Medizinische Gutachten von umstrittener Firma
Mehr als die Hälfte der IV-Fälle «voll arbeitsfähig»

Die Ärzte der umstrittenen PMEDA AG haben deutlich seltener eine Invalidität festgestellt als andere Gutachterstellen. Das zeigt ein neuer Überprüfungsbericht der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung.
Publiziert: 12.11.2023 um 16:21 Uhr
|
Aktualisiert: 14.11.2023 um 14:13 Uhr
1/5
Die PMEDA AG des Arztes Henning Mast (70) erklärte in der Vergangenheit auffällig viele Menschen für gesund – und verschonte Versicherungen damit vor Zahlungen in Millionenhöhe.
Foto: ZVG
Blick_Portrait_1606.JPG
Thomas SchlittlerWirtschaftsredaktor

Im Oktober teilte das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) mit, dass die IV in Zukunft nicht mehr mit der PMEDA AG des umstrittenen Neurologen Henning Mast (70) zusammenarbeiten wird. Die Behörde folgte damit einer Empfehlung der Eidgenössischen Kommission für Qualitätssicherung in der medizinischen Begutachtung (EKQMB).

Diese Woche hat die EKQMB den dazugehörenden Überprüfungsbericht veröffentlicht. Dieser zeigt, dass sich PMEDA in den Jahren 2022/2023 deutlich öfter gegen eine IV-Rente ausgesprochen hat als andere Gutachterstellen: «Bei PMEDA-Begutachtungen wurde in 56,7 Prozent der Fälle eine volle Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit attestiert. Im Vergleich dazu wird von allen anderen polydisziplinären Gutachterstellen nur in 26,4 Prozent der Fälle eine vollständige Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit attestiert», heisst es dazu im Bericht.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.

Weiter werden Mängel bei Aktenzusammenfassung («unvollständig»), Anamnese («basiert hauptsächlich auf schriftlichen Selbstauskünften»), Befunderhebung («unklar, wer diese tatsächlich durchgeführt hat»), Beurteilung («relevante Befunde aus Teilgutachten häufig nicht berücksichtigt»), Therapieempfehlungen («entsprachen nicht den etablierten Standards») und Konsensbeurteilung («entsprachen nicht den BSV-Vorgaben») kritisiert.

PMEDA weist Schuld von sich

PMEDA lässt kein gutes Haar an dem Bericht: «Es wurde eine Beurteilung der Arbeit von PMEDA ohne die gesetzlich vorgeschriebene vorangehende Veröffentlichung von eigenen Qualitätskriterien der EKQMB abgegeben», kritisiert Inhaber Mast. Des Weiteren sei der Bericht «formal und inhaltlich mangelhaft», da er keine vergleichende Qualitätskontrolle von Gutachten anderer Institute enthalte und keine Angaben zu gerichtlichen Überprüfungen enthalte. Mast kündigt an, «zeitnah» über rechtliche Schritte gegen involvierte Personen und Institutionen zu entscheiden.

Auf die Frage, wie zu erklären sei, dass PMEDA deutlich mehr IV-Antragstellern eine «vollständige Arbeitsfähigkeit» attestiert habe, meint Mast: «Der vermeintliche Unterschied ist gar nicht seriös belegt oder geprüft worden.» Das BSV habe in mehreren Pressemitteilungen der letzten Jahre auf die nicht gegebene Vergleichbarkeit von Arbeitsfähigkeitsbewertungen zwischen Gutachteninstituten hingewiesen.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?
Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.