Die Messe ist tot, es lebe die Messe
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Nach 102 Jahren - letzte Muba:Die Messe ist tot, es lebe die Messe

Nach 102 Jahren findet die Muba zum letzten Mal statt
Die Messe ist tot, es lebe die Messe

Die letzte Basler Mustermesse hat ihre Tore geöffnet. Wenn sie am 17. Februar schliesst, macht innert Kürze die dritte grosse Schweizer Publikumsmesse dicht. Doch kleinere Fachveranstalter wittern Morgenluft.
Publiziert: 08.02.2019 um 23:26 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 10:55 Uhr
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Die Mustermesse in Basel geht nach 102 Jahren zu Ende. Der Andrang am Eröffnungstag der letzten MUBA war eher bescheiden.
Foto: STEFAN BOHRER
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Daniel ArnetRedaktor Gesellschaft / Magazin

Die Mustermesse Basel (Muba) feierte ihren 100. Geburtstag noch zuversichtlich mit der Webseite «100jahrezukunft.ch». Die Internetadresse ist inzwischen tot, und der Traditionsanlass bald Vergangenheit: Am Freitag öffnete nach 102 Jahren die letzte Muba ihre Tore – am 17. Februar ist endgültig Schluss.

Die riesige Uhr auf der Glasfassade des Muba-Gebäudes in Basel zeigt kurz vor 10 Uhr. Gleich öffnet die Messe zu ihrer Derniere. Eine Traube Menschen steht vor dem Eingang – vorwiegend ältere Menschen und Schulklassen. Gedrückte Stimmung, als würde man an eine Beerdigung gehen. Die Mutter aller Messen geht zu Ende.

Im Internet trauern prominente Besucher wie Filmproduzent und Oscar-Gewinner Arthur Cohn, alt Bundesrat Christoph Blocher (78) oder Stand-up-Comedian Claudio Zuccolini (48) der Muba nach und schwelgen in vergangenen Zeiten: Cohn und Blocher erinnern sich, wie sie mit ihren Vätern zur Messe reisten, und Zuccolini weiss noch, wie er dort als Knabe zum ersten Mal die «sensationellen Gemüseraffeln» und «hellblaue Wannen» für Sprudelbäder sah.

Die Muba hatte in den besten Jahren eine Million Besucher

Haben Härdöpfelhobel, Staubsauger und Fondue-Gemütlichkeit nichts mehr verloren an heutigen Messen? «Wenn sie da gekauft beziehungsweise genossen werden – dann doch», sagt Christian Jecker, Leiter Unternehmenskommunikation der MCH Group, welche die Muba veranstaltet. «Aber Hand aufs Herz: Gehen Sie heute wegen eines Staubsaugers oder Fondueplauschs an eine Messe?»

Publikumsmessen ohne spezifische Zielgruppen seien nicht mehr zeitgemäss und zukunftsfähig, begründet Jecker die Schliessung. Die Muba ist darum nicht die einzige Schweizer Publikumsmesse der MCH Group, die jetzt schliesst: Im September letzten Jahres machte das Comptoir Suisse in Lausanne dicht, und im Oktober ging die letzte Zürcher Spezialitätenausstellung (Züspa) über die Bühne, was die überraschte Öffentlichkeit erst im November erfuhr.

Doppelt so viele Zuschauer wie in Fussballstadien

Von der AMA in Aarau bis zur Zugermesse: In der Schweiz gibt es jährlich über 50 kleinere und grössere Veranstaltungen, an denen mehr als 14'000 Aussteller Waren und Dienstleistungen zur Schau stellen. Gegen vier Millionen Besucherinnen und Besucher schauen sich die Auslagen an – doppelt so viele, wie in Fussballstadien gehen. Während kleinere Fachmessen wie etwa die Man's World mit steigenden Besucherzahlen rechnen, sinken die Eintrittszahlen bei den grossen Publikumsmessen. In die Muba wollten letztes Jahr gerade einmal noch 123'746 Personen gehen. Wer ist der klassische Muba-Besucher? Zahlen von 2018 belegen, dass es sich mehrheitlich um Besucherinnen handelt (63 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren, wobei die Altersgruppe der 46- bis 65-Jährigen mit 35 Prozent die grösste ist. 53 Prozent kommen fürs Essen und Trinken in die Hallen, 33 aus Tradition und 24 Prozent, um tatsächlich etwas zu kaufen. Die durchschnittlichen Ausgaben eines solchen Käufers liegen bei 614 Franken.

Von der AMA in Aarau bis zur Zugermesse: In der Schweiz gibt es jährlich über 50 kleinere und grössere Veranstaltungen, an denen mehr als 14'000 Aussteller Waren und Dienstleistungen zur Schau stellen. Gegen vier Millionen Besucherinnen und Besucher schauen sich die Auslagen an – doppelt so viele, wie in Fussballstadien gehen. Während kleinere Fachmessen wie etwa die Man's World mit steigenden Besucherzahlen rechnen, sinken die Eintrittszahlen bei den grossen Publikumsmessen. In die Muba wollten letztes Jahr gerade einmal noch 123'746 Personen gehen. Wer ist der klassische Muba-Besucher? Zahlen von 2018 belegen, dass es sich mehrheitlich um Besucherinnen handelt (63 Prozent). Das Durchschnittsalter liegt bei 42 Jahren, wobei die Altersgruppe der 46- bis 65-Jährigen mit 35 Prozent die grösste ist. 53 Prozent kommen fürs Essen und Trinken in die Hallen, 33 aus Tradition und 24 Prozent, um tatsächlich etwas zu kaufen. Die durchschnittlichen Ausgaben eines solchen Käufers liegen bei 614 Franken.

Allesamt altehrwürdige Anlässe, die Jahr für Jahr an Attraktivität einbüssten. Die Besucherzahlen sanken dementsprechend: Gingen in den besten Jahren über eine Million Personen an die Muba, waren es 2018 lediglich noch etwas mehr als ein Zehntel davon. «Wir haben in den letzten Jahren oder gar Jahrzehnten grosse Anstrengungen unternommen, diese Messen von Verkaufs- zu Informations- und Erlebnismessen zu wandeln», sagt Jecker. Das sei teilweise gelungen, betriebswirtschaftlich aber ein Verlustgeschäft.

«Messen sind attraktiver denn je»

Die Messe ist tot, es lebe die Messe, denn die Schweiz ist ein guter Boden für Messen mit tiefen Wurzeln in der Vergangenheit: Die ersten und ältesten finden ab Mitte des 13. Jahrhunderts in Genf statt, viermal jährlich an christlichen Festtagen – daher der Name Messe. Die Händler können an diesen Tagen mit den vielen Kirchgängern rechnen und reisen deshalb aus fernen Gebieten an. Das unterscheidet Messen von regionalen Märkten.

Automobil-Salon, Giardina oder Swissbau heissen die Schweizer Publikumsmagnete heute – alles zielgruppenorientierte Veranstaltungen. «Der Trend hin zu Spezialmessen ist schon seit einiger Zeit erkennbar und wird sich weiter fortsetzen», sagt Christian Jecker. Neustes Beispiel: Die Man's World in Zürich, die seit 2016 mit Rennsimulatoren, Zigarrenlounge und Bike-Neuheiten alle Träume grosser Buben bedient, aber offenbar auch von Frauen regen Zuspruch erhält. 2021 wird man deshalb in grössere Hallen wechseln.

Daniel Rasumowsky von Man's World sagt überzeugt: «Messen sind attraktiver denn je, wenn man sie nur richtig konzipiert, zeitgemäss interpretiert und umsetzt.» Man müsse Angebot, Nachfrage und Zielgruppe sowie Machart überdenken und über den Tellerrand hinausschauen. «Noch nie war das Bedürfnis grösser, die oft nur online verfügbaren oder am anderen Ende der Welt sitzenden Menschen mit ihren Produkten persönlich kennenzulernen.»

Tiere als Publikumsrenner

Dieser Herausforderung durchs Internet will sich auch die Olma in St. Gallen stellen, die grösste verbleibende Publikumsmesse der Schweiz mit 350'000 Besuchern. «Eine Messe ist ein analoges Erlebnis, das sich in der digitalen Welt behaupten muss», sagt Nicolo Paganini, Direktor der Olma. Paganinis Aussage bringt Adrian Affolter, Bereichsleiter der Berner Publikumsmesse BEA, auf die Kurzformel: «Die Messe ist das analoge Internet.»

Was heisst das konkret? «Der Besucher kann die unterschiedlichen Angebote vor Ort ansehen, testen und anfassen», sagt Affolter. «Der echte Kontakt von Mensch zu Mensch respektive vom Mensch zum Kaufobjekt ist nach wie vor eine unvergleichbare Stärke der Messe.» Er glaubt deshalb wie Paganini von der Olma an die Zukunft der traditionellen Publikumsmessen.

Tiere erweisen sich sowohl in St. Gallen wie in Bern als zusätzliche Trümpfe: Gehört das «kultige Säulirennen» (Paganini) an der Olma zu den Hauptattraktionen, so ist die Tierpräsentation auf dem Messegelände der BEA «bei Besucherumfragen stets in den Top drei» (Affolter). Hier zeigt sich ein Vorteil der beiden grossen, verbleibenden Publikumsmessen: ihre Verankerung im landwirtschaftlichen Umfeld. Für die urbane Muba heisst es aber: aus die Maus.

Ringier an der Muba

«Ringier-City» steht auf einer grossen Tafel in der Muba-Medienhalle 401. Was das Schweizer Verlagshaus, zu dem auch BLICK gehört, während der Basler Mustermesse vom 14. bis 23. März 1987 aus dem Boden stampft, ist tatsächlich eine kleine Stadt. Während zehn Tagen können die Messe-Besucher der Redaktion von «Ringiers aktueller Muba-Zeitung», «Basler Express» bei der Arbeit über die Schulter schauen. Jeden Mittag und Abend erscheint das achtseitige Blatt mit regionalen, nationalen und internationalen Informationen in einer Auflage von je 25'000 Exemplaren – gedruckt auf einer eigens für den Anlass in der Halle montierten zwölf Tonnen schweren Zweifarben-Offsetrotations-Druckmaschine. Im akkurat eingerichteten Ringier's Pub kann man das Presseerzeugnis anschliessend lesen. Das Verlagshaus lässt sich die Aktion 800'000 Franken kosten. Eine Investition mit Ansage: Aus der Versuchsphase geht ein Jahr später der vorübergehende dritte, regionale Bund dieser Zeitung hervor – der «Blick Basel».

«Ringier-City» steht auf einer grossen Tafel in der Muba-Medienhalle 401. Was das Schweizer Verlagshaus, zu dem auch BLICK gehört, während der Basler Mustermesse vom 14. bis 23. März 1987 aus dem Boden stampft, ist tatsächlich eine kleine Stadt. Während zehn Tagen können die Messe-Besucher der Redaktion von «Ringiers aktueller Muba-Zeitung», «Basler Express» bei der Arbeit über die Schulter schauen. Jeden Mittag und Abend erscheint das achtseitige Blatt mit regionalen, nationalen und internationalen Informationen in einer Auflage von je 25'000 Exemplaren – gedruckt auf einer eigens für den Anlass in der Halle montierten zwölf Tonnen schweren Zweifarben-Offsetrotations-Druckmaschine. Im akkurat eingerichteten Ringier's Pub kann man das Presseerzeugnis anschliessend lesen. Das Verlagshaus lässt sich die Aktion 800'000 Franken kosten. Eine Investition mit Ansage: Aus der Versuchsphase geht ein Jahr später der vorübergehende dritte, regionale Bund dieser Zeitung hervor – der «Blick Basel».

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