Die Gutschein-Lotterie der SBB schlägt bei den Fahrgästen hohe Wellen. 100'000 Kunden mit einem Generalabonnement haben die SBB während der Corona-Krise verloren. Diese treuesten Kunden will die Bahn mit Rabatten wieder zurückgewinnen. Blick deckte dabei allerdings Ungleichheiten auf: Die einen früheren GA-Inhaber bekommen einen 500-Franken-Gutschein, andere dagegen gehen leer aus. Das sorgt für Unmut.
Auch Konsumentenschützerin Sara Stalder (53) kritisiert das Vorgehen der SBB. Sie fordert neue Angebote für Kundinnen und Kunden. Von Gutscheinen hält sie nichts. «Die Lotterie der SBB ist ein grosser Ärger. Wir kämpfen seit Jahren dagegen, dass die Tarife im ÖV nicht willkürlich werden», sagt sie zu Blick. «Die Bahn hatte mehr als ein Jahr lang Zeit, faire und gleiche Angebote für alle zu schaffen», so Stalder weiter. «500 Franken sind der falsche Anreiz.»
«Technisch absolut machbar»
Rabatte in dieser Form würden nur Missmut schüren, sagt die Konsumentenschützerin. «Da herrscht völlige Intransparenz. Wer bekommt einen Gutschein? Und warum nicht?», fragt sie sich. Als langjährige GA-Kundin komme man sich verschaukelt vor: «Rabatte für GA sind da der falsche Weg.»
Viel besser hätte man in der Zwischenzeit neue Angebote kreiert. Etwa ein Halbtax-Abo mit integriertem GA für 10 oder 20 Tage. Oder ein GA für zwei selbst zu bestimmende Tage pro Woche für Freizeit oder Beruf. «Technisch wäre das absolut machbar», ist Stalder überzeugt.
Auch bei Monsieur Prix, Stefan Meierhans (53), kommt die Rabattlotterie der SBB nicht nur gut an. «Grundsätzlich habe ich als Preisüberwacher Freude an jedem Rabatt. Und endlich macht die ÖV-Branche in der Pandemie etwas zugunsten ihrer Kunden», sagt er zu Blick. Dann bringt er das Problem der Aktion auf den Punkt: «Die loyalen Kunden, die das Generalabonnement bereits erneuert haben, werden gefühlt bestraft – weniger loyale Kunden dagegen mit einem Rabatt belohnt.»
«Kein Wildwuchs an Angeboten»
Die SBB schieben Fragen zur Rabattlotterie an die ÖV-Branchenorganisation Alliance Swisspass weiter. Dort rechtfertigt sich Sprecher Reto Hügli: «Wer ein GA besitzt, konnte während der Pandemie sein Abo für 15 zusätzliche Tage hinterlegen.» Ähnliche Rabattaktionen führe man zudem immer wieder durch.
Des Weiteren würde die ÖV-Branche laufende neue, flexiblere Abo-Formen testen. Er versichert, dass nur jene Lösungen definitiv umgesetzt werden, welche auch wirklich von Nutzen sind. Einen Wildwuchs an Angeboten sei nicht im Sinne der Fahrgäste.