Andrea Scherz (54) führt das «Palace» in Gstaad in dritter Generation, plaudert mitten in der Hochsaison im Interview mit der NZZ über die Wünsche seiner Gäste und was wirklichen Luxustourismus ausmacht. Und erzählt, warum das Hotel auch heute noch in Familienbesitz ist. Das hänge auch damit zusammen, dass sein Vater ihn nicht gedrängt habe, das Hotel zu übernehmen.
Im Gegenteil: Andrea Scherz konnte seinen Weg durch die Hotellerie machen und sich der grossen Aufgabe stellen, als er dafür bereit war. «Heute bin ich froh, dass ich hier bin. Dieses Haus ist seit meiner Kindheit so präsent, Tag und Nacht», so Scherz. Ein Verkauf der Ikone des Luxus oberhalb von Gstaad BE ist nie zur Diskussion gestanden, selbst Michael Jackson (1958 - 2009) ist abgeblitzt. «Mein Vater erklärte ihm, das komme nicht infrage», erinnert sich der Palace-Direktor.
Hektik im Luxustempel
Was genau macht denn Luxushotellerie aus? «Der Komfort muss auf dem gleichen Level sein wie beim Gast zu Hause. Zudem wollen unsere Gäste natürlich ihren Lieblingstisch, ihren Lieblingskellner, ihr Lieblingszimmer», so Scherz. Früher wurden die Vorlieben der Gäste auf Karteikarten abgelegt, was aber aus Gründen des Datenschutzes heute nicht mehr gehe. So sei auf den Karteikarten zu lesen gewesen: «Er ist Alkoholiker.» Oder: «Achtung: Im Januar ist es die Maîtresse von Herrn Meier, im Sommer die Frau.»
Die Welt der Superreichen
Heute müsse alles viel schneller gehen als früher, auch die Luxusgäste sind ungeduldiger geworden. So wollte etwa eine Frau innert Kürze einen mit silbernen Sternen und weissen Kugeln geschmückten Weihnachtsbaum für ihre Suite. «Manche denken, es gebe nur sie und ihre Bedürfnisse auf dieser Welt», sagt Scherz.
Trotzdem: Der Wunsch des Gastes ist der Befehl des Hoteliers. Wenn also der Hund eines Gastes es nicht gewohnt ist, im Schnee Gassi zu gehen, wird halt schnell ein Rasenteppich in die Dusche gelegt. Oder mal ein neuer Boden eingezogen. «Einmal mussten wir einem Gast aus Amerika den Boden der Suite um dreissig Zentimeter erhöhen. Er fand, er sehe nicht gut aus den Fenstern», erzählt Scherz im Interview mit der NZZ. «Unser Schreinerteam drehte Harassen um, verlegte einen neuen Boden, bezog ihn mit Teppich. Wir mussten Steckdosen hochziehen. So bekam er seine erhöhte Suite.» Das Ganze war natürlich nicht gratis und wurde dem Gast voll in Rechnung gestellt.
Trinkgeld öffnet Türen
In der Schweiz fühlen sich die Reichen wohl – und vor allem sicher: «Wir haben ausländische Gäste, die ihre Uhren und ihren Schmuck in Gstaad in einem Safe lassen – und einfach in diesen zwei, drei Wochen bei uns tragen. Wunderbar!», schwärmt Scherz. Im Ausland würden viele der Superreichen aus Sicherheitsgründen auf das Tragen von Schmuck verzichten.
In der Welt der Superreichen lässt sich ein besserer Service mit Freundlichkeit oder mit einem fetten Trinkgeld erkaufen, auch wenn «offiziell» alle Gäste gleich behandelt werden. «Wenn unsere Kellner wissen, dass Sie jedes Mal einen Fünfziger durchstecken, bekommen Sie sicher einen guten Tisch. Das ist menschlich, und wir können es nicht kontrollieren. Wir haben noch viele Gäste, die wissen, wie wichtig Trinkgeld ist», so der «Palace»-Gastgeber.
Übrigens: Einen Einblick, wie sich das Leben der Schönen und Reichen in den siebziger Jahren abspielte, gibt der Film «The Return of the Pink Panther». Im Werk von Blake Edwards (1922 - 2010) spielt Peter Sellers (1925 - 1980) in der Hauptrolle den genial trotteligen Inspektor Clouseau. Zur Weltpremiere auf der «Palace»-Terrasse reiste ein grosses Staraufgebot an: Liz Taylor (1932 - 2011), Richard Burton (1925 - 1984) und Curd Jürgens (1915 - 1982) genossen den Film in der Originalkulisse.