Konzerte, Festivals und Fussball nur für Geimpfte?
Grossveranstalter erwägen Impf-Pflicht!

Veranstalter von Grossevents wollen endlich wieder Planungssicherheit. Eine Impfpflicht für Gäste könnte helfen – und wird vom Bund nicht ausgeschlossen.
Publiziert: 27.12.2020 um 00:57 Uhr
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Aktualisiert: 27.05.2021 um 14:07 Uhr
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Feiern ohne Ende: Ausgelassene Stimmung am Gurten-Festival 2014.
Foto: Keystone
Thomas Schlittler

Sich mit Bratwurst und Bier in der Hand in die Arme fallen, wenn der eigene Verein ein Tor schiesst. Aus voller Kehle mitsingen am Konzert der Lieblingsband. Rumknutschen und abfeiern bis zum Morgengrauen an einem Open Air – die Freunde des lasterhaften Lebens sehnen sich danach, endlich wieder ausbrechen zu dürfen. Die Organisatoren solcher Grossevents haben derweil andere Sorgen: Sie wollen endlich wieder arbeiten. Grundvoraussetzung dafür: Planungssicherheit – und zwar über Monate und Jahre hinaus.

Damit diese baldmöglichst zurückkommt, hat sich dieser Tage Wichtiges getan: die Zulassung eines Impfstoffs gegen Covid-19.

Am 19. Dezember hat das Schweizerische Heilmittelinstitut Swissmedic grünes Licht gegeben für den Corona-Impfstoff von Pfizer/Biontech. Bereits diese Woche wurden in der Schweiz die ersten Menschen gegen Covid-19 geimpft. Bis im Sommer soll die gesamte Bevölkerung mit einem Impfstoff versorgt sein – oder zumindest alle, die wollen.

Für Fussball- und Eishockeyklubs sowie Veranstalter von Konzerten, Shows und Festivals stellt sich damit eine schwierige Frage: Sollen sie ihre Türen in den kommenden Monaten nur für all jene öffnen, die gegen Covid-19 geimpft sind?

Mit einer solchen Regelung könnten sie womöglich alle anderen Schutzmassnahmen aufheben und endlich Planungssicherheit zurückgewinnen.

Impfpflicht bringt auch Gefahren

Aufgeschlossen zeigt sich die Swiss Music Promoters Association (SMPA), Branchenverband der professionellen Schweizer Konzert-, Show- und Festivalveranstalter. Auf die Frage von SonntagsBlick, ob eine Impfpflicht für Konzerte, Shows und Festivals eine Option sei, sagt Geschäftsführer Stefan Breitenmoser: «Eine Impfung könnte dereinst eine von verschiedenen Massnahmen sein, um eine Veranstaltung zu besuchen.»

Allerdings birgt eine Impfpflicht Gefahren: Der wütende Aufschrei von Corona-Rebellen und Impfskeptikern wäre garantiert – und auch das Durchschnittspublikum wäre wohl nicht nur begeistert.

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Die Verantwortlichen sind sich der delikaten Ausgangslage bewusst. «Es ist ein sehr heikler Bereich, der rasch ethische Fragen aufwirft», sagt etwa Philippe Guggisberg, Kommunikationschef der Swiss Football League.

Welche Folgen hätten die Massnahmen?

Im Moment will sich der Verband deshalb nicht festlegen. Nur so viel: «Wir klären derzeit ab, was der Impfstoff für den Fussball, für die Spieler und für die Stadien bedeutet.» Es würden sich dazu unzählige Fragen stellen, die der Fussball wahrscheinlich nicht alleine beantworten könne. Bei der Swiss Ice Hockey Federation klingt es ähnlich.

Auch für Breitenmoser von der Konzertbranche ist es noch zu früh, um diese Frage abschliessend zu beantworten. Zuerst brauche es mehr Informationen zum Virus selbst, zur Aussagekraft von Schnelltests sowie zum Schutz durch Impfungen und ihren Langzeitwirkungen. «Entscheidend wird auch die Praxis und die Akzeptanz in anderen Lebensbereichen sein.»

Doch wäre eine Impfpflicht für Grossveranstaltungen rechtlich überhaupt zulässig? Der Bund macht den Grossveranstaltern Hoffnung. «Grundsätzlich ist es nicht ausgeschlossen, geimpfte und nicht geimpfte Personen rechtlich anders zu behandeln», schreibt Rechtsanwältin Ingrid Ryser im Namen des Bundesamts für Justiz sowie des Bundesamts für Gesundheit.

Entscheidungsfreiheit bei Vertragsabschluss

Im Verhältnis zwischen zwei privaten Personen – also auch zwischen Veranstaltern und Besuchern eines Grossevents – gelte das Prinzip der Privatautonomie. «Solange nichts anderes geregelt ist, hat jede und jeder die Freiheit zu entscheiden, mit wem man einen Vertrag abschliessen will», so Ryser. Etwas anders präsentiere sich die Situation im Bereich von staatlichen Aufgaben. «Dort wäre eine gesetzliche Regelung notwendig, falls geimpfte und nicht geimpfte Personen unterschiedlich behandelt werden sollten.»

Ryser betont aber ebenfalls, dass es für allgemeingültige Antworten, ob und in welchem Kontext Ungleichbehandlungen von geimpften und nicht geimpften Personen zulässig sein könnten, noch zu früh sei.

Das habe nicht zuletzt damit zu tun, dass es noch viele offene Fragen gebe zur Impfung, zum Beispiel zur Schutzwirkung: «Ob die Impfung verhindern kann, dass Geimpfte das Virus weitergeben können oder nicht, ändert auch die rechtliche Beurteilung», so Ryser.

Das Thema dürfte die Schweiz also noch eine Weile beschäftigen.

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