Auf einen Blick
- KI-Firma Outlier AI wirbt für Schweizerdeutsch-Training, entpuppt sich als fragwürdig
- Bewerber durchlaufen stundenlanges Assessment ohne Bezahlung oder Jobzuweisung
- Angebotener Lohn von 8000 Franken monatlich übersteigt Schweizer Medianlohn
Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein: Du bringst einer künstlichen Intelligenz (KI) Schweizerdeutsch bei – und verdienst dabei gutes Geld. «100 Prozent Homeoffice, wöchentliche Auszahlungen, flexible Arbeitszeiten – arbeite, wann immer du willst.» Diese Werbung wird auf den Social-Media-Plattformen wie Instagram und Facebook gerade zehntausenden Schweizer Nutzern angezeigt. Dabei sieht man junge Frauen, mit einer Tasse Kaffee in der Hand und auf dem Sofa sitzend, in die Kamera lächeln.
Hinter dem verlockenden Angebot steckt die kalifornische KI-Firma Outlier AI. Die Mission ist ambitioniert: «Outlier ist eine Plattform, die Fachexperten zusammenbringt, um die fortschrittlichste generative KI der Welt zu entwickeln», steht auf der Firmenwebseite. Die Technologie soll dann den «innovativsten Unternehmen der Welt» angeboten werden. Dazu muss die KI aber erst noch trainiert werden. Deshalb hat Outlier AI in vielen Ländern in der Welt Stellen ausgeschrieben. Auch auf Jobplattformen in der Schweiz.
Im Stelleninserat heisst es: «Zu deinen Hauptaufgaben gehört das Lesen eines schweizerdeutschen Textes, um eine Reihe von Antworten zu bewerten, die von einem KI-Modell erzeugt worden sind. Das Schreiben einer Kurzgeschichte auf Schweizerdeutsch über ein vorgegebenes Thema. Und das Beurteilen, ob ein von einem KI-Modell erstellter schweizerdeutscher Text sachlich richtig ist.»
8000 Franken pro Monat
Die flexiblen und lockeren Arbeitsbedingungen klingen nach einem Traumjob. Und auch der Lohn kann sich sehen lassen: 2000 Franken in der Woche. Das wären 8000 Franken Monatslohn. Und das ist deutlich mehr als der Schweizer Medianlohn von 6788 Franken.
Ist die KI-Bude aus Kalifornien wirklich so spendabel? Denn wer im Internet nach Outlier AI sucht, stösst auf unzählige schlechte Bewertungen. Es soll sich um eine grosse Datenkrake handeln, die an persönliche Daten der Bewerberinnen und Bewerber herankommen möchte – und ihnen später gar keine Arbeit zuweist. «Das ist doch ein Scam, ich habe das ganze Bewerbungsverfahren durchlaufen und warte seit Wochen auf einen Auftrag», heisst es im Internetforum Reddit.
Stundenlanges Assessment
Blick hat den Test gemacht und ist einer Anzeige auf Instagram gefolgt. Gleich als Erstes fragt Outlier AI den Bewerber nach persönlichen Daten. Danach gehts in ein stundenlanges Assessment. Dabei trainiert man die amerikanische KI auf Schweizerdeutsch – ohne dafür auch nur einen Rappen zu sehen. Und Anschluss? Gähnende Leere. «Keine Arbeit verfügbar», heisst es bei Outlier AI.
Der Traumjob der kalifornischen KI-Bude entpuppt sich als Rohrkrepierer. Welche Ambitionen stecken wirklich hinter der Werbe-Offfensive in der Schweiz? Geht es nur um persönliche Daten? Fragen, die allesamt unbeantwortet bleiben. Die Kalifornier antworten nicht auf die Blick-Anfragen.