Da schuftet man ein Leben lang und baut kontinuierlich Ersparnisse auf: Für viele Schweizerinnen und Schweizer ist klar, dass sie einen grossen Teil davon gerne einmal an ihre Kinder vererben möchten. Muss man für ein paar Jahre ins Altersheim, kann ein kleines Vermögen jedoch schneller dahinschmelzen als die Gletscher in den Schweizer Alpen.
So müssen Pflegebedürftige in der Schweiz durchschnittlich über 5300 Franken pro Monat aus der eigenen Tasche berappen. Je nach Pflegebedarf kann der Betrag auch deutlich höher liegen. Da ist es verlockend, einen Teil der Ersparnisse oder das Haus bereits früher in Form einer Schenkung oder eines Erbvorausbezugs an seine Nachkommen zu vermachen. Der Idee dahinter: Geht dann im Alters- oder Pflegeheim das Geld aus, soll der Staat und damit der Steuerzahler mit Ergänzungsleistungen (EL) einspringen.
Generation Babyboomer: In der Schweiz wird immer mehr Vermögen vererbt
Gibt es eine Verjährung?
Mit einem solchen Plan kann man sich einigen an Ärger einbrocken. Angefangen mit dem Anspruch auf EL. «Dafür wird eine Vermögensaufstellung gemacht, bei der auch ‹Vermögensverzichte› berücksichtigt werden. In diese Kategorie fallen insbesondere auch Schenkungen», sagt Christoph Good (44), Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei Good Rechtsanwälte in Zürich. Ist das anrechenbare Vermögen zu hoch, entfällt der Anspruch auf EL oder wird gekürzt.
Ändert sich daran etwas, wenn die Schenkung an die Kinder bereits 20 Jahre zurückliegt? «Eine Verjährung des Vermögensverzichts gibt es nicht», so Good.
Immerhin kann das Verzichtsvermögen um jährlich 10'000 Franken «amortisiert» werden. Bei einer Schenkung über eine halbe Million Franken werden nach 20 Jahren also noch 300'000 Franken zum Vermögen angerechnet.
Auch ein erheblicher Vermögensverzehr in den zehn Jahren vor dem AHV-Anspruch wird als Verzichtsvermögen angerechnet. Ein solcher liegt vor, wenn jährlich mehr als 10 Prozent der Ersparnisse verprasst wurden.
Wann die Kinder zur Kasse gebeten werden
Ist eine wertvolle Immobilie vorhanden, könnte zur Finanzierung der Pflegekosten eine Erhöhung der Hypothek nötig werden. Ist das nicht möglich, droht allenfalls ein Verkauf.
Eine Rückforderung von Schenkungen finde zwar grundsätzlich nicht statt, führt Good aus. Trotzdem kann gerade gut situierten Kindern Ungemach drohen. «So kommt die Sozialhilfe zum Zug und diese kann die sogenannte Verwandtenunterstützung geltend machen.» Eine solche wird geprüft, wenn ein Ehepaar mehr als 180'000 Franken oder eine Einzelperson über 120'000 Franken verdient. Pro minderjährigem Kinder oder solchen in Ausbildung erhöht sich die Schwelle um 20'000 Franken.
«Unter Umständen kann auch das Vermögen der verpflichteten Person berücksichtigt werden, sofern die Lebensführung des Pflichtigen langfristig nicht beeinträchtigt wird und der Anspruch auf Bildung einer stabilen Altersvorsorge gewahrt werden kann», so Good. Geprüft wird, wenn Alleinstehende ein Vermögen von mehr als 250'000 Franken haben.
Bei Paaren ist es das Doppelte und pro Kind erhöht sich die Grenze um 40'000 Franken. Bei hohen Einkommen oder Vermögen setzt sich der Sozialdienst mit den Verwandten in Verbindung und versucht, eine Einigung zu finden.