«Krasser Fall von Missbrauch»
So unterschiedlich rechnen Spitäler bei Zusatzversicherung ab

Ein Mann muss gleich dreimal stationär ins Spital. Die enormen Unterschiede bei den drei unterschiedlichen Rechnungen machen dann doch stutzig.
Publiziert: 14.04.2024 um 17:51 Uhr
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Aktualisiert: 14.04.2024 um 18:00 Uhr
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Wer ins Spital geht, zahlt nicht überall die gleiche Summe bei der Zusatzversicherung. Das zeigt der Fall eines 94-jährigen Patienten.
Foto: Shutterstock

Spitalbesuche sind über die obligatorische Krankenkasse gedeckt. Trotzdem gibt es zahlreiche Spital-Zusatzversicherungen, die den Aufenthalt angenehmer machen sollen. Nun zeigt ein Vergleich der «NZZ»: Die Spitäler rechnen lange nicht alle gleich ab – und das bei derselben Versicherung. 

Ein 94-jähriger Mann musste wegen unglücklicher Umstände gleich dreimal für längere Zeit stationär ins Spital. Eingeliefert wurde der Patient wegen einer starken Erkältung, Fieber und Wassereinlagerungen, woraus sich eine Lungenentzündung entwickelte. Versichert ist er dabei über die CSS, die alle Rechnungen übernommen hat. Diese fallen aber sehr unterschiedlich aus. 

  1. Aufenthalt im Claraspital: In der Basler Privatklinik blieb der Senior für 16 Tage. Täglich besuchte ihn in seinem kleinen Einzelzimmer ein Chefarzt. Zusätzlich erhielt er Antibiotika über eine Infusion. Kostenpunkt: 19'702.50 Franken.
  2. Aufenthalt in der Klinik Arlesheim: Da das Kantonsspital Baselland voll war, schickte man den 94-Jährigen in die Klinik Arlesheim. Dort blieb er 26 Tage, bekam Antibiotika, zweimal täglich einen Wickel, Heileurythmie sowie Geh- und Atemtraining mit der Physiotherapie. Das Zimmer war zwar grösser, hatte aber keinen Fernseher und das Essen schmeckte dem Patienten nicht. Kostenpunkt: 10'400 Franken.
  3. Aufenthalt im Kantonsspital Baselland: Hier hatte der Patient einen grossen Flachbildfernseher im Zimmer. Der Chefarzt kam täglich vorbei. Es wurden Antibiotika und Atemtraining verschrieben. 23 Tage dauerte der Aufenthalt. Kostenpunkt: 19'045.50 Franken.

«Reine Fantasiezuschläge»

Obwohl der Aufenthalt im Claraspital am kürzesten war, ist die Rechnung am höchsten. Gerade die Unterschiede zur Rechnung der Klinik Arlesheim sind enorm. 

Der Berner Gesundheitsökonom Heinz Locher (80) kommt im Artikel zu Wort und meint: «Das ist ein krasser Fall von Missbrauch.» Schliesslich seien Spitalübernachtungen über die Grundversicherung gedeckt. «Offenbar gibt es Spitäler, die reine Fantasiezuschläge verlangen.»

Diesen Vorwurf weist das Claraspital klar zurück: «Die Preise für die Mehrleistungen sind in einem gegenseitig unterzeichneten Vertrag zwischen Versicherer und Spital festgelegt.» Alle erbrachten Leistungen seien im Mehrleistungskatalog nachzulesen, heisst es weiter im Artikel. 

Kassen handeln neue Verträge aus

Aktuell sind die Krankenkassen dabei, ihre Verträge für Zusatzversicherungen mit den Spitälern neu auszuhandeln. Alleine die CSS muss 170 verschiedene Verträge mit Spitälern überarbeiten. Dafür bleibt ihnen noch bis Ende des Jahres Zeit. Denn seit 2022 gelten neue Regeln beim Schweizerischen Versicherungsverband. Dieser reagierte damit auf die Kritik der Finma und des Preisüberwachers Stefan Meierhans (55). 

Meierhans findet die neuen Branchenregeln aber nach wie vor ungenügend. Diese würden viel zu viel Spielraum bieten. Denn trotz neuer Verträge wurden die Preise kaum gesenkt: «Genau das wäre aber das Entscheidende.» (kae)

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