Darum gehts
- Frau erhält Busse trotz gültiger Abos – weil sie Verbundgrenzen passiert
- Komplexe Tarifstruktur führe zu unbeabsichtigtem Schwarzfahren bei Fahrgästen
- 115 Franken Strafe trotz bezahlter Fahrstrecke sei Schikane
«Gültige Tickets sollten zählen – nicht, ob sie in einem bestimmten Produktformat vorliegen!», regt sich Lisa Nagel (28) auf. Sie kam kürzlich auf der Bahnstrecke zwischen Altendorf SZ und Zürich-Wiedikon in eine Kontrolle – und wurde wegen eines Ticketverstosses mit satten 115 Franken gebüsst.
Eigentlich hatte sie zwei gültige Abos vorliegen. Ein Monatsticket des Zürcher Verkehrsverbunds ZVV für sämtliche Zonen sowie ein Abo des Ostschweizer Verkehrsverbunds Ostwind für die Zonen 997 und 998. In Letzterer befindet sich ihr Wohnort Siebnen SZ.
Was sie nicht wusste: Man darf das ZVV-Abonnement nicht mit dem Ostwind-Abonnement kombinieren, um die Vorteile beider Verbünde zu nutzen. Wer das will, muss zusätzlich einen Z-Pass verwenden. Dieser ist das offizielle Angebot für Fahrten, die Tarifverbundsgrenzen überschreiten.
Die Abos sind nicht kombinierbar
«Diese Information ist nicht eindeutig kommuniziert», meint Nagel. In Broschüren und Online-Quellen sei nur die Rede davon, dass der Z-Pass «ideal» sei, jedoch nicht, dass der Bezug verpflichtend sei.
Nagel hatte sogar einmal einen Z-Pass – für ihre beiden Ostwind-Zonen sowie mehrere ZVV-Zonen am unteren Zürichsee. «Ich dachte, das sei ein Angebot, das den Verkehr in Grenzzonen der Verbunde vereinfacht – aber dass ich mit einem Abo für sämtliche Zonen dieses nicht benötigen würde», führt sie aus.
Die SBB verweist die Blick-Anfrage an die Alliance Swisspass, die erklärt: «Verbundabonnemente berechtigen für Fahrten innerhalb der gelösten Zonen des entsprechenden Abonnements.» Sobald eine Fahrt die Verbundgrenze verlässt, müsse ein gültiger Fahrausweis für die ganze Fahrstrecke gelöst werden. Das sei im Tarif festgehalten und aus Sicht von Alliance Swisspass auch klar in den jeweiligen Zonenplänen kommuniziert.
Nagel anerkennt ihren Fehler, verweist aber darauf, dass sie eigentlich für alle relevanten Zonen bezahlt habe. «Dass dies nicht reicht, wirkt auf mich wie eine Art Zollgebühr innerhalb des eigenen Landes.» Der Z-Pass würde sie monatlich 15 Franken mehr kosten – obwohl sie für sämtliche befahrenen Zonen bezahlt habe, aber diese eben zu unterschiedlichen Verbünden gehörten.
Fahrgäste von den Ticketregeln überfordert
«15 Franken montlich sind für mich nicht so wenig», meint Nagel. Sie lebt in einer kleinen Wohnung direkt am Bahnhof Siebnen, hält sich mit zwei Jobs als Putzfrau und Fitnesstrainerin über Wasser. Für diese muss sie regelmässig mit dem Zug nach Zürich und Erlenbach ZH, ein Auto kann sie sich nicht leisten.
Aus ihrer Sicht seien die ÖV-Ticketregeln zu kompliziert: «Ich beobachte regelmässig, wie Fahrgäste mit dem Ticketing überfordert sind.» Die Tarifstruktur sei uneinheitlich: «Wer sich nicht intensiv damit auseinandersetzt, wird schnell unwillentlich zur Schwarzfahrerin.»
Nagel ist wegen eines früheren Vergehens, als die SBB-App laut ihr ein Ticket für einen nachfolgenden Zug löste, bereits beim Bahnunternehmen bekannt. Und jetzt auf dem «Schwarzfahrer-Register» gelandet. «Obwohl ich jeweils Tickets hatte», hadert sie.
Mit dem Tarifdschungel mag sie sich nicht mehr auseinandersetzen. Weil in kommender Zeit mehrere Bewerbungsgespräche in den Kantonen Zürich und Schwyz anstehen, hat sie ihre Zonen-Abos auslaufen lassen und per 20. April ein befristetes GA gelöst. Das kostet sie 360 Franken im Monat – bei einem Monatslohn von unter 3000 Franken keine Lappalie.
«Leute, die aus der Sozialhilfe entkommen sind, sollten wegen solcher kleinlicher Ticketvergehen nicht gleich wieder reinfallen», schliesst die Wahlschweizerin resigniert.