergangenen Jahr büssten die drei gemäss GfK zwischen 4,9 und 10,8 Prozent an Umsatz ein. Auch der Absatz bei Coop-Tochter Fust sinkt von Jahr zu Jahr. Und in diesem Jahr erwartet das Marktforschungsinstitut trotz Fussball-EM ebenso sinkende Umsätze in der Branche. «Bei der Heimelektronik sprechen wir von einem gesättigten Markt», sagt Giuriato. Im Quartal 2024 hat der Markt weitere 6,5 Prozent eingebüsst. «Wir gehen im laufenden Jahr von einem Rückgang von 4 bis 5 Prozent aus», so der Marktforscher. Mit einer Erholung rechnet er frühestens 2026.
«Vielfach günstiger als in den Nachbarländern»
Umsatzeinbussen und steigende Kosten haben im vergangenen September dem Schweizer Elektronik-Händler Steg den Stecker gezogen. 17 Filialen mussten schliessen und der Onlineshop ging offline. Ende 2023 gab Coop auch bekannt, die Tochter Microspot in Interdiscount zu integrieren. 2021 musste der deutsche Anbieter Conrad Electronic in der Schweiz seine Türen schliessen.
Die Aussichten auf dem Heimelektronikmarkt bleiben gemäss Giuriato düster. «Die Konsolidierung im Markt geht weiter. Es hat tendenziell noch immer zu viele Anbieter im Vergleich zum Ausland.» Die Konsumenten dürfen sich darüber freuen. «Darum sind schon heute die Preise in der Schweiz vielfach günstiger als in den Nachbarländern», sagt der Experte.