Darum gehts
- Klaus Schwab tritt als WEF-Vorsitzender zurück
- Spekulationen über Rücktrittsgründe: Gesundheit, Diskriminierungsvorwürfe oder politischer Druck?
- Schwab führte letzte Woche ein Telefongespräch mit US-Präsident Trump
Klaus Schwab bleibt sich auch bei seinem Rücktritt treu. Der 87-jährige Gründer des World Economic Forum (WEF) hat sich noch nie darum geschert, was andere von ihm denken oder was sie in seine Aussagen, Taten oder Einladungen hineinlesen.
Der gebürtige Deutsche aus Ravensburg gibt die Kontrolle über sein Lebenswerk ab, für das er 24 Stunden und sieben Tage die Woche unermüdlich gelebt und gearbeitet hat. Deshalb kann es nur halbwegs überraschen, dass er seinen Rückzug als Vorsitzender des Stiftungsrates an einer Sondersitzung am Ostersonntag im engeren Kreis und am Ostermontag der Weltöffentlichkeit auf der Homepage des WEF verkündet hat.
Für Schwab war es wohl schlicht unvorstellbar, dass man über Ostern auch etwas anderes tun kann als arbeiten. Auch in seinen Ferien hat ihn das Thema WEF offenbar nicht losgelassen. «Nach meiner jüngsten Ankündigung und anlässlich meines 88. Lebensjahres habe ich mich entschieden, mit sofortiger Wirkung von meinem Amt als Vorsitzender und Mitglied des Kuratoriums zurückzutreten», lässt sich Schwab in der Mitteilung am Ostermontag zitieren.
Zu «woke» ?
Die «jüngste Ankündigung» bezieht sich wohl auf ein Schreiben vom 1. April 2025 – zwei Tage nach seinem 87. Geburtstag – an die anderen Stiftungsräte, in dem Schwab seinen Rückzug angekündigt hatte. Natürlich schiessen nun Spekulationen ins Kraut, warum der Rückzug ausgerechnet über Ostern passieren musste.
Mit den – inzwischen mutmasslich durch einen aussergerichtlichen Vergleich aus der Welt geschafften – Vorwürfen wegen Diskriminierung innerhalb der Organisation dürfte der Rücktritt nichts zu tun haben. Auch gesundheitlich gebe es keinen Grund für einen sofortigen Rücktritt, wie es aus dem Innern des WEF heisst.
Bleibt die Frage, ob all die Initiativen des WEF zu Gleichberechtigung oder im Kampf gegen den Klimawandel die Organisation als zu «woke» haben erscheinen lassen und es entsprechenden Druck aus den USA gegeben hat. Auch eher unwahrscheinlich, da das WEF schon immer relativ agil auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert hat.
Auf Kritik reagiert
Als die Kritik am Jahrestreffen in Davos – vor allem auch in der Schweiz immer heftiger wurde – oder Klimagegner in Scharen ins Landwassertal reisten, rief das WEF oben genannte Initiativen ins Leben oder gründete das Open Forum für einen besseren Dialog mit der Bevölkerung. Diese Bemühungen sind zwar durchaus ernst gemeint, verschwanden aber am Jahrestreffen 2025 mit der Wahl von Donald Trump (78) auch schnell wieder von der Hauptbühne. Es gibt prominente Exponenten des WEF, die im Januar in Davos die disruptive Art des US-Präsidenten und das Verschwinden der – in ihren Augen – Auswüchse des «Wokeismus» sehr begrüssten.
Möglicherweise hat Schwab erkannt, dass sein Credo «Dialog mit allen» im Zeitalter der ideologischen Hardliner an eine Grenze kommt. Das war zum Beispiel bei den Auftritten von Javier Milei (54) an den letzten beiden Jahrestreffen in Davos zu spüren. Führte Schwab Milei im letzten Jahr noch selbst auf die Bühne und gratulierte ihm überschwänglich zu seinem Wahlerfolg, überliess er diese Aufgabe 2025 Børge Brende (59). Der Norweger übernahm diesen Job auch bei der Videoansprache von Trump. Andere Politiker wie die Schweizer Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter (61), den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz (66) oder den südafrikanischen Präsidenten Cyril Ramaphosa (72) begrüsste WEF-Gründer Schwab dagegen persönlich auf der grossen Bühne im Kongresszentrum.
Das dickste Adressbuch der Welt
Interessant: Schwab habe letzte Woche ein Telefongespräch mit US-Präsident Trump geführt, berichtet die «NZZ». Vielleicht nicht mit dem von Schwab erhofften Ergebnis, was seine Lust auf Rücktritt beschleunigt haben könnte.
Wer wird die Nachfolge von Klaus Schwab antreten und das WEF als eine der letzten Bastionen der Globalisierung im Zeitalter der Ideologen weiterführen? Oft genannt wird EZB-Chefin Christine Lagarde (69), deren Amtszeit 2027 endet. Oder Blackrock-Chef Larry Fink (72), der in den USA bestens vernetzt ist. Beide sitzen, wie die auch immer wieder genannte IWF-Chefin Kristalina Georgiewa (71), bereits im Stiftungsrat des WEF.
Wer auch immer die Nachfolge antritt, kann weiterhin vom dicksten Adressbuch der Welt profitieren. Dieses würde Schwab seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger gerne vererben.