Wer im Ausland mit dem Handy im Internet surft, kann schnell die böse Quittung in Form einer horrenden Telefonrechnung erhalten. Die am 1. Juli revidierte Fernmeldeverordnung sollte Schweizer eigentlich besser vor überrissenen Roaming-Kosten schützen. Trotzdem sind gerade Kunden von Telekom-Anbieter Salt diesen Sommer oft erneut mit einer bösen Überraschung nach Hause zurückgekehrt.
«Nach den Sommerferien erhalten wir immer viele Beschwerden wegen hohen Roaming-Rechnungen. Dieses Jahr meldeten sich praktisch ausschliesslich Kunden von Salt», sagt Sara Stalder (54), Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS). Sie wirft dem Unternehmen Geldmacherei vor: «Salt soll endlich aufhören, beim Roaming die eigenen Kunden abzuzocken, und sich an die geltenden Vorschriften halten.»
Roaming plötzlich 295-mal teurer
Die Kritik ist brisant: An der Spitze von Salt steht seit Anfang Mai mit Marc Furrer (70) ein Mann, der die Seiten gewechselt hat. Er leitete von 1992 bis 2005 das Bundesamt für Kommunikation (Bakom). Danach präsidierte er bis 2016 die Eidgenössische Kommunikationskommission (Comcom). Furrer wechselte vom Überwacher und Regulierer der Telekom-Riesen zum VR-Präsidenten bei Salt – und wurde damit selbst zum Abzocker?
Aus Sicht der Allianz der Konsumentenschutz-Organisationen aus allen Landesteilen ist der Fall klar: Furrer zockt mit Salt die Kunden ab. In einem offenen Brief vom Donnerstag, der Blick vorliegt, werfen sie dem Telekom-Unternehmen gleich mehrere Verfehlungen vor. Wenn jemand kein Datenpaket im Ausland gelöst hat oder dieses abgelaufen ist, komme bei Salt automatisch der sogenannte Standardtarif zum Einsatz, der 295-mal teurer sei.
Der Anbieter wehrt sich gegen den Vorwurf auf Blick-Anfrage. Nur Kunden, die kaum Roaming benutzen würden, würden den Standardtarif erhalten.
Bricht Salt das Gesetz?
Doch damit nicht genug: Im offenen Brief wirft die Allianz Salt vor, sich nicht an die geltenden Vorschriften zu halten – und dies gleich dreifach. Erstens würden beim Telekom-Riesen die Datenpakete immer noch nach 30 Tagen anstatt nach einem Jahr ablaufen. Zweitens könne man Datenpakete bei Salt nur über das Mobilfunknetz kaufen und nicht auch über WLAN.
Drittens: Salt setzt die voreingestellte Kostenlimite im Ausland auf 1000 Franken – das sei «viel zu hoch» und «rechtswidrig». «Ausgerechnet das Unternehmen, das Herr Furrer präsidiert, hält sich nicht an geltende Vorschriften. Das ist inakzeptabel», sagt Stalder.
Salt krebst zurück
Das Bakom sagt auf Blick-Anfrage, dass man mit dem Unternehmen in Kontakt stehe. «Salt vertritt teilweise eine andere Rechtsauffassung als das Bakom», so ein Sprecher. Falls es zu keiner Einigung über die Auslegung der Bestimmung komme, müsste letztlich ein Gericht entscheiden. Dann würde dem Unternehmen von Furrer eine Busse drohen.
Salt zeigt sich in diesen Punkten plötzlich einsichtig und krebst gegenüber Blick zurück. Man arbeite daran, dass in Zukunft alle Datenpakete ein Jahr lang gültig seien. Auch das Buchen von Datenpaketen via WLAN sei in Vorbereitung und werde bis Ende Jahr möglich sein. «Was die Kostenlimite angeht, nehmen wir die Anregung auf und werden sie nach unten anpassen», verspricht Salt.