Es ist fast ein Jahr her, seit der verurteilte Ex-Chef von Raiffeisen Pierin Vincenz (67) seine Luxusvilla in Teufen AR zum Verkauf ausschreiben musste. Passiert ist seither nichts. Der Beton-Palast am exklusiven Sonnenhang in der steuergünstigsten Gemeinde Appenzells ist noch immer auf dem Markt. Dabei könnte Vincenz das Geld gut gebrauchen.
Der Luxusimmobilienmakler Ginesta preist das Anwesen auf seiner Website noch immer für 10 bis 15 Millionen Franken an. Ist der Preis zu hoch oder liegt es an der Beton-Optik? CEO Claude Ginesta (50) will sich auf Anfrage nicht dazu äussern.
Vincenz ist nicht der einzige Banker, der es mit seiner Immobilie in die Schlagzeilen geschafft hat – und trotzdem keinen Käufer dafür findet. Der russischen Financier Igor Akhmerov (58) versucht seit über vier Jahren, für seinen Prunk-Palast mit Privatanstoss am Zürichsee einen neuen Besitzer zu finden. Bisher ohne Erfolg. Einst bei Sotheby’s International Realty ausgeschrieben, ist die Villa inzwischen ebenfalls bei Ginesta im Portfolio. Schafft der Zürcher Nobelmakler, was der internationalen Konkurrenz bisher missglückte? Oder ist die Villa an der Goldküste für 20 bis 25 Millionen Franken unverkäuflich?
Nicht nur die Kundschaft ist anspruchsvoll
Die Vermarktung von hochpreisigen Immobilien dauert oft länger als die eines durchschnittlichen Objekts. «Je spezieller das Objekt, umso weniger mögliche Käufer gibt es», sagt Katharina Hofer (36), eine auf den Luxusimmobilienmarkt spezialisierte Ökonomin der UBS.
Gibt es also zu wenige Multimillionäre, die eine noble Bleibe suchen? Nicht ganz. Die Zahl der Personen mit Vermögen über 10 Millionen Franken stieg in der Schweiz zwischen 2011 und 2021 um rund 8 Prozent jährlich und damit auch die Anzahl potenzieller Käufer von Luxusimmobilien. Das Problem: Die reiche Kundschaft öffnet ihr Portemonnaie nicht mehr so grosszügig wie früher.
«Der Markt für Luxusimmobilien ist im Vergleich zu den boomenden Vorjahren anspruchsvoller geworden», sagt Hofer. «Ein turbulentes Börsenjahr 2022 belastete die Vermögen der Reichen, wodurch die Nachfrage entsprechend nachliess», so die Ökonomin.
Käufer dringend gesucht
Gleich noch ein prominentes Beispiel zeigt, wie schwierig es in der Schweiz ist, eine Luxusimmobilie zu verkaufen: Die Erb-Villa in Winterthur ZH steht zwei Jahre nach der umfassenden Sanierung noch immer leer. Die einst marode Villa Wolfensberg wurde seit der Zwangsversteigerung im Jahr 2020 zu einem Luxusanwesen umgebaut – inklusive Wellness-Bereich im Untergeschoss. Genützt hat das grosse Makeover bisher nichts. Der neue Besitzer, die Immobilienfirma Leemann + Bretscher, sitzt noch immer auf dem Nobelanwesen. Der Grund: In dieser Preisklasse einen Käufer zu finden, den es in die beschauliche Vorstadt von Zürich lockt, ist schwierig bis unmöglich.
Wird es der Familie des legendären Personalvermittlers Egon Zehnder (†91) anders ergehen? Seit kurzem steht sein Anwesen der Superlative in Küsnacht ZH zum Verkauf. Das Grundstück hoch über dem Zürichsee ist über 3600 Quadratmeter gross. Die Zahl auf dem Preisschild: mehr als 20 Millionen Franken. Zu viel?
Die Ruhe nach dem Boom
Das Luxussegment verteuerte sich in den zwei Pandemiejahren um durchschnittlich 8,5 Prozent jährlich – dreimal so viel wie im zehnjährigen Mittel. «Damit einhergehende Überbewertungen werden zunehmend kritisch hinterfragt», sagt die Ökonomin Hofer. Soll heissen: Potenzielle Käufer zögern vermehrt, die verlangten Preise ohne Verhandlung zu zahlen.
Das schlägt sich inzwischen auch auf die Preise nieder. So stiegen die Preise für Luxusobjekte im vergangenen Jahr im Schweizer Durchschnitt mit knapp 4 Prozent schwächer als der Gesamtmarkt. Für 2023 erwartet die UBS sogar einen Rückgang im tiefen einstelligen Bereich. Ob das noble Anwesen der Zehnders für über 20 Millionen Franken einen Käufer findet, wird sich in den nächsten Monaten – oder Jahren – zeigen.