Die USA und die EU wollten den russischen Präsidenten Wladimir Putin (70) finanziell austrocknen und die Oligarchen gegen ihn aufbringen. Doch die Sanktionen wirken nicht wie gewünscht. Deshalb will man Putin mit einem neuen Sanktionspaket den Geldhahn abdrehen.
Dieses Mal treffen die Sanktionen bisher verschonte Finanzinstitute wie die russische Bank Tinkoff. Doch die EU scheint die Rechnung ohne die Digitalbank gemacht zu haben. Diese hat bereits ein Hintertürchen parat. Tinkoff informiert ihre Kundinnen und Kunden über Telegram, dass man «Lösungen für verschiedene Szenarien entwickelt» habe.
Verhöhnung der EU
Die Anleitung auf dem Telegram-Channel der Bank liest sich wie eine Verhöhnung der EU. «Wir übertragen Vermögenswerte auf eine neue, nicht sanktionierte Verwahrstelle», schreibt die Bank an ihre 300'000 Abonnenten. Damit Kundengelder bis dahin nicht einfach gesperrt werden könnten, setzt Tinkoff den Handel mit ausländischen Wertpapieren vorübergehend aus.
Die Bank will in den nächsten ein bis drei Wochen «alle notwendigen Massnahmen für die Übertragung ergreifen». Das sei so rasch möglich, weil man sich vor Monaten auf dieses Szenario vorbereitet habe.
Die Tinkoff Bank machte nach dem Kriegsausbruch vor allem mit ihrem Gründer und Eigentümer Oleg Tinkow (55) Schlagzeilen. Der russische Oligarch übte mehrfach harsche Kritik an Putins Angriff auf die Ukraine. Im Mai 2022 soll Tinkow zum Verkauf seiner Anteile zu einem Spottpreis an Putin-Freund Wladimir Potantin (62) gezwungen worden sein. Tinkow gab Ende Oktober 2022 bekannt, seine russische Staatsbürgerschaft aufgegeben zu haben. Er wolle nicht mit einem faschistischen Staat in Verbindung gebracht werden.
Über 16 Millionen Kunden
Für Tinkoff-Kunden ist auch der Handel über die Börse in Hongkong wegen der Anpassungen vorübergehend eingeschränkt. Nach der Verschiebung der Vermögen sollen russische Kunden wieder sorgenfrei mit ausländischen Wertpapieren handeln können. Und davon gibt es jede Menge. Die Tinkoff Bank zählt über 16 Millionen Kundinnen und Kunden und steht damit in Russland auf Platz 3.
Die neuen Sanktionen dürften auch die Rosbank und die Alfa Bank treffen. Die Alfa Bank ist die grösste russische Privatbank und hat seit Kriegsbeginn ebenfalls grosse Volumen an Kundengeldern verschoben.
Jagd auf Oligarchenvermögen
Gemeinsam mit der Tinkoff Bank könnten die drei Finanzhäuser zudem von Swift und damit vom internationalen Zahlungsverkehr ausgeschlossen werden. Auf dieser Liste stehen bereits sieben russische Banken. Kommen weitere Banken auf die Liste, wäre es für Russland noch schwieriger, Geld über die Grenze zu transferieren.
Im neuen Sanktionspaket will die EU auch die Jagd auf die Vermögen von Oligarchen auf der Sanktionsliste verstärken. In der Schweiz waren Ende letztes Jahr russische Finanzvermögen in Höhe von 7,5 Milliarden Franken eingefroren. Nach Schätzungen sollen bis zu 200 Milliarden russische Gelder in der Schweiz liegen. Der Grossteil davon dürfte jedoch im Besitz von Leuten sein, die nicht auf der Sanktionsliste stehen.