Auf einen Blick
- Tiefere Besucherzahlen machen den Messen zu schaffen
- Olma Messen St. Gallen kämpft finanziell und benötigt noch 7 Millionen Franken Eigenkapital
- Grösseren Ausstellungen geht es gut
Am Donnerstag ist es wieder so weit: Bratwurst ohne Senf, Säulirennen und das obligate Bundesrats-Eröffnungsföteli. Circa 320'000 Menschen werden in den nächsten elf Tagen an der Olma in St. Gallen erwartet. Die Landwirtschafts- und Ernährungsmesse ist Kult. Und steht bei vielen Ostschweizern auf dem Pflichtprogramm.
Obwohl die Olma ein Publikumsgarant ist, hat ihr Veranstalter – die Olma Messen St. Gallen – finanziell zu kämpfen, wie so viele Messen-Veranstalter in der Schweiz. 2019 fand die Mustermesse Basel (Muba) ihr Ende, 2018 starben die Comptoir Suisse in Lausanne und die Zürcher Spezialitätenausstellung (Züspa). Nach der letzten Austragung in diesem Jahr verschwindet auch der Genfer Autosalon.
Umwandlung in eine Aktiengesellschaft
Das Messesterben ist also Realität. Probleme kennt man auch in der Ostschweiz, wie ein Blick in die Vergangenheit zeigt: In St. Gallen stand man im Jahr 2020 ebenfalls kurz vor dem Konkurs. Aufgrund der zweijährigen Ausfälle während der Corona-Pandemie und des Baus einer neuen Halle für 190 Millionen Franken brauchte die Olma Messen Unterstützung von der öffentlichen Hand. Die Stadt und der Kanton spannten in der Rolle als Hauptaktionäre zusammen mit verschiedenen Banken ein Rettungspaket. Stadt und Kanton beteiligten sich mit 17 Millionen Franken.
Die Olma Messen St. Gallen wurden beauftragt, 20 Millionen Franken Eigenkapital zu akquirieren. Dazu wurde die Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Seit der Anpassung sucht die Olma Messen fleissig nach Aktionären. «Wir liegen aktuell bei 13 Millionen Franken und damit zwei Dritteln», erklärt Christine Bolt, CEO der Olma Messen St. Gallen gegenüber Blick.
7 Millionen Eigenkapital fehlen noch
Es fehlen also immer noch 7 Millionen Franken. Das, nachdem man die Wunsch-Deadline bereits um dreiviertel Jahre auf Ende 2024 geschoben hatte. Ob man die angepriesenen 20 Millionen überhaupt erreicht, ist fraglich. Da kommen schnell altbekannte Fragen auf: Sind Messen in Zeiten von Online-Shops ein Auslaufmodell? Lohnen sich Investitionen überhaupt noch?
Es gibt immerhin auch positive Nachrichten aus St. Gallen. «In diesem Jahr sind an der Olma rund 600 Ausstellende vertreten», bestätigt Co-Messeleiterin Melanie Frei. Das sind über 50 mehr als noch im letzten Jahr. Das Interesse ist weiterhin vorhanden. Auch der Geschäftsbericht aus dem letzten Jahr zeigt: Mit einem operativen Gewinn von 2,4 Millionen Franken funktioniert das Kerngeschäft der Olma Messen. Das grosse Unheil ist aber noch nicht abgewendet.
Wie steht es um die restlichen Messen?
Vielen ehemaligen Messeveranstaltern machten die rückläufigen Besucherzahlen zu schaffen – das sorgte etwa zu Aus der Muba. Der allgemeine Tenor lautete: An einer Messe verkauft man nichts mehr. Viele Unternehmen setzen auf Onlinemarketing statt auf Präsenz vor Ort. Denn ein Stand ist an einer noch bestehenden Messe teuer.
Trotzdem gehen einige Besucher immer noch mit der Absicht an eine Messe, um dort etwas zu kaufen. Oft wollen sie die Produkte zuerst anfassen und sehen, bevor sie nach Hause kommen. Mit der alten Tradition des Messerabatts kann man zudem noch ein wenig sparen.
Darum erstaunt es auch nicht, dass die grösseren Messen in der Schweiz überleben können. So etwa die BEA in Bern. Mit 800 Ausstellenden und einem bestätigten Besucherrekord von über 330'000 Menschen in diesem Jahr läuft es der Berner Ausstellung gut. Auch die Messe Luzern AG mit ihrer Publikumsmesse Luga kommt über die Runden. Der Umsatz ist im Geschäftsjahr 2023/24 zwar leicht eingebrochen, doch hält sich immer noch auf 12,6 Millionen Franken.
Von einem kompletten Messesterben kann also momentan nicht die Rede sein. Doch das Marktumfeld der Schweizer Ausstellungen ist labil. Für Kleinere wird es je länger, desto schwieriger, den Kopf über Wasser zu halten.