Darum gehts
- Neubauprojekte in Sertig Dörfli sorgen für Kontroverse und Widerstand
- WEF-Gründer Klaus Schwab kritisiert die geplanten Bauten in Sertig
- 700 Unterschriften gegen Bauentscheid, Motion im Gemeindeparlament eingereicht
20 Minuten dauert es mit dem Auto von Davos GR bis ins Sertig Dörfli GR. Alternativ kann man auch per Pferdekutsche reisen. Die einsame Strasse geht durch ein Seitental, links und rechts wird der Weg von den Bergen gesäumt. Vor dem winzigen Weiler angekommen, fällt der Blick unweigerlich auf die hölzernen Walserhäuser, den steinernen Gasthof – und bald wohl auf eine Baustelle.
Trotz Einsprachen des Heimatschutzes winkte die Davoser Regierung Dezember 2024 zwei Baugesuche durch: Direkt am Dorfeingang sollen künftig ein Tiny House sowie ein weiteres «Chalet» stehen. Die Alpenidylle wirkt seither angekratzt. Die «Davoser Zeitung» berichtet im Akkord. Gegner des Bauvorhabens haben mit einer Petition über 700 Unterschriften gesammelt sowie im Grossen Landrat eine Motion eingereicht. Die «historische Walsersiedlung» sei der «einzige Weiler in Davos, der seinen ursprünglichen Charakter bis heute bewahren konnte und bislang von Neubauten nahezu verschont blieb», heisst darin.
Klaus Schwabs Lieblingsort
Prominente Unterstützung erhalten die Motionäre von WEF-Gründer Klaus Schwab (87). Als er von den Standorten der Neubauten erfahren habe, sei das ein Schock für ihn gewesen, sagt er zu Blick. «Deshalb musste ich meine traditionelle Zurückhaltung überwinden und Stellung beziehen.» Das Dorf liegt ihm und seiner Frau Hilde persönlich am Herzen, in der schneeweissen Dorfkirche haben sie vor 54 Jahren geheiratet; durch einen symbolischen Quadratmeter ist Schwab hier sogar Landbesitzer. «Für eine Kuh reicht der Platz nicht, aber vielleicht für eine Ziege», sagt er lachend.
Bedauernswert findet Schwab, dass die Neubauten künftig das Erste sein werden, was Reisende von Sertig sehen. Per Kutsche sei das Ehepaar Schwab schon mit «First Ladies aus einigen der wichtigsten Länder der Welt» dorthin gefahren; für WEF-Besucher aus Amerika, China oder Indien stelle der Besuch im Weiler einen Höhepunkt dar. «Neubauten würden nicht bloss ästhetisch stören», sagt Schwab. Nur in einer über die Jahrhunderte gewachsenen Landschaft wie in Sertig könne man sich als Mensch seiner eigenen Verankerung in Natur und Geschichte richtig bewusst werden. «Müsste ich aussuchen, würde ich sagen: Sertig ist für mich der beste unberührte Ort der Welt.»
Weitere Neubauten könnten folgen
Lukas Kistler (GLP), Motionär und Gegner des Bauvorhabens, sagt: «Sertig ist eine Perle von Davos und auch touristisch wichtig.» Die Baubewilligung kam für Kistler aus dem Blauen. «Das kommunale Leitbild sieht Verdichtung im Inneren von Davos vor, für Sertig dagegen steht der Schutz des Ortsbildes vorgeschrieben.» Zwar handelt es sich der alten Raumplanung nach tatsächlich um Bauland; die ganze Gemeinde ist aber seit 2023 eine Planungszone – mit Rücksicht auf das Leitbild hätte sich die Baubehörde auch gegen die Bewilligungen entscheiden können. «Es fehlte an politischem Willen», sagt Kistler.
Die beiden Neubauten seien der örtlichen Bauweise «ganz wesensfremd», moniert Ludmila Seifert vom Bündner Heimatschutz. Es handle sich um «Betonkonstruktionen mit modisch designten Fassaden, die so tun, als wären sie Holzbauten». In der «Davoser Zeitung» rechtfertigte sich der Bauherr einst: «Wir haben selbst ein persönliches Interesse, dass die neuen Bauten mit schönen Holzfassaden gut ins Dörfli eingebettet sind.» Bei den bewilligten zwei Neubauten soll es dem Bauherrn zufolge nicht bleiben, auch das restliche Bauland möchte er für Erstwohnungen nutzen. Auf der Website des Architekten waren bis Freitag noch Visualisierungen von drei zusätzlichen «Resorts» in Sertig zu sehen.
Ein pikantes Detail
Kistlers Motion ist Stand heute im Grossen Landrat hängig, Bauarbeiten dürfen aber jetzt schon beginnen. Die Gemeinderegierung als zuständige Baubehörde sagt auf Anfrage, sie sei zur Überzeugung gekommen, «dass das Ortsbild durch die Neubauten nicht in einer eine Baubewilligung ausschliessenden Weise beeinträchtigt wird.» Pikantes Detail allerdings: Der Architekt der Neubauten ist selbst Teil der fünfköpfigen Baukommission, also jenes Gremiums, das die Anträge begutachtete, bevor die Baubehörde dann über sie entschied.
Der Architekt wollte sich gegenüber Blick nicht äussern.
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