Minergie-Haushalte sind die Vorreiter des nachhaltigen Wohnens. 62,6 Milliarden Kilowattstunden Energie sollen damit seit der Einführung vor 21 Jahren gespart worden sein.
Der Haken: Das Lüftungssystem der Minergie-Gebäude funktioniert mit Strom. Und dieser wird ab nächstem Jahr massiv teurer. Was bedeutet das für Hauseigentümer und Mieter, die vom Minergie-Standard profitieren?
800'000 Menschen in Minergie-Häusern
«Die steigenden Strompreise betreffen Eigenheimbesitzer von Minergie-Häusern natürlich auch», sagt Stefan Aeschi (50), Experte Bau und Energietechnik des Hauseigentümerverbands HEV. Wie stark, ist von der Grösse des Gebäudes und dem persönlichen Verhalten abhängig.
Rund 800'000 Menschen wohnen in der Schweiz in einem Minergie-Haus. Von den Minergie-zertifizierten Gebäuden sind knapp die Hälfte Mehrfamilienhäuser und 25 Prozent Einfamilienhäuser.
Das heisst aber nicht, dass Minergie-Häuser mehr Energie verbrauchen als andere. «Minergie-zertifizierte Gebäude sind unter anderem besser gedämmt als durchschnittliche Gebäude», erklärt Sabine von Stockar (44), Mitglied der Geschäftsleitung Minergie. Kosten fürs Heizen können so tiefer gehalten werden als bei alten, schlecht isolierten Häusern.
Minergie-zertifizierte Gebäude produzieren zudem einen Teil der benötigten Energie selbst durch Fotovoltaik-Anlagen. Sie sind fossilfrei, und dadurch von steigenden Gas- und Ölpreisen nicht betroffen.
Lässt sich die Lüftung ausschalten?
Die Lüftung von Minergie-Häusern sorgt dafür, dass die Luft gleichmässig ausgewechselt wird. Die optimale Luftqualität wird nicht nur mit Frischluft erreicht, sondern auch, indem überschüssige Feuchtigkeit, Gerüche, Schadstoffe und CO2 abgeführt werden.
Können Betroffene diese Lüftung ausschalten, um Stromkosten zu sparen? Davon raten die Experten ab. «Ein Abschalten der Lüftung spart nicht zwingend Energie», sagt von Stockar. «Lüftet man nicht mehr über die Lüftung, sondern über die Fenster, verliert man sehr viel Wärme, und muss entsprechend mehr heizen.»
Haushalte können aber einstellen, dass die Luft nicht mehr ganz so oft ausgewechselt wird. «Durch die Einstellung eines tieferen Luftwechsels am Lüftungsgerät ist innerhalb der in Minergiebauten sehr dichten Gebäudehülle trotzdem ein minimaler Luftaustausch gewährleistet», sagt Aeschi vom HEV. So liessen sich Stromkosten sparen.
Mieter können Lüftung regulieren
Dasselbe gilt für Mieter einer Minergie-Wohnung: «Man kann die Lüftung stufenweise regulieren», erklärt Wincasa-Sprecher Janos Kick. Ganz abstellen könne man sie jedoch nicht.
Wie stark die Nebenkosten der Mieter von Minergie-Wohnungen aufgrund der steigenden Stromkosten zunehmen werden, will Wincasa nicht beziffern. «Dies ist sehr individuell und hängt vom Nutzerverhalten ab», so Kick.
Wer seine Minergie-Lüftung runterfährt, muss jedoch darauf achten, dass die Luftqualität gut bleibt. Besonders heikel ist das bei jenen Minergie-Gebäude, bei denen die Fenster nicht geöffnet werden können. Das Problem: Die Luftfeuchtigkeit und die Sauerstoffzufuhr muss hier zwingend über die Lüftung reguliert werden. Ansonsten droht im schlimmsten Fall Schimmel.