«Wir kämen mit einer Fusion Sunrise-UPC gut zurecht»
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Swisscom-CEO nimmts locker:«Wir kämen mit einer Fusion Sunrise-UPC gut zurecht»

Sunrise will UPC schlucken – das wären die Folgen
Echte Konkurrenz für die Swisscom

Sunrise hat bestätigt, dass sie Appetit auf Konkurrentin UPC hat. Wenn die Nummer zwei die Nummer drei im Markt wirklich schluckt, ergänzen sie sich optimal. Aus Kundensicht könnte die Bewegung im Markt Preisabschläge bedeuten.
Publiziert: 06.02.2019 um 23:04 Uhr
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Aktualisiert: 07.02.2019 um 15:46 Uhr
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Hat sie bald neue Chefs? UPC- und MySports-Aushängeschild Steffi Buchli.
Foto: Lorenz Richard
Konrad Staehelin und Ulrich Rotzinger

Miese Netzabdeckung, lausiger Kundenservice, ständig Pannen: Noch vor wenigen Jahren machte der Sparkurs der luxemburgischen Besitzer Sunrise zum hässlichen Entlein unter den Schweizer Telekom-Firmen. Nach dem Börsengang 2015 wurde alles anders: Sunrise liefert sich heute mit der Swisscom einen Kampf um das beste Netz der Schweiz, wirbt mit Roger Federer. Kurz: steht für Qualität.

Unter Olaf Swantee (53), seit 2016 Chef, will sie jetzt noch mehr an Muskeln zulegen. Am späten Dienstagabend bestätigte Sunrise per Communiqué Gerüchte, dass man am Konkurrenten UPC interessiert sei: «Sunrise verfolgt einen Kauf, wenn er strategisch Sinn ergibt und er einen klaren Mehrwert für die Aktionäre schafft.» Diese Bedingungen dürften gegeben sein.

Vom Pionier zum Übernahmekandidaten

Weil die terrestrische Verbreitung von Radioprogrammen in der gebirgigen Schweiz mit ihren Tälern nicht so einfach ist, wurde 1931 zwecks Übertragung via Drahtrundspruch die Rediffusion S. A. gegründet. Ab 1950 übertrug sie vom Zürcher Üetliberg aus auch Fernsehprogramme. 1994 fusionierte die Firma mit anderen, eigenständigen Kabelnetzgesellschaften zur Cablecom. Hauptaktionäre waren Siemens, VEBA und Swisscom. Nachdem die Besitzer mehrfach gewechselt hatten, übernahm 2005 der US-Konzern Liberty Global und hat bis heute nicht verkauft. 2011 benannte er die Firma in UPC Cablecom um, seit 2016 heisst sie nur noch UPC.

UPC baute zum TV-Geschäft auch ein Internet-, Festnetz- und Mobilfunk-Angebot auf. Das konnte aber nicht verhindern, dass ihr die Swisscom sogar im Kerngeschäft Fernsehen die Führungsposition abjagte. 2012 erwirtschaftete UPC einen Umsatz von 1,18 Milliarden Franken, 2017 waren es 1,35 Milliarden. Im Sommer 2018 gab der Amerikaner Eric Tveter (59) sein Amt als CEO nach neun Jahren an die Rumänin Severina Pascu (45) ab.

Weil die terrestrische Verbreitung von Radioprogrammen in der gebirgigen Schweiz mit ihren Tälern nicht so einfach ist, wurde 1931 zwecks Übertragung via Drahtrundspruch die Rediffusion S. A. gegründet. Ab 1950 übertrug sie vom Zürcher Üetliberg aus auch Fernsehprogramme. 1994 fusionierte die Firma mit anderen, eigenständigen Kabelnetzgesellschaften zur Cablecom. Hauptaktionäre waren Siemens, VEBA und Swisscom. Nachdem die Besitzer mehrfach gewechselt hatten, übernahm 2005 der US-Konzern Liberty Global und hat bis heute nicht verkauft. 2011 benannte er die Firma in UPC Cablecom um, seit 2016 heisst sie nur noch UPC.

UPC baute zum TV-Geschäft auch ein Internet-, Festnetz- und Mobilfunk-Angebot auf. Das konnte aber nicht verhindern, dass ihr die Swisscom sogar im Kerngeschäft Fernsehen die Führungsposition abjagte. 2012 erwirtschaftete UPC einen Umsatz von 1,18 Milliarden Franken, 2017 waren es 1,35 Milliarden. Im Sommer 2018 gab der Amerikaner Eric Tveter (59) sein Amt als CEO nach neun Jahren an die Rumänin Severina Pascu (45) ab.

Stimmt der Preis, stösst die britische Mutter Liberty Global die Schweizer Tochter UPC nur zu gerne ab. Trotz grosser Investitionen läuft das Geschäft nicht rund – erst im vergangenen Sommer wurde mit Severina Pascu (45) eine neue Chefin installiert. Die Analysten der Zürcher Vontobel-Bank rechnen damit, dass Sunrise für UPC knapp fünf Milliarden Franken hinlegen müsste.

Das Puzzleteil, das dem jeweils anderen gefehlt hat

Die weiteren Zahlen zum Deal: Sunrise ist die Nummer 2 im Schweizer Markt und erwirtschaftet mit 1645 Angestellten knapp 1,9 Milliarden Franken Umsatz, UPC kommt als Nummer 3 mit 1500 Angestellten auf 1,4 Milliarden. Heisst, die kombinierte Firma würde fast doppelt so gross. Mutet sie sich damit nicht zu viel zu?

Berater Marc Furrer (67), früher Chef des Bundesamts für Kommunikation (Bakom) und der Eidgenössischen Kommunikationskommission (ComCom), zu BLICK: «Nein, die Stärken der beiden sind so unterschiedlich, dass es aufgehen könnte.»

Sunrise ist im Mobilfunk gut aufgestellt, hat 1,4 Millionen Kunden. Im Digital-TV ist sie dagegen mit nur 236'000 Kunden schwach. Die UPC ist das Gegenstück: Die frühere Cablecom profitiert vom direkten Kabelzugang zu zwei Millionen Haushalten. Sie hat dort 1,1 Millionen Kunden und mit dem Sender MySports rund um Aushängeschild Steffi Buchli (40) ein attraktives Angebot.

Doch sie hat nur 138'000 Mobile-Kunden und kein eigenes Netz – sie ist aktuell noch bei der Swisscom eingemietet. Wann die UPC-Kunden aufs Sunrise-Netz wechseln würden, will auf Nachfrage keiner der Beteiligten sagen. 

Experte Furrer: «Beide Unternehmen haben heute eine strukturelle Schwäche. Ein Zusammenschluss würde die Defizite beheben.» In den letzten Jahren waren im gesättigten Schweizer Telekommarkt nämlich einzig Bündelangebote erfolgreich. Sie kombinieren Mobile, TV, Internet und Festnetz. «Darum bin ich überhaupt nicht überrascht», sagt Furrer. «Ich hätte diesen Schritt schon früher erwartet.»

Kommt Vodafone in die Schweiz?

Dass die Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Salt aktuell bei der Vergabe der Frequenzen der neuen 5G-Funk-Technologie mitbieten, ist klar. Laut «NZZ» gibt es jedoch auch Anzeichen dafür, dass mit Vodafone ein ausländischer Grosskonzern mitmischt. Die Briten sind in zwei Dutzend Ländern aktiv und beschäftigen über 100'000 Personen. 

Laut Branchenkennern sind nicht nur drei, sondern vier Bieter im 5G-Rennen. Mit UPC, der Post und den SBB verneinen jene Firmen ein Interesse, denen man dieses aus verschiedenen Gründen am ehesten zugetraut hätte. Zudem wurde der Auktionsbehörde Bakom eine Frage auf Englisch gestellt: Sind nach dem Brexit auch britische Firmen zur Auktion zugelassen?

Auf eine Nachfrage in London kommt nur eine verdächtig knappe Antwort zurück: «Vodafone betreibt in der Schweiz kein Netz.» Ein Einstieg in der Schweiz würde durchaus der Vodafone-Strategie entsprechen. Dazu gehören aber jeweils auch Übernahmen. Bei einer Sunrise-UPC-Fusion würde noch Salt als Ziel übrig bleiben. Konrad Staehelin

Dass die Netzbetreiber Swisscom, Sunrise und Salt aktuell bei der Vergabe der Frequenzen der neuen 5G-Funk-Technologie mitbieten, ist klar. Laut «NZZ» gibt es jedoch auch Anzeichen dafür, dass mit Vodafone ein ausländischer Grosskonzern mitmischt. Die Briten sind in zwei Dutzend Ländern aktiv und beschäftigen über 100'000 Personen. 

Laut Branchenkennern sind nicht nur drei, sondern vier Bieter im 5G-Rennen. Mit UPC, der Post und den SBB verneinen jene Firmen ein Interesse, denen man dieses aus verschiedenen Gründen am ehesten zugetraut hätte. Zudem wurde der Auktionsbehörde Bakom eine Frage auf Englisch gestellt: Sind nach dem Brexit auch britische Firmen zur Auktion zugelassen?

Auf eine Nachfrage in London kommt nur eine verdächtig knappe Antwort zurück: «Vodafone betreibt in der Schweiz kein Netz.» Ein Einstieg in der Schweiz würde durchaus der Vodafone-Strategie entsprechen. Dazu gehören aber jeweils auch Übernahmen. Bei einer Sunrise-UPC-Fusion würde noch Salt als Ziel übrig bleiben. Konrad Staehelin

Gute Chancen, dass Weko Deal abnickt

Was dieser für die Kunden bedeutet, ist noch nicht klar. «Wahrscheinlich würde Sunrise mehr Druck auf die mächtige Swisscom machen, was zu tieferen Preisen führen würde», sagt Furrer. Doch es bestehe auch die Gefahr eines Duopols: zwei Grosse, die den Markt unter sich aufteilen.

Genau das befürchtet Sara Stalder (52) von der Stiftung für Konsumentenschutz: «Es wäre ähnlich wie im Detailhandel. Dort haben sich Coop und Migros gemütlich eingenistet. Sie tun so, als seien sie harte Konkurrenten, aber eigentlich hält jeder schön still und die Preise hoch.»

2010 verbot die Wettbewerbskommission (Weko) eine Fusion zwischen der Salt-Vorgängerin Orange und Sunrise aus genau jenem Grund. Furrer sieht es dieses Mal nicht so dramatisch: «Es gibt in diesem Fall mit Salt einen dritten Mobilnetzbetreiber, der den Wettbewerb garantiert. Das könnte entscheidend für die Zustimmung der Weko sein.»

Die grossen Verlierer wären am Schluss wohl die Angestellten. Denn auch wenn die Geschäftsfelder von Sunrise und UPC bislang andere sind, produziert jede Fusion Doppelspurigkeiten. Mit anderen Worten: Die neuen Chefs werden zwecks Effizienzsteigerung Kündigungen aussprechen.

Links und Rechts sind für Fusion

Die Politik würde eine Fusion von Sunrise und UPC begrüssen. Vor allem, um der übermächtigen Swisscom ein Gegengewicht zu verschaffen. «Wettbewerb belebt das Geschäft», meint etwa der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki (54). Er ist Mitglied in der zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) und überzeugt, dass Konsumenten profitieren würden, wenn die Swisscom einen stärkeren Konkurrenten bekäme.

Nur: Wettbewerb kann auch ausgehebelt werden, wenn sich zwei sehr grosse Player den Markt teilen. Wicki hält Absprachen für unwahrscheinlich. «Der Image-Schaden für die Swisscom wäre riesig. Das kann sie sich gar nicht leisten», sagt der Ex-Bundesratskandidat.

Ganz so sicher ist sich SP-Nationalrat Thomas Hardegger (62) nicht. «Das Risiko für unausgesprochene Preisangleichungen besteht natürlich», meint er. Aber abgesehen davon fände er es gut, wenn die Swisscom eine richtige Konkurrenz bekäme. Vor allem dann, wenn «Sunrise/UPC auch in der Schweiz investieren» und nicht nur den Schweizer Markt mit hoher Kaufkraft abschöpfen würde. «Gerade im Glasfaserausbau wäre die Investitionsbereitschaft eines weiteren Anbieters sehr wünschenswert.» Sermîn Faki

Die Politik würde eine Fusion von Sunrise und UPC begrüssen. Vor allem, um der übermächtigen Swisscom ein Gegengewicht zu verschaffen. «Wettbewerb belebt das Geschäft», meint etwa der Nidwaldner FDP-Ständerat Hans Wicki (54). Er ist Mitglied in der zuständigen Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) und überzeugt, dass Konsumenten profitieren würden, wenn die Swisscom einen stärkeren Konkurrenten bekäme.

Nur: Wettbewerb kann auch ausgehebelt werden, wenn sich zwei sehr grosse Player den Markt teilen. Wicki hält Absprachen für unwahrscheinlich. «Der Image-Schaden für die Swisscom wäre riesig. Das kann sie sich gar nicht leisten», sagt der Ex-Bundesratskandidat.

Ganz so sicher ist sich SP-Nationalrat Thomas Hardegger (62) nicht. «Das Risiko für unausgesprochene Preisangleichungen besteht natürlich», meint er. Aber abgesehen davon fände er es gut, wenn die Swisscom eine richtige Konkurrenz bekäme. Vor allem dann, wenn «Sunrise/UPC auch in der Schweiz investieren» und nicht nur den Schweizer Markt mit hoher Kaufkraft abschöpfen würde. «Gerade im Glasfaserausbau wäre die Investitionsbereitschaft eines weiteren Anbieters sehr wünschenswert.» Sermîn Faki

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