Auf einen Blick
- Gesetzesänderung erschwert Früchte- und Gemüsekauf, neue Waagennutzung sorgt für Verwirrung
- Coop reagiert auf Kritik – und passt Waagen für Sehbehinderte an
- 400'000 Personen in der Schweiz leben mit einer Sehbehinderung
Eine simple Gesetzesänderung macht den Kauf von Früchten und Gemüse seit Anfang Jahr komplizierter. Wer beim Grossverteiler oder im Discounter die Früchte- und Gemüsewaage bedient, muss sich konzentrieren. Beim Wägen muss man etwa im Coop neu angegeben, ob der Artikel unverpackt, im Raschelsäckli, Papiersack oder in einem Multibag aus Stoff verpackt ist. Der Bund hat die eidgenössische Mengenangabenverordnung geändert. Seit Anfang Jahr dürfen Läden ihren Kundinnen und Kunden nur noch das Reingewicht verrechnen – ohne Verpackung.
Der neue, zusätzliche Schritt an der Waage sorgt auch einen Monat nach der Einführung noch für Verwirrung. Und kommt längst nicht bei allen Kundinnen und Kunden gut an. Vor allem Menschen mit Sehbehinderung haben sich beklagt, wie das Onlineportal nau.ch berichtet. Sie können nichts mehr erkennen, weder die Abbildung auf dem Display noch die Schrift. Und die Waagen deshalb nicht mehr bedienen. Zur Einordnung: In der Schweiz leben 400'000 Personen mit einer Sehbehinderung, 50'000 davon sind ganz blind.
Coop reagiert auf Kritik
«Als Mensch mit Sehbehinderung erkenne ich weder das Bild, noch kann ich die derart kleine Schrift lesen. Ich sehe nichts», schreibt Dominik Gertschen auf dem Karriereportal Linkedin. Der Präsident des Schweizerischen Blindenbundes ergänzt: «Was schon herausfordernd ist, wird noch herausfordernder!» Gertschen ist nicht allein mit der Kritik am neuen System. «Mehrere Mitglieder sind auf uns zugekommen», heisst es auch beim Schweizerischen Blinden- und Sehbehindertenverband (SBV). Auch wegen der Migros.
Coop reagiert nun auf die Kritik und bessert gut vier Wochen nach der Umstellung nach. «Wir stehen diesbezüglich im Austausch mit dem SBV. Die gewünschten Anpassungen sind bei uns bereits in Umsetzung», sagt ein Coop-Sprecher zu nau.ch. Sehbehinderten Kundinnen und Kunden würde man in den Filialen helfen. «Unsere Mitarbeitenden sind sensibilisiert und helfen jederzeit gerne beim Einkauf», sagt er.
«Wir prüfen regelmässig unsere Systeme»
Die Migros betont ebenfalls, dass immer Personal in den Läden sei, das gerne helfe. «Besonders in der Gemüse- und Früchteabteilung», sagt ein Migros-Sprecher. Auch Kundinnen und Kunden ohne eine Behinderung seien dort öfters auf Hilfe angewiesen. Eine Änderung oder Anpassung bei der Waage ist bei der Migros derzeit keine geplant. «Natürlich prüfen wir regelmässig unsere Systeme, und wir hören uns die Anliegen der Kundschaft gerne an», so der Sprecher weiter. Gut möglich also, dass auch der orange Riese noch Anpassungen vornimmt.