Über 17 Jahre stand das geschichtsträchtige Anwesen am schönen Sonnenhang in Winterthur Wolfensberg ZH leer. Verlottert und angeblich heimgesucht von Geistern, galt die ehemalige Erb-Villa bei den Anwohnern jahrelang als Spukburg. Und wurde dann von Nachtbuben und historisch interessierten Gwundernasen heimgesucht.
Nun erstrahlt sie in neuem Glanz! Für 3 Millionen Franken hat sie der neue Besitzer, die Winterthurer Immobiliengruppe Leemann+Bretscher, (L+B) aus Winterthur saniert. Blick durfte sich während den Arbeiten exklusiv in der Villa umsehen.
Erster Blick hinter die Mauern
Es war das erste Mal, seit die Villa zwangsversteigert wurde, dass die Öffentlichkeit einen Augenschein hinter die Mauern des 6000 Quadratmeter grossen Grundstücks werfen durfte. «Der Burg-Charakter der Villa soll erhalten bleiben», sagte der Bauleiter der L + B damals zu Blick.
Das ist der Immobilienfirma gelungen. Der denkmalgeschützte Garten ist herausgeputzt, Unkraut und in den vergangenen Jahren wild gewachsene Bäume wurden entfernt. Eine Laube lockt zum gemütlichen Znacht im Sonnenuntergang. Der von Vandalen verschmierte Pool lädt, frisch renoviert, zum Baden ein.
Alt trifft auf neu
Doch nicht nur das ist neu: Dort, wo sich einst die Kegelbahn der Erb-Familie befand, ist ein Wellnessbereich mit Sauna, Dusche und Fitnessraum entstanden. Die marode Villa ist zudem deutlich moderner geworden: Das gesamte Haus mit 13 Zimmern ist neu rollstuhlgängig. Dafür entstand neben der ursprünglichen Eingangstür ein zweiter Eingang ohne Treppenstufen. Ein Lift verbindet die Stockwerke.
Doch einiges blieb auch beim Alten, wie Blick weiss. Der zukünftige Besitzer wird es sich an kalten Tagen am selben Cheminée bequem machen können, wie es der Autounternehmer Hugo Erb (1918–2003) und seine Familie einst taten. Oder seine Bücher in die Einbauschränken der einstigen Erb-Bibliothek verstauen.
Sogar der geheime Eingang in einem der Schlafzimmer blieb erhalten. Was wie ein Einbauschrank aussieht, kann aufgestossen werden. Die unsichtbare Türe, so dick wie die Wand selbst, soll trotz Sanierung noch immer funktionieren.
Verhandlungen finden bereits statt
Die Sanierung ist inzwischen abgeschlossen. Brisant: Die Villa soll kurz vor dem Verkauf stehen – noch bevor das frisch sanierte Luxusanwesen überhaupt ausgeschrieben wurde! Blick weiss aus vertraulichen Quellen, dass der aktuelle Eigentümer derzeit mit mehreren Interessenten in Verhandlungen steht. Robert Hofer, Inhaber der Immobilienfirma, gibt sich allerdings bedeckt. Er will auf Anfrage der Zeitung keine Aussage zum Stand der Dinge machen.
Hofer kaufte das Anwesen 2020 für 2,9 Millionen Franken. «Es war mir wichtig, dass das Anwesen in Winterthurer Händen bleibt», sagte er damals. Ob sein Anliegen, die Villa in Besitz eines Eigentümers aus der Region zu sehen, weiterhin Priorität hat, wird sich zeigen.
Auch wie hoch der Verkaufspreis sein wird, ist nicht bekannt. Gut möglich, dass auf dem Preisschild der einst maroden Erb-Villa ein zweistelliger Millionenbetrag steht.
Bewegte Vergangenheit
Die Villa Wolfensberg hat eine bewegte Vergangenheit. Erbaut wurde sie 1937 von Kurt Schoellhorn (1894–1966), Spross der Haldengut-Brauereidynastie. Sie liegt hoch über Winterthur, an einem Waldrand auf dem Wolfensberg. Emporkömmling Hugo Erb hatte das 6000 Quadratmeter grosse Anwesen gekauft, weil er den alteingesessenen Winterthurer Familien zeigen wollte, dass er nun ebenfalls zu den gehobenen Kreisen gehört.
Erb kam aus bescheidenen Verhältnissen. Seinem Vater gehörte eine Autoreparaturwerkstatt. Als der Sohn diese übernahm, wurde daraus in wenigen Jahren ein Auto-Imperium. Der aktuelle Besitzer Hofer kannte die Familie Erb. Er drückte mit einem der Söhne von Hugo Erb die Schulbank.